Berlin. Schwarzfahren wird in Deutschland teurer - wie ist es in Japan oder bei den klammen Griechen? Außerdem: Die kuriosesten Ausreden.
Erwischte Schwarzfahrer in den Zügen der Deutschen Bahn AG müssen von August an 60 Euro Strafe zahlen. „Bis zum 31. Juli zahlen alle noch 40 Euro“, erklärt Bahnsprecherin Luise Gunga. Aus „systemischen Gründen“ sei die Erhöhung von 40 auf 60 Euro zum 1. Juli nicht möglich gewesen. Einzelheiten nannte sie nicht. Die „Stuttgarter Nachrichten“ (Dienstag) berichten unter Berufung auf einen Bahnsprecher, zunächst müssten die Lesegeräte der Kontrolleure in ganz Deutschland umgestellt werden. Das dauere so lange.
Unternehmenssprecherin Gunga sagte, die Bahn werde einheitlich vom 1. August an das sogenannte erhöhte Beförderungsentgelt von 60 Euro für ertappte Fahrgäste ohne gültigen Fahrschein erheben. Das gelte für S-Bahnen und anderen Regionalverkehr ebenso wie für Fernzüge - Grund genug, um Geschichten und Fakten zusammenzutragen.
Die kuriosesten Ausreden
Wenn Kontrolleure Schwarzfahrer erwischen, bekommen sie so manche Ausrede zu hören. Häufig muss die zu Hause vergessene Monatskarte oder ein kaputter Fahrscheinautomat herhalten. Doch es geht auch origineller:
Die kuriosesten Ausreden von Schwarzfahrern
Das kostet Schwarzfahren anderswo
So mancher Kontrolleur in Indien lässt sich bestechen, tschechische Schwarzfahrer warnen sich per Smartphone-App und Behörden im Iran reden Missetätern ins Gewissen - so gehen andere Länder mit Schwarzfahrern um.k.
GRIECHENLAND: Schwarzfahren kostet hier das 60-fache dessen, was man für eine Fahrkarte hätte bezahlen müssen. Wenn man in der Athener Metro erwischt wird, muss man 72 Euro bezahlen - eine einfache Fahrt kostet hier 1,20 Euro. Die Strafe muss man innerhalb von drei Tagen entrichten. Tut man dies nicht, bekommt man nach Monaten eine Rechnung samt Zinsen vom Finanzamt. Zuletzt gab es allerdings nicht viele Fahrkartenkontrollen - viele Kontrolleure wurden wegen staatlicher Sparmaßnahmen entlassen.
IRAN: In Teheran und anderen Großstädten gibt es keine Strafe - wird man ertappt, muss man nur aussteigen. Für U-Bahn und Stadtbus gibt es eine Jahreskarte, die umgerechnet 14 Euro kostet oder Karten, die man wieder aufladen kann. Ohne die Plastikkarten öffnet sich die Drehtür zum Gleis nicht. Beim Bus werden die Fahrkarten vor dem Einsteigen gelöst. Zu Stoßzeiten kann man auch mal ohne Karte in einen überfüllten Bus. Auf den Türen steht allerdings: „Mit Karte zu fahren reflektiert Ihre Persönlichkeit“ - das soll Schwarzfahrern zumindest ein schlechtes Gewissen machen.
NIEDERLANDE: 35 Euro kostet das Schwarzfahren hier. Viel zu wenig, findet eine Mehrheit der Parteien im Parlament und will nun mindestens eine Verdopplung der Geldbuße erreichen. Zugleich wird den Schwarzfahrern zumindest in Metro und Bahn im wahrsten Sinne des Wortes ein Riegel vorgeschoben. Im ganzen Land werden die Bahnsteige und sogar ganze Bahnhöfe mit elektronischen Schranken abgesperrt, die sich nur mit einem Ticket im Chipkarten-Format öffnen lassen.
SPANIEN: In Madrid fahren viele mit politischer Begründung schwarz. „Yo no pago“ (Ich zahle nicht) heißt eine Bewegung, die die Benutzer öffentlicher Verkehrsmitel dazu aufruft, keine Fahrkarte zu kaufen und damit gegen die Einschnitte der konservativen Regierung zu protestieren. Dabei ist in der spanischen Hauptstadt das Schwarzfahren zumindest in der U-Bahn deutlich schwieriger als in deutschen Städten. Man muss die Fahrkarte nämlich entwerten, um durchs Drehkreuz zu kommen. Und in sehr vielen Stationen gibt es Metro-Mitarbeiter und Sicherheitsleute, die aufpassen, dass niemand zum Beispiel übers Drehkreuz springt. Es gibt auch Kontrollen in den Gängen. Wird man beim „Colarse“, dem „Hineinschleichen“ erwischt, muss man das 20-fache des Preises eines einfachen Tickets (1,50 bis 2,00 Euro) zahlen, also 20 bis 30 Euro. Inzwischen warnen sich aber auch die spanischen Schwarzfahrer nicht nur in Madrid, sondern auch in Barcelona und Valencia mit Hilfe von Smartphone-Apps.
UNGARN: Hier heißt Schwarzfahren „bliccelni“ („blitzen“). Das Wort ist aus dem Alt-Wienerischen, wo es für „die Zeche prellen“ stand. „Bliccelni“ bedeutet auch: die Schule schwänzen, krank feiern. Die Strafe in Budapest beträgt das 45-Fache des normalen Fahrpreises - sie wird aber auf die Hälfte reduziert, wenn man sofort zahlt. In der U-Bahn fällt Schwarzfahren schwer, weil man an den Eingängen an Kontrolleuren vorbei muss, manchmal auch an den Ausgängen. Die sind aber manchmal unaufmerksam und gelangweilt.
JAPAN: In einem der sichersten Länder der Welt kommt Schwarzfahren kaum vor. Denn um zu den Bahngleisen zu kommen, muss man zuerst durch Ticketschranken, die sogenannten kaisatsu. Dazu kauft man entweder einen Fahrschein aus Papier oder aber benutzt die inzwischen weit verbreiteten Guthaben-Karten. Diese legt man einfach auf eine Fläche am „kaisatsu“, dann öffnen sich die Schranken. Die Guthabenkarten tauschen dabei kabellos Daten mit den Geräten aus. In den selten Fällen, wo doch mal jemand schwarz gefahren ist, wird er von der Polizei verhört - als Strafe wird der dreifache Fahrpreis fällig.
USA: In New York war das Überspringen der Drehkreuze früher ein enormes Problem, mit Kameras und mehr Polizei wurde es fast gelöst. Die Kontrolle auf Schwarzfahrer in den Bussen ist nur sporadisch, hat aber deutlich zugenommen. Drei, vier Beamte, alle bewaffnet, durchkämen dann den Bus. Die Strafe für die, die die 2,75 Dollar sparen wollten: 110 Dollar (fast 100 Euro). Im Jahr 2013 wurden etwa 120 000 „Fare Dodgers“ erwischt.
GROSSBRITANNIEN: Wer in London die „Tube“ oder einen der roten Doppeldeckerbusse ohne Fahrkarte besteigt, muss als Ersttäter mit einer Strafe von 40 Pfund (gut 50 Euro) rechnen. Wenn er nicht binnen drei Wochen zahlt, wird die Summe verdoppelt. Wiederholungstätern droht die Verfolgung durch die Justiz sowie eine Strafe von bis zu 1000 Pfund. Die Nahverkehrsgesellschaft erhöht derzeit den Druck auf Schwarzfahrer - die Zahl der Kontrollen wurde gerade erhöht.
SKANDINAVIEN: Hier ist Schwarzfahren wie alles andere teuer. In Dänemark und Norwegen zahlt man umgerechnet 100 Euro. In Norwegen gilt das allerdings nur für Erwachsene. Wer jünger als 15 Jahre alt ist, bekommt lediglich einen Brief nach Hause. In Schweden sind die Bußgelder mit 1200 Kronen (130 Euro) am höchsten, doch abschreckend scheint das nicht zu wirken: Jeden Tag werden 25 000 Menschen ohne Fahrschein im Nahverkehr erwischt. Das klingt nach viel, aber die Dunkelziffer dürfte höher sein. Denn in Stockholm und Göteborg wird systematisch schwarzgefahren. Im Club „planka.nu“ kann man sich gegen das Erwischenlassen versichern. Von dem Beitrag werden die Bußgelder bezahlt.
TSCHECHIEN: Hier ist eine Smartphone-App der letzte Schrei, mit der sich Schwarzfahrer gegenseitig vor Kontrolleuren warnen können. „Beide in Lederjacken, mittleren Alters, also aufgepasst“, heißt es dann beispielsweise mit dem Namen der Station. Wer trotzdem erwischt wird, muss zwischen 800 Kronen (knapp 30 Euro) und 1500 Kronen (55 Euro) in bar bezahlen. In Prag bekommen die Kontrolleure jährlich gut 250 000 Trittbrettfahrer zu fassen. Viele Touristen vergessen, ihre am Automaten gekaufte „jizdenka“ bei Fahrtantritt zu entwerten. Aber auch Fälle von falschen Kontrolleuren gab es mehrfach.
ITALIEN: Hier macht man umgangssprachlich „den Portugiesen“, wenn man schwarzfährt. Ein einfaches Ticket für den Bus oder die U-Bahn kostet zum Beispiel in Rom vergleichsweise wenig, nämlich 1,50 Euro. Schwarzfahren ist dafür teuer: Wer gleich bezahlt, muss 54,90 Euro bezahlen. Wer sich allerdings mehr als fünf Tage Zeit fürs Begleichen lässt, ist mit 104,90 Euro dabei.
RUSSLAND: Hier heißen Schwarzfahrer im Volksmund „Hasen“. Über Drehkreuze und Absperrungen zu hüpfen oder „wie die Hasen“ vor einem Kontrolleur zu flüchten, ist eine Art Sport für viele Russen - und eine Reaktion auf steigende Fahrpreise. Wer etwa in Moskau in Bus oder Metro ohne Ticket erwischt wird, muss 1000 Rubel (etwa 16 Euro) Strafe zahlen. Das ist das 20-fache des Preises für eine Einzelfahrt. Bei den Elektritschkas, den Vorortzügen, richtet sich die Höhe nach Tarifzonen und beträgt ein Vielfaches des eigentlichen Ticketpreises.
INDIEN: Auch in Indiens Zügen gibt es Schwarzfahrer - und nicht nur diejenigen, die auf dem Dach sitzen oder sich an offene Türen hängen. Weil Indien so ein riesiges Land mit 1,3 Milliarden Einwohnern ist, ist auch die Zahl der sogenannten ticketlosen Fahrten gewaltig: 45 Millionen wurden 2014 erwischt. Das kostet je nach Region unterschiedlich. Oft lässt der Fahrkarten-Checker aber auch mit sich reden und versorgt den Reisenden für ein paar Scheinchen in seine Tasche mit einem freien Sitzplatz.
ÖSTERREICH: Wien verlangt von Schwarzfahrern 103 Euro - und nennt das charmant „Mehrgebühr“. Auch dank der eher moderaten Preise - ein Jahresticket kostet in der seit 2010 rot-grün regierten Stadt 365 Euro - hat sich die Zahl der Schwarzfahrer in den vergangenen zehn Jahren halbiert. Jeder 50. Kontrollierte musste 2014 nachträglich tief in die Tasche greifen.
FRANKREICH: Hier müssen erwischte Schwarzfahrer beim Bahnunternehmer SNCF seit Anfang des Jahres 50 statt 35 Euro bezahlen. Das staatliche Unternehmen beziffert seinen Schaden mit jährlich 300 Millionen Euro. In Zügen, Bussen und Metros der Pariser RATP liegt das Bußgeld je nach Härte des Vergehens zwischen 5 bis 60 Euro. In Marseille fallen bei der RTM Kosten zwischen 30 und 160 Euro an.
POLEN: Hier war Schwarzfahren schon immer teuer, und es wird zumindest in Warschau auch viel kontrolliert: Wer ertappt wird, muss zur Strafe bis zur 38-fachen Summe des Normalfahrpreis bezahlen, im Warschauer ÖPNV bis zu 266 Zloty (etwa 65 Euro), bei nach wie vor niedrigeren Durchschnittseinkommen als in Deutschland. Bei diesen Strafen kommt es gelegentlich vor, dass Schwarzfahrer versuchen, die Kontrolleure außer Gefecht zu setzen: In den vergangenen Monaten häuften sich Klagen über aggressive Schwarzfahrer.