Berlin. Am 24. März waren 150 Menschen ums Leben gekommen. Anwalt nennt Angebot „empörend“. Erster Bericht der Task-Force.
Der Lufthansa-Konzern, zu dem auch Germanwings gehört, hat den Hinterbliebenen der Opfer des Germanwings-Absturzes am Dienstag 25.000 Euro Schmerzensgeld, zusätzlich zu den bereits gezahlten 50.000 Euro Soforthilfe, angeboten. Angehörigen-Anwalt Elmar Giemulla wies das Schmerzensgeld-Angebot der Airline als „empörend“ zurück. Beim Absturz der Germanwings-Maschine waren am 24. März 150 Menschen ums Leben gekommen – darunter auch der Copilot, der den Ermittlern zufolge seinen Kollegen aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine absichtlich zum Absturz gebracht hatte.
„25.000 Euro pro Passagier und 10.000 Euro für die individuelle Gesundheitsschädigung engster Angehöriger ist deutlich zu wenig“, sagte Elmar Giemulla, der 34 Familien vertritt, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ein niedriger sechsstelliger Betrag sei das mindeste. Giemulla verwies darauf, dass nach dem Absturz der Concorde im Juli 2000 in Paris 1,2 Millionen Euro pro Passagier gezahlt worden seien, was allerdings „ungewöhnlich hoch“ gewesen sei.
Trauerfeier für Absturzopfer
Die Luftfahrtbranche zieht Lehren aus dem Germanwings-Absturz vor drei Monaten: Um Flugzeugkatastrophen wie das Unglück in den französischen Alpen künftig zu verhindern, wollen Branchenexperten die Tauglichkeitstest für Piloten verbessern und auch in Zukunft an der „Zwei-Personen-Regel“ festhalten, nach der Piloten niemals allein im Cockpit sein dürfen. Piloten sollen aber weiter die Cockpittür von innen verriegeln können, um sich vor Terroristen schützen zu können. „Das hat sich bewährt, das muss erhalten bleiben“, sagte Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Luftverkehrssicherheit (BDL) gestern bei der Vorstellung „Ergebnisse der Task-Force zur Flugsicherheit“ in Berlin.
Reformbedarf sehen die Experten bei den Tauglichkeitstests für Piloten
Die Task-Force aus Experten der Luftfahrtbranche, die zwei Wochen nach dem Flugzeugunglück eingesetzt worden war, schlägt neue Standards für die Tauglichkeitstests für Piloten vor – bei der Cockpit-Sicherheit dagegen sehen die Experten aktuell keine weiteren Verbesserungsmöglichkeiten. Als Reaktion auf den Absturz hatte die Lufthansa bereits vor drei Monaten die „Zwei-Personen-Regel“ für das Cockpit eingeführt. Verlässt ein Pilot seinen Platz, etwa um auf Toilette zu gehen, muss ein Flugbegleiter so lange einspringen. Neben Lufthansa und Germanwings hatten sich auch weitere große deutsche Fluglinien wie Air Berlin, Condor und TuiFly angeschlossen. Bei US-Airlines gehört die Regel schon länger zum Standard.
Die Möglichkeit der Totalverriegelung des Cockpits durch die Piloten war infolge der Anschläge vom 11. September 2001 eingeführt worden – sie wurde im März der Crew und den Fluggästen der Germanwings-Maschine zum Verhängnis. Dennoch sei es richtig, daran festzuhalten, erklärte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gestern bei der Vorstellung der Ergebnisse der Task-Force. Bei Angriffen von außerhalb des Cockpits sei der Mechanismus „sicherheitsrelevant“.
Reformbedarf sehen die Experten bei den Tauglichkeitstests für Piloten. Bei der medizinischen Erstuntersuchung sollten Piloten grundsätzlich auf Missbrauch von Drogen, Alkohol und Medikamenten untersucht werden. Wichtig sei aber auch eine größere Aufmerksamkeit für die Psyche der Piloten: Die Beteiligten müssten sensibler auf Störungen und Erkrankungen achten. Crewmitglieder benötigten Anlaufstellen, um mit Vertrauensteams sprechen zu können, wenn sie bei Kollegen oder bei sich selbst Anzeichen für psychische Probleme sähen.