Wiesbaden/Hamburg. Elvira Hahn zog die Zahlen vor 60 Jahren. Der erste richtige Tipp bei Lotto 6 aus 49 brachte 60.000 Mark. Was man über Lotto wissen muss.
Eine Tasse Kakao und ein Stück Kuchen, das war der Lohn für die erste Glücksfee in der Geschichte des Zahlenlottos „6 aus 49“. Am 9. Oktober 1955 zog die damals zwölfjährige Hamburgerin Elvira Hahn die ersten Lottozahlen überhaupt. Und das nicht in einem Fernsehstudio, sondern im Hamburger Hotel Mau. Elvira war Heimkind und deshalb ausgesucht worden, weil es schon beim italienischen „Lotto di Genova“ Tradition war, elternlose Kinder die Zahlen ziehen zu lassen.
Gemeinsam mit einem anderen Mädchen wurde sie mit einem Taxi am Heim abgeholt. „Wir mussten saubere Kniestrümpfe, Sandalen und einen Rock anziehen“, erzählt die heute 72-Jährige. Die Zahlen standen damals auf Losen, die verschlossen in 49 große Plexiglaskugeln gesteckt wurden. Sie wurden dem Publikum vor Ort in einer Kiste präsentiert und stichprobenartig geöffnet. Dann warf der Notar sie in die hölzerne Lostrommel - damals „Ziehungsrad“ genannt. „Die sah aus wie auf einer Kerb“, erinnert sich Hahn.
Die erste Zahl war die 13 – keine wurde seltener gezogen
Dann kam die Glücksfee an die Reihe. „Ich habe ordentlich mit der Hand gewühlt und eine Kugel dem Notar gegeben“, erzählt sie. Es war die 13 – ein Raunen ging durch den Saal.
In den mehr als 5400 Ziehungen seit 1955 ist die 43 die bisher am häufigsten ausgespielte Zahl, die 13 fiel am seltensten. Die Lottokugeln sind eigentlich Tischtennisbälle.
Danach zog sie abwechselnd mit einem zweiten Heimkind die 41, die 3, die 23, die 12 und die 16. Jede gezogene Zahl wurde ordentlich in ein Protokoll eingeklebt, genauso wie die Nieten. „Die sechs Kugeln gingen ruck zuck“, sagt Hahn. Die restlichen 43 aufzumachen und vorzuzeigen, das habe aber sehr lange gedauert.
Die erste Lotto-Fee erhielt großzügige Geschenke
Rund ein Dreivierteljahr war Elvira Hahn mit anderen Kindern Glücksfee. Einige Gewinner waren ihr offenbar so dankbar, dass sie ihr Geschenke machten. Von einem Ehepaar erhielt das Heimkind ein Sparbuch mit mehr als 1000 D-Mark - damals ein ordentlicher Batzen Geld. „Von dem Geld habe ich später einen Kühlschrank und einen Herd für die Küche gekauft“, erzählt Hahn. Die Mutter zweier Söhne lebt heute im hessischen Erzhausen (Landkreis Darmstadt-Dieburg).
Fast zehn Jahre nach der Lotto-Premiere übertrug die ARD am 4. September 1965 die Ziehung dann zum ersten Mal live im Fernsehen aus dem Studio des Hessischen Rundfunks in Frankfurt. Die Glücksfeen war nun Karin Dinslage und später die bekannteste Moderatorin: Karin Tietze-Ludwig. Der Satz „Der Aufsichtsbeamte hat sich vor dieser Sendung von dem ordnungsgemäßen Zustand des Ziehungsgerätes und der 49 Kugeln überzeugt“ ging in die Fernsehgeschichte ein.
Das waren die Pannen der Lotto-Ziehung
Auch einige Pannen und Zufälle blieben unvergessen: Im Juni 1977 zum Beispiel wurden dieselben Gewinnzahlen der niederländischen Lotterie eine Woche später beim Lotto „6 aus 49“ in Deutschland gezogen. Sechs Richtige gab es damals gleich 205-mal, weil viele Spieler die Zahlen einfach übernommen hatten. Am 23. Januar 1988 tippten sogar 222 Menschen die gleichen sechs Richtigen und zwar die 24,25, 26 sowie die 30, 31 und 32. Noch leichter zu merken waren die Gewinnzahlen vom 10. April 1999: 2,3,4,5,6 und die 26.
Im April 2013 kam es dann zur wohl schwersten Panne: Beim Mittwochslotto im ZDF rollten nicht alle Kugeln in die Trommel, zwei blieben hängen. Die Zahlen wurden für ungültig erklärt, die Ziehung wiederholt. Für die vermeintlichen Gewinner platzte der Traum vom großen Geld.
Lotto-Ziehung live nur noch im Internet
Seit Mitte 2013 ist die Ziehung der Lotto-Zahlen nicht mehr live im Fernsehen zu sehen, sondern nur noch im Internet. Mittwochs um 18:25 Uhr und sonnabends um 19:25 Uhr. Lotto-Fee Franziska Reichenbacher präsentiert die zuvor gezogenen Zahlen aber noch immer kurz vor der Tagesschau am Sonnabend in der ARD. „Die Magie der Ziehung ist zwar verloren gegangen, doch die Faszination der Zahlen ist ungebrochen“, sagt sie.
Sechs Richtige hatte am ersten Ziehungstag noch kein Spieler. Das passierte erst am 13. November 1955 und zwar gleich dreifach. Jeder Spieler erhielt knapp 60.000 Mark. Zum ersten Lottomillionär wurde am 2. September 1956 ein Bremer. Im Oktober 1956 wurden die Quoten im ersten Rang auf 500.000 Mark begrenzt, die Regelung wurde 1974 wieder gekippt.
Den bisher größten Jackpot – das waren 45,4 Millionen Euro – teilten sich im Dezember 2007 drei Tipper. Der bisher höchste Einzelgewinn (37,7 Millionen) ging im Oktober 2006 an einen Spieler aus Nordrhein-Westfalen.