Köln. OLG Köln senkt die Strafzahlung an den Wettermoderator massiv. Es habe keine Kampagne gegen ihn gegeben.
Die „Bild“-Zeitung muss dem Wettermoderator Jörg Kachelmann 395.000 Euro für die Berichterstattung über den Prozess gegen ihn bezahlen – viel weniger als in erster Instanz festgelegt. Inklusive Zinsen liegt die Summe bei 513.000 Euro. Das hat das Oberlandesgericht Köln am Dienstag entschieden. In erster Instanz hatte das Landgericht Köln dem Moderator 635.000 Euro zugesprochen.
Kachelmann war 2011 vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. In der Berichterstattung über seinen Prozess hatte die „Bild“-Zeitung nach Ansicht der Richter in ihrer gedruckten Ausgabe und online mehrfach die Grenzen des Erlaubten überschritten und Kachelmanns Persönlichkeitsrecht schwer verletzt. Eine zielgerichtete Kampagne von Springer zusammen mit anderen Medien konnten allerdings weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht erkennen.
„Erhebliches Berichterstattungsinteresse“ an Fall
Die Vorsitzende Richterin Margarete Reske betonte am Dienstag, am Kachelmann-Prozess habe ein „erhebliches Berichterstattungsinteresse“ bestanden, unter anderem aufgrund seiner Prominenz und der Schwere des Verdachts. Es sei Aufgabe der Medien gewesen, darüber zu berichten – allerdings mit der gebotenen Zurückhaltung, da es sich nur um einen Verdacht gehandelt habe.
Für unzulässig hielt das Oberlandesgericht unter anderem Fotos, die Kachelmann im Innenhof der Kanzlei seiner Verteidigerin und als Häftling im Gefängnishof zeigen. Besonders auf einem Bild, auf dem er mit nacktem Oberkörper zu sehen sei, sei er „unter Missachtung seiner Würde zur bloßen Belustigung bzw. Befriedigung der Neugier des Publikums vorgeführt worden“, teilte das Gericht mit.
Höchste Entscheidung lag bei 400.000 Euro
Die bisher höchste Entschädigung in einem ähnlichen Verfahren lag bei 400.000 Euro für die schwedische Prinzessin Madeleine, ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg von 2009. Kachelmanns Anwalt Ralf Höcker sieht diese Summe nun übertroffen: „Im Gesamtergebnis inklusive Schadenersatz sind es 401.319 Euro und damit Rekord“, rechnete er vor. „Inklusive Zinsen ist es das erst recht: 512.785 Euro bis heute und 60 Euro für jeden weiteren Tag ab heute.“ Die hohen Zinsen ergeben sich unter anderem daraus, dass die Prozessberichterstattung schon mehrere Jahre zurückliegt.
Springer-Anwalt Jan Hegemann bezeichnete Höckers Rechnung als „unseriös“. Maßgeblich sei lediglich die zugesprochene Geldentschädigung. „Er wollte ursprünglich 2,25 Millionen“, sagte Hegemann mit Blick auf Kachelmanns Forderung in erster Instanz. „395.000 sind es jetzt geworden.“ Alles andere seien Spitzfindigkeiten.
Die Axel Springer SE hat noch nicht entschieden, ob sie die Entscheidung, dass keine Revision eingelegt werden kann, mit einer Nichtzulassungsbeschwerde anfechten wird. Höcker kündigte dagegen an: „Wir werden sicherlich keine Nichtzulassungsbeschwerde erheben.“ Es gehe hier schon um eine „recht ordentliche Summe“, sagte Höcker, auch wenn das Geld nicht ausgleichen könne, was Kachelmann von der „Bild“-Zeitung angetan worden sei. (dpa)