Düsseldorf/Berlin. 2015 konnten die Stromverbraucher beim Preis etwas durchschnaufen, jetzt wird es wieder teurer. Grund sind auch gestiegene Umlagen.
Deutschlands Stromkunden müssen 2016 vielfach wieder tiefer in die Tasche greifen. Nur wenige Anbieter senken leicht die Preise, mehrere Versorger haben dagegen für das nächste Jahr schon Erhöhungen um durchschnittlich gut drei Prozent angekündigt, wie eine erste Umfrage bei großen Preisvergleichsportalen ergab. Das entspricht rund 40 Euro im Jahr für den Durchschnittshaushalt (4000 Kilowattstunden). Grund sind vor allem gestiegene Umlagen und staatliche Abgaben. Vor allem bei den Netzkosten melden Grüne und Verbraucherschützer Zweifel an.
„Nach der kurzen Verschnaufpause 2015 mit einem Rückgang um zwei Prozent läuten einige Versorger jetzt schon wieder die Kehrtwende ein“, sagt Jan Lengerke vom Preisportal Verivox. Das Bild ist aber noch lange nicht komplett. Die Mehrzahl der mehr als 800 Strom-Grundversorger hat sich bisher nicht zu den Preisen geäußert. Mögliche Erhöhungen zum neuen Jahr müssen die Stromkonzerne sechs Wochen vorher, also bis zum 20. November, ihren Kunden mitteilen. Erfahrungsgemäß schicken viele Unternehmen die unbeliebten Erhöhungsbriefe erst im letzten Moment.
Preiserhöhungen um gut drei Prozent
Verivox verzeichnete bis Freitag 10 Preissenkungen um durchschnittlich gut 2 Prozent und 12 Versorger mit Preiserhöhungen von im Schnitt 3,6 Prozent. Unter den Erhöhern ist der Großkonzern EnBW (Baden-Württemberg). RWE und Eon haben dagegen angekündigt, ihre Preise über die Jahreswende hinaus vorerst stabil zu lassen. Das Preisportal Check24 registrierte bisher in der Grundversorgung bis Januar 2016 elf Preiserhöhungen um im Schnitt gut drei Prozent und nur drei Preissenkungen.
Damit dürfte es 2016 wohl dabei bleiben, dass die deutschen Haushaltsstromkunden europaweit einen der höchsten Preise zahlen müssen. Im Frühjahr 2015 war der Strom nur in Dänemark teurer. In Deutschland wurden durchschnittlich gut 29 Cent pro Kilowattstunde verlangt.
Am Börsenpreis für die Strombeschaffung liegt es dabei nicht. Dort fällt und fällt der Preis, weil immer mehr geförderter Ökostrom auf den Markt drängt. Der Börsenpreis beträgt inzwischen nur noch 3 bis 4 Cent - etwa halb so viel wie 2011 - und unterschreitet gelegentlich sogar die Schallmauer von 3 Cent pro Kilowattstunde.
Die Strombeschaffung macht aber nur etwa ein Viertel des Endpreises aus. Mehr als die Hälfte sind staatliche Umlagen - und hier gibt es 2016 gleich mehrere Erhöhungen. Die EEG-Umlage zur Förderung der erneuerbaren Energie steigt um knapp 0,2 Cent auf 6,354 Cent pro Kilowattstunde. Fast 23 Milliarden Euro müssten die Stromkunden damit 2016 für die Erneuerbaren berappen, rechnet der Branchenverband BDEW vor. „Das verdeutlicht den nach wie vor vorhandenen Reformdruck bei der Erneuerbaren-Förderung“, kritisiert BDEW-Chefin Hildegard Müller.
Erhöhungen bleiben oft intrasparent
Rund 23 Prozent des Preises entfallen außerdem auf die Netzentgelte für den Ausbau und Betrieb des Stromnetzes. Sie verteuern sich laut Verivox im Bundesschnitt um fast vier Prozent mit sehr starken regionalen Unterschieden und Ausschlägen um teils bis zu 15 Prozent. Vielfach blieben die Erhöhungen dabei weitgehend intransparent, beklagt der Energiefachmann Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW. Alle möglichen Zusatzkosten von der umstrittenen Braunkohlereserve bis zu den teuren Erdkabeln in Bayern und anderswo verschwänden in dieser „Blackbox“.
Im Netzbereich würden mittlerweile die Gewinne der Stromversorger eingefahren, kritisiert auch die Grünen-Umweltpolitikerin Bärbel Höhn. „Das Gesetz lässt den Netzbetreibern größere Abrechnungsspielräume zum Schummeln, und die kontrollierende Bundesnetzagentur hat Probleme hier hinterherzukommen.“ Es sei fraglich, ob die Steigerungen in dieser Form gerechtfertigt sind, sagt die Grüne. Wer jetzt die Strompreise erhöhe, versuche möglicherweise auch einfach, im Windschatten der politischen Debatte seine Marge hochzutreiben, kritisiert Sieverding.