Peking. Im Streit beendet die Frauen-Pop-Band von Nordkoreas Diktator Kim Jong Un ihre Konzertreise in China noch vor dem ersten Auftritt.

Die erste Auslandsreise der von Nordkoreas Diktator Kim Jong Un gegründeten Frauen-Pop-Band Moranbong in China endete in einem diplomatische Affront. Das Konzert vor geladenen Gästen am Samstag in Peking musste nur wenige Stunden vorher abgesagt werden, weil die Musikerinnen plötzlich ihre Koffer gepackt hatten und wieder in einem Flugzeug zurück nach Pjöngjang saßen. Was war geschehen? Warum kam die „Spice-Girl-Diplomatie“, wie Zeitungen die einmalige Konzertreise umschrieben hatten, zu einem vorzeitigen Ende?

Die berühmte Frauentruppe gilt als „Kim Jong Uns neueste Waffe“: Vielleicht das einzige, was der isolierte stalinistische Staat an „Soft-Power“ aufzubieten hat. Zwar reisten die Musikerinnen in dicken Armeemänteln und mit rotem Stern auf den Fellmützen in Peking an - aber bei ihren Aufführungen tragen die rund 20 Schönheiten meist enge Kleider, kurze Röcke und hochhackige Schuhe: „Geradezu verführerisch für nordkoreanische Verhältnisse“, befand Hongkongs „South China Morning Post“. Chinas Staatsmedien sprachen von „Girl-Power“.

Ihre China-Tour war hochpolitisch. Die Konzerte galten als Beweis, dass es ein Tauwetter in den frostigen Beziehungen zwischen China und Nordkorea gibt. Denn die historische Freundschaft zwischen den ehemaligen Waffenbrüdern ist seit dem Machtantritt des jungen Militärführers Kim Jong Un 2012 angespannt. Der „große Bruder“ China ist verärgert über dessen Atomtests und andere Provokationen.

Beziehung besserte sich

Erstmals deutete sich im Oktober eine Besserung an, als die Nummer Fünf in Peking, Politbüromitglied Liu Yunshan, als wichtigster Ehrengast an der Militärparade zum 70. Jahrestages des Kriegsendes in Asien in Pjöngjang teilnahm. Im Gegenzug sollten jetzt die drei Konzerte in China helfen, „das gegenseitige Verständnis und die Freundschaft zu verbessern“, wie Pekings Außenministerium mitteilte.

Um den Eklat rankten sich viele Spekulationen. Ein chinesischer Journalist wollte erfahren haben, dass Chinas Zensoren eine Zeile Gesangstext geändert haben wollten, was den Streit ausgelöst habe. Eine andere Version gab Südkoreas Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf chinesische Kreise: So habe China aus Ärger über die Drohungen Kim Jong Uns mit einer Wasserstoffbombe am Donnerstag nur noch Parteiführer niedrigen Ranges zum Konzert geschickt.

Überhaupt habe Nordkorea schon Präsident Xi Jinping oder Premier Li Keqiang bei der Aufführung sehen wollen und der China-Tour erst zugestimmt, als zumindest ein Politbüromitglied zugesagt worden sei. Als dann aber nur Parteiführer der zweiten Reihe kommen sollten, sei der Abbruch verfügt worden. Von offizieller chinesischer Seite war nur von „Kommunikationsproblemen auf der Arbeitsebene“ die Rede.

Empört über den Pressewirbel?

Es gab auch Spekulationen, dass Nordkorea empört über den Pressewirbel gewesen sein könnte. Besonders das Erscheinen von Hyon Song Wol in Peking sorgte für Aufsehen. Sie wird als Bandleader und ehemalige Freundin von Kim Jong Un beschrieben, der die Mitglieder der Frauentruppe persönlich ausgesucht haben soll.

Vor zwei Jahren gab es wilde Gerüchte, dass Hyon Song Wol und andere angeblich hingerichtet worden sein sollen, weil sie Sex-Videos von sich aufgenommen und verkauft hätten. Aber 2014 trat die Musikerin überraschend wieder mit der Band auf - einmal mehr ein Beweis, dass nicht alle Gerüchte über Nordkorea geglaubt werden können. Bei der Ankunft in Peking beantwortete sie keine Journalistenfragen und lächelte nur, bevor sie im Aufzug ihres Luxushotels verschwand.

Die attraktive Frauenband gehört zum „Brot-und-Spiele“-Konzept des Machthabers, der seiner Mittelschicht in Pjöngjang nicht nur einen Zoo mit Delfinarium, sondern auch Vergnügungsparks baut, während das völlig verarmte Volk auf dem Land nicht mal genug zu essen hat.

Ihr Debüt gab die Band 2012 nach seinem Machtantritt. Es heißt, dass auch Kim Jong Uns Frau Ri Sol Ju einst mitgesungen habe und heute als Förderin der Band gelte. Die Mischung aus Klassik und Pop mit E-Gitarre, Schlagzeug und Violine gilt als Nordkoreas Antwort auf den populären K-Pop Südkoreas. Nicht selten sind der Diktator und seine Frau bei den Konzerten in der ersten Reihe zu sehen.

Zum Repertoire der Musikerinnen im Offiziersrang gehören nicht nur patriotische Hymnen oder Militärlieder, sondern auch Frank Sinatras „My Way“ oder die Musik zum Film „Rocky“ mit Sylvester Stallone. Ein Medley mit „weltberühmten Liedern“ beginnt mit „Soleado“, das Michael Holm 1974 auf Deutsch als „Tränen lügen nicht“ gesungen hat.

Während die Frauentruppe mit Hüftschwung und choreographierten Tanzschritten schmissige Lieder auf der Bühne präsentiert, laufen bei ihren Auftritten auf der Leinwand dahinter häufig Propagandafilme: Rakete steigen in den Himmel, Panzer rollen, Truppen marschieren im Stechschritt oder die Mitglieder der Kim-Dynastie erscheinen, was jeweils großen Applaus des Publikums notwendig macht.