Hamburg. Muhammad Ali hat seinen wichtigsten Kampf verloren. Der berühmteste Boxer der Geschichte starb im Alter von 74 Jahren in Phoenix.
Er war der „Größte aller Zeiten“, the Greatest of All Times oder einfach nur GOAT, wie die Amerikaner ihn ehrfürchtig nannten. Muhammad Ali, geboren als Cassius Marcellus Clay am 17. Januar 1942 in Louisville (Kentucky) hat die Sportwelt bewegt, die richtige Welt abseits des Boxens nachhaltig verändert und Millionen Menschen so nachhaltig berührt, dass auf allen Kontinenten Fans weinen und Beobachter anerkennen: Ali war der bedeutendste Sportler, der einflussreichste und revolutionärste Boxer, den die Geschichte je gesehen hat. Am 3. Juni ist er in Phoenix gestorben. Ali wurde am Ende Opfer der heimtückischen Parkinsonschen Krankheit, die vermutlich nichts mit seiner Boxkarriere zu tun hat, in der er als Profi von 1960 bis 1981 insgesamt 61 Kämpfe (56 Siege) bestritt, von denen viele in die Geschichte eingingen.
Da war der Rumble in the jungle von 1974, der legendäre Kampf über acht Runden gegen den übermächtigen George Foreman in Kinshasa unter den Augen von Diktator Mobutu Sese Seko. Eine wunderbare Dokumentation („When we were kings“) zeigt, wie aufgeladen die Atmosphäre war, wie wenig Chancen Ali auf den Sieg hatte – und wie er mit einer List Foreman übertölpelte. Promoter Don King inszenierte das globale Spektakel, B.B. King musizierte, Norman Mailer schrieb darüber.
Ali weigerte sich in den Vietnamkrieg zu ziehen
Da war der „Thrilla von Manila“, der Kampf gegen Joe Frazier 1975 auf den Philippinen, den er nach 14 Runden durch Abbruchsieg gewann. Da waren die unzähligen Weltmeisterschaftskämpfe, für die man auch in Deutschland nachts aufstand, um sie live zu sehen. In West und Ost.
Da war schon der Olympiasieg in Rom 1960, als der 18-jährige Clay angeblich aus lauter Flugangst auf dem Gang im Flieger nach Italien niedergekniet sein soll. Er war der schnellste, der technisch beschlagenste Schwergewichtler, den man sich vorstellen konnte.
Die besten Sprüche von Muhammad Ali
Doch als er sich als Weltmeister 1967 weigerte, für die USA in den Vietnamkrieg zu ziehen, wurde ihm das Boxen verboten. Er soll aus Wut seine Goldmedaille von Rom in den Kentucky River geworfen haben. Wahrscheinlicher aber ist, dass er sie verschludert hat. Wie so vieles ihm privat entglitten ist, wie er auf falsche Freunde gehört hat, so reiht sich auch diese Episode in die große, von dramatischen Wendungen geprägte Geschichte eines Sport-Idols. Aber nach Vietnam? Das wollte er nicht. „Ich hab‘ keinen Ärger mit denen. Kein Vietcong hat mich je Nigger genannt.“ Das war seine Antwort darauf, dass die US-Behörden ihn brechen, den aufmüpfigen Schwarzen reglementieren wollten.
Der größte Boxer aller Zeiten verlor sein Tempo
Aber auch mit den Schwarzenbewegungen focht er einen Streit aus. Wie Ali-Trainer Angelo Dundee einst im Abendblatt-Interview sagte, wollten einige der befreiungsbewegten Freunde um Ali, dass er Dundee feuert. Sein Coach dürfe kein Weißer sein. Ali sagte ihnen: „Aber Angelo ist kein Weißer. Er ist Italiener.“
Von 1970 an durfte Ali wieder boxen, doch seine „Beine waren weg“, wie die Biografen schrieben. Das bedeutet, dass sein Speed, das Tempo weg war, seine Einzigartigkeit von „Float like a butterfly, sting like a bee“ (Schwebe wie ein Schmetterling, stich zu wie eine Biene) war passé. Ali wurde schwerer, schwerfälliger, hatte aber immer noch den boxerischen Killerinstinkt. Seine großen Sprüche behielt er bei, auch wenn die natürlich nur für die Show waren – und vor allem auswendig gelernt, wie Trainer Dundee freimütig sagte.
1984 kam die Parkinson-Diagnose
1981 beendet er seine Karriere, 1984 wurde bei ihm Parkinson diagnostiziert. In einem bewegenden Auftritt entzündete Ali 1996 bei Olympia in Atlanta das Olympische Feuer. Die Welt war gerührt, denn Ali zitterte und strengte sich an, seiner Aufgabe nachzukommen. Da stand einer, der der Größte war und doch so hilfsbedürftig.
Schon in den Sechzigern hatte sich Ali nach seinem Namenswechsel und der Hinwendung zum Islam mit dem TV-Moderator Howard Cosell angelegt, der Alis Rabaukentum kritisierte. Später wurden sie Freunde, wie der friedensbewegte Ali überhaupt schnell Freundschaften schloss. Cosell starb Mitte der neunziger Jahre an Parkinson. Ali weinte um ihn. Nun fließen überall auf der Welt Tränen, weil Muhammad Ali von uns gegangen ist.