Berlin . Hunderte wollten sich am Donnerstag von Mohamed in Berlin verabschieden. Trauer und Abscheu über die Tat bewegen die Menschen.
Für die Mutter des kleinen getöteten Flüchtlingsjungen Mohamed war es zu viel. Die 28-Jährige nimmt nicht an der Beerdigung ihres Sohnes teil. „Sie verkraftet es nicht“, sagt am Donnerstag jemand aus der Familie. Die Anteilnahme ist groß: Einige hundert Menschen - überwiegend Muslime - begleiten Mohamed auf seinem letzten Weg. Knapp 400 Trauernde warten am Vormittag auf dem Landschaftsfriedhof Berlin-Gatow auf die Beisetzung des Vierjährigen, der so brutal umgebracht wurde. „Anteilnahme“, sagt ein älteres Ehepaar, beide mit Tränen in den Augen.
Sehr viele Bosnier sind gekommen, denn die Familie von Mohamed floh vor mehr als einem Jahr aus Bosnien nach Berlin. „Ich bin hier aus Solidarität, aus Nächstenliebe, aus Trauer“, sagt ein Mann. Er sei selbst vor 20 Jahren als Flüchtling hierhergekommen. „Ich weiß, was die Familie durchmacht, ganz besonders nach diesem schrecklichen Verlust.“ Auch nicht-muslimische Berliner wollen sich von dem kleinen Mohamed verabschieden, darunter etliche ehrenamtliche Helfer von „Moabit hilft“.
Entführt, missbraucht, erdrosselt
Sie kümmern sich zusammen mit der Caritas seit Monaten um die Hunderte Flüchtlinge, die vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) im Ortsteil Moabit auf ihre Registrierung warten. Von dort verschwand Mohamed am 1. Oktober an der Hand seines mutmaßlichen Mörders. Der 32-Jährige gestand inzwischen, den Jungen nur einen Tag später erdrosselt zu haben, nachdem er ihn zuvor sexuell missbraucht habe. Später gab er auch zu, drei Monate zuvor den sechsjährigen Elias aus Potsdam umgebracht zu haben.
Auf dem Friedhof in Gatow kann Mohamed nach islamischem Ritus nur in einem weißen Totentuch beigesetzt werden. Doch zunächst wird er in einem schlichten schwarzen Sarg - umhüllt von einem grünen Tuch - von mehreren Männern zu einem Gebetsstein für sein Totengebet getragen. Dutzende Männer drängeln ganz dicht heran, die Frauen halten sich mehr im Hintergrund. Mehrere Sicherheitsleute versuchen, Platz für die Familienmitglieder zu schaffen.
„Wir sind hier in großer Trauer versammelt, unsere Herzen fühlen großen Schmerz“, sagt der Vorsitzende der bosnischen Gemeinde zu Berlin nach dem Totengebet. Die Anwesenden seien hier, um um Vergebung zu bitten, wie es die islamische Tradition verlange. „Doch dieser süße kleine Junge hat keine Fehler begangen, wir haben ihm nichts zu vergeben“, betont der Redner.
„Dieses grausame Verbrechen ist nicht Deutschland“
Auch der Berliner SPD-Fraktionsvorsitzende Saed Raleh - selbst Muslim - und der Spandauer Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD), in dessen Bezirk der Friedhof liegt, sind unter den Trauernden. Das Schicksal von Mohamed habe ganz viel Anteilnahme in Berlin ausgelöst, sagt Kleebank. „Dieses grausame Verbrechen ist nicht Deutschland“, betont der Lokalpolitiker.
Anschließend zieht der Trauerzug mit dem Sarg zum offenen Grab, das nach Mekka ausgerichtet ist. Dort wird der kleine Körper in dem Totentuch in das Grab umgebettet. Wieder herrscht dichtes Gedrängel. Viele der Männer wollen helfen, das Grab mit Sand zuzuschütten. Nur mühsam können die Sicherheitsmänner dem Stiefvater von Mohamed einen Weg an das Grab bahnen.
In dem Moment bricht die Sonne durch den wolkenverhangenen Himmel. „Das ist ein gutes Zeichen für Mohamed. Der Himmel hat sich für ihn geöffnet“, sagt ein Iman.