Dortmund. Ein Gynäkologe aus Dortmund soll 58 Patientinnen heimlich gefilmt und die meisten von ihnen auch sexuell missbraucht haben.
Eine Minikamera im umgebauten Kugelschreiber, eine andere am gynäkologischen Behandlungsstuhl. Die Szenen könnten aus einem Alptraum stammen - doch so soll ein Dortmunder Frauenarzt 58 seiner Patientinnen heimlich gefilmt haben. 50 der Untersuchungen wertet die Staatsanwaltschaft darüber hinaus als sinn- und nutzlos, sie hätten „allein der sexuellen Erregung gedient“. Seit Mittwoch muss sich der 55 Jahre alte Mediziner vor dem Dortmunder Landgericht verantworten.
Zahlreiche Frauen verfolgen den Verhandlungsauftakt auf den Zuschauerplätzen. Eine sagt später am Rande des Prozesses, auch sie sei zwischen 2010 und 2011 Patientin in der Praxis des Gynäkologen gewesen. Auch ihr seien die Untersuchungen des Arztes „merkwürdig“ vorgekommen. „Das hat immer mehrere Minuten gedauert“, sagt sie.
Eine Aussage des Mediziners, der heute nicht mehr praktiziert, werden die Betroffenen so bald nicht erwarten können. Während sein Mandant stumm geradeaus blickt, sagt Verteidiger Oliver Allesch den Richtern der 31. Strafkammer, eine Stellungnahme sei „derzeit nicht geplant“. Etwas konkreter wird der Rechtsanwalt später am Rande der Verhandlung. Der Verteidigung werde es darum gehen, den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Patientinnen zu entkräften. Der eine Arzt untersuche so, der andere eben auf seine Art, sagt Allesch.
Kugelschreiber mit versteckter Minikamera gefunden
Der Video- und Missbrauchsskandal war Mitte 2012 ans Licht gekommen, als die Polizei die Praxisräume des Mediziners in der Dortmunder Innenstadt durchsuchte. Während das Wartezimmer mit Patientinnen voll besetzt war, wurden Computer, Laptops, Festplatten und zahlreiche weitere Speichermedien sichergestellt. Auch der Kugelschreiber mit der versteckten Minikamera soll dabei gefunden worden sein. Die Auswertung des Filmmaterials dauerte viele Monate. Erst 2014 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage.
Das Dortmunder Schöffengericht gab das Verfahren schließlich im Sommer 2015 an das Landgericht ab, nachdem sich zahlreiche Anwälte gemeldet hatten, die betroffene Frauen in dem Verfahren vertreten wollten. Sie alle mussten Akteneinsicht erhalten. Das Landgericht übernahm das Verfahren und ließ die Anklage ohne Abstriche zu.
Im Januar sollen die ersten Zeugen vernommen werden. Bislang hat das Gericht zehn Verhandlungstage bis in den März hinein angesetzt. Für eine „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches durch Bildaufnahmen“ drohen bis zu zwei Jahre Haft. Wer als Arzt Patienten sexuell missbraucht, kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden.