Paris/Tunis/Köln. Mindestens ein Deutscher unter Opfern von Sousse. Lyon-Attentäter macht makaberes Selfie. Kuwait klärt Identität des Angreifers.
Tunesien, Kuwait, Frankreich - drei Terroranschläge mit insgesamt mindestens 67 Todesopfern erschüttern seit Freitag die Welt. Hier können Sie die Entwicklungen des Tages noch einmal nachlesen:
Mindestens 30 britische Opfer bei Terroranschlag in Sousse
23.49 Uhr: Bei dem Terroranschlag von Sousse sind nach Informationen der Nachrichtenagentur PA mindestens 30 Briten getötet worden. Das berichtete die britische Agentur unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen. Zuvor hatten tunesische Behörden noch von 14 Opfern aus Großbritannien gesprochen. Unter den insgesamt 38 Toten ist mindestens ein Deutscher.
Vater von Tunesien-Attentäter distanziert sich von Terroranschlag
22.15 Uhr: Der Vater des Attentäters von Sousse hat sich von der Bluttat seines Sohnes distanziert. „Nur Gott weiß, was meinen Sohn zu dieser Tat gebracht hat. Ich habe meinen Sohn nicht so erzogen. Nicht dazu erzogen, dass er Menschen tötet“, sagte der in der nordtunesischen Stadt Gaafour lebende Mann in den ARD-„Tagesthemen“.
In dem Interview äußert der Vater tiefes Unverständnis für die Tat seines Sohnes. Er sehe die Bilder der Opfer vor seinen Augen und könne nicht nachvollziehen, wie er unschuldige Menschen habe töten können. „Irgendwelche Leute müssen meinen Sohn indoktriniert haben, dass er so etwas tut.“ Er habe keine Anzeichen für extremistisches Verhalten gezeigt.
De Maizière besucht Anschlagsort in Tunesien
19.02 Uhr: Drei Tage nach dem Terroranschlag in Tunesien reist Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Montag an den Ort der Attacke. Mit dem Besuch wolle er sein Mitleid mit den Angehörigen der Opfer und seine Solidarität mit dem tunesischen Volk ausdrücken, erklärte das Innenministerium.
Tunesien will Urlauber besser schützen
16.28 Uhr: Nach dem blutigen Terroranschlag will Tunesien mit harter Hand gegen Extremisten vorgehen und Touristen besser schützen. Wie Innenminister Mohamed Najem Gharsalli ankündigte, sollen 1000 zusätzliche Sicherheitskräfte Urlaubsorte im Land bewachen.
Attentäter von Lyon gesteht Ermordung seines Chefs
16.22 Uhr: Der Attentäter von Lyon hat nach Informationen der französische Nachrichtenagentur AFP gestanden, seinen Chef getötet zu haben. Der 35-jährige Yassin S. habe sein Schweigen gebrochen und Einzelheiten über den Anschlag genannt, berichtete die Agentur unter Berufung auf Ermittler.
Erst 18 Opfer in Tunesien identifiziert
13.35 Uhr: Nach dem Terrorangriff eines mutmaßlichen Islamisten auf ein Strandhotel in Tunesien ist die Identität vieler Toter noch ungeklärt. Unter den 38 Opfern des Anschlags ist mindestens ein Deutscher, eine deutsche Frau wurde verletzt. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) konnte am Sonnabendabend aber nicht völlig ausschließen, dass noch weitere Bundesbürger ums Leben kamen.
Nach Angaben des tunesischen Gesundheitsministeriums konnten bis zum Sonntag 18 Opfer identifiziert werden. Die meisten Toten - insgesamt 14 - stammen demnach aus Großbritannien. Zu den Opfern zählen aber auch ein Ire, ein Portugiese und ein Belgier. Der deutsche Generalbundesanwalt Harald Range leitete ein Ermittlungsverfahren ein und beauftragte das Bundeskriminalamt (BKA) mit den Untersuchungen.
Der Angreifer studierte nach bisherigen Erkenntnissen Elektro-Ingenieurswesen in der Stadt Kairouan, einer Hochburg von Salafisten. Er hatte am Freitag das Strandhotel „Imperial Marhaba“ in dem Mittelmeerort Sousse überfallen und am belebten Strand das Feuer eröffnet. Später wurde er von Sicherheitskräften erschossen. Zu dem Angriff bekannten sich Unterstützer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in einer nicht verifizierbaren Twitter-Mitteilung.
Der tunesische Innenminister Mohamed Najem Gharsalli erklärte, der Attentäter hätte wesentlich früher gestoppt werden können. Im Radiosender Mosaique FM warf er dem Sicherheitsservice des Hotels vor, nicht sofort die Polizei informiert zu haben.
Tunesien will als Konsequenz aus dem Anschlag den Kampf gegen den Terrorismus verschärfen und bis zu 80 Moscheen schließen, in denen Extremisten verkehren sollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sicherte Tunesien Unterstützung im Kampf gegen den Terror zu, Innenminister Thomas de Maizière will am Montag an den Ort der Terrorattacke reisen.
Derweil verließen viele Urlauber die Region: Mindestens 1000 Briten sind bereits ausgeflogen. Nach Angaben des Reiseveranstalters Tui ist die Zahl deutscher Touristen, die ihren Urlaub abbrechen möchten, aber deutlich zurückgegangen. Der Anbieter rechnet damit, dass 250 Gäste vorzeitig abreisen. „Bis zum Sonntagabend werden wir rund 200 Gäste ausgeflogen haben“, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Etwa 3500 dagegen wollten demnach in Tunesien bleiben.
Papst verurteilt Anschläge scharf
12 Uhr: Papst Franziskus hat den Angriff in Tunesien sowie die Anschläge in Kuwait und Frankreich scharf verurteilt. Das Oberhaupt der katholischen Kirche bete für die Opfer und sichere den Hinterbliebenen „geistliche Unterstützung“ zu, heißt es laut Radio Vatikan in drei am Sonntag veröffentlichten Beileidstelegrammen.
Kuwait-Attentäter war Saudi
11.49 Uhr: In Kuwait haben Behörden inzwischen den Attentäter identifiziert, der am Freitag bei einem Selbstmordanschlag auf eine schiitische Moschee 27 Menschen getötet hatte. Der Mann sei Saudi-Araber gewesen, teilte das Innenministerium am Sonntag mit.
Braunschweig hält zu Partnerstadt Sousse
10.49 Uhr: Braunschweig hat als Partnerstadt des tunesischen Badeortes Sousse zur weiteren Unterstützung des nordafrikanischen Landes aufgerufen. „Tunesien ist beim Aufbau einer demokratischen Gesellschaft schon weit vorangekommen, wirtschaftlich steht es in der Region am besten da“, sagte Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth in einer Reaktion im Internetauftritt der Stadt. „Jetzt kommt es darauf an, dass das tunesische Volk seinen eingeschlagenen Weg in Freiheit weitergeht.“
Terror und Gewalt dürfen keine Chance erhalten, „nirgendwo in der Welt“, sagte Markurth. Niedersachsens zweitgrößte Stadt pflegt seit dem Jahr 1980 eine Partnerschaft mit Sousse. Nach der Revolution in Tunesien seien die Kontakte intensiviert worden. Der Austausch habe sich zum Beispiel mit der Stärkung kommunaler Strukturen beschäftigt oder damit, Jugendliche für Ideen der Demokratie zu begeistern.
Anschlag auf Urlauber-Hotel in Tunesien
Appell von Berliner Bischof
10.30 Uhr: Der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge hat Gläubige aller Religionen aufgerufen, sich von Terroranschlägen wie jüngst in Frankreich, Tunesien und Kuwait zu distanzieren. „Es macht sich in der Öffentlichkeit zunehmend der Eindruck breit, die Welt sei aus den Fugen geraten, weil die Religionen das Sagen bekommen“, sagte er am Sonntag laut Redemanuskript in seiner Predigt im Berliner Dom. Das könnten auch Christen nur mit Schmerz und Bedauern hören. Daher müssten sich alle Gläubigen von solchen Taten distanzieren.
„Sie müssen gemeinsam deutlich machen, dass der Glaube an die Barmherzigkeit Gottes für die drei monotheistischen Religionen das Maß aller Dinge ist“, ergänzte Dröge. Der Bischof führte dazu Passagen aus den Alten und Neuen Testament sowie dem Koran an. Bramherzigkeit könne so etwas wie eine Brücke zwischen den Religionen bilden, die tragfähig sei, „auch wenn wir im Glauben unterschiedlicher Auffassung sind“, sagte Dröge.
Lyon-Attentäter schickt makaberes Foto
9.50 Uhr: Der Attentäter von Lyon hat nach Angaben der französische Nachrichtenagentur AFP ein Selfie mit dem abgetrennten Kopf seines Chefs gemacht. Dieses habe er über den Kurznachrichtendienst WhatsApp an eine Handy-Nummer in Kanada geschickt. Die kanadischen Behörden bemühten sich, den Empfänger zu ermitteln, berichtete die Agentur in der Nacht zum Sonntag unter Berufung auf das kanadische Ministerium für innere Sicherheit. Es könnte eine Relais-Nummer sein, die lediglich zur Weiterleitung dient. Das Foto haben die Ermittler auf dem Handy des 35-Jährigen Yassin S. gefunden.
Der Mann soll bei dem Anschlag auf die Firma Air Products in Saint-Quentin-Fallavier am Freitag seinen 53 Jahre alten Chef enthauptet haben. Noch ist nicht klar, ob der Kopf des Opfers vor oder nach seinem Tod abgetrennt wurde. Bei einer ersten Autopsie seien Würgemale am Hals festgestellt worden, hieß es.
Ein Feuerwehrmann hatte Yassin S. am Freitag in einem Werk für Industriegase in Saint-Quentin-Fallavier überwältigt. Der Mann war den französischen Behörden wegen Kontakten zur radikalislamistischen Szene schon 2006 aufgefallen, stand jedoch nicht mehr unter Beobachtung. Der Vater von drei Kindern befindet sich mit seiner Ehefrau und einer Schwester in Polizeigewahrsam. Er soll am Sonntag zur weiteren Befragung zur Antiterror-Polizeizentrale bei Paris gebracht werden.
Zentralrat der Muslime: Absprachen möglich
8.57 Uhr: Bei den drei jüngsten islamistischen Terroranschlägen schließt der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) eine Absprache nicht aus. „Mit diesen drei entsetzlichen Taten an einem Tag wird eingeschüchtert, es werden die Insignien des Islam und der Ramadan diskreditiert, und es wird den Muslimen ein großer Schaden zugefügt“, sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek am Sonnabend der Deutschen Presse-Agentur. „Da kommt man schon auf den Gedanken, dass es eine Absprache der Terroristen gab.“ Am Montag nächster Woche jährt sich zum ersten Mal, dass die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) das Kalifat ausgerufen hat.
Vor dem Hintergrund der Anschläge in Tunesien, Kuwait und Frankreich erinnerte Mazyek auch an den „Terror fernab des Scheinwerferlichtes“, unter anderem in Syrien und Irak. „Die jüngsten Vorfälle sind schockierend. Aber wir haben bereits diese Welle von fürchterlichen Anschlägen“, sagte Mazyek. Vor allem die Medien dürften den Terroristen „nicht auf den Leim gehen“. Den Begriff des sogenannten Islamischen Staates müsse man stärker hinterfragen als dies bislang in den Berichten der Fall sei. (dpa/epd/HA)