Berlin. Die Queen erwartet ein straff getaktetes Programm. Außerdem droht ein zeitweiliger Auszug aus dem Buckingham Palace.
Queen Elizabeth II. ist am gestrigen Dienstag zu ihrem fünften Staatsbesuch in Deutschland eingetroffen. Die Sondermaschine mit der britischen Königin (89) und ihrem Ehemann Prinz Philip (94) landete am Abend auf dem militärischen Teil des Berliner Flughafens Tegel. Nach der Begrüßung mit 21 Salutschüssen fuhr das Paar zum Hotel Adlon nahe dem Brandenburger Tor. Zuletzt war die Queen im November 2004 zu einem Staatsbesuch in Deutschland.
Der fünfte Staatsbesuch in Deutschland beginnt für die Queen am Mittwoch mit einem vollen Programm. Ihren ersten Termin hat die britische Königin Elizabeth II. mit Bundespräsident Joachim Gauck, der offiziell eingeladen hat. Nach dem Empfang fährt die 89-Jährige mit ihrem Mann Prinz Philip (94) auf einem Boot zum Kanzleramt. Auf ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) folgt eine Kranzniederlegung an der Neuen Wache, am Abend ein Staatsbankett.
Gauck beschwört Zusammenhalt in Europa
Joachim Gauck hat den Zusammenhalt in Europa beschworen. „Die Europäische Union braucht Großbritannien“, sagte Gauck am Mittwochabend laut vorab verbreitetem Text beim Staatsbankett zu Ehren der britischen Königin in seinem Berliner Amtssitz Schloss Bellevue.
Hintergrund von Gaucks eindringlichem Appell ist, dass das Volk in Großbritannien bis Ende 2017 darüber abstimmen soll, ob das Land in der EU bleiben möchte. Premierminister David Cameron will davor Reformen aushandeln und Großbritannien in der EU halten. In seiner konservativen Partei gibt es aber einen starken EU-kritischen Flügel. Auch Kanzlerin Merkel (CDU) dürfte das Briten-Referendum bei ihrem Gespräch mit der Queen angesprochen haben.
Gauck würdigte den Einsatz der 89 Jahre alten Königin für die europäische Integration. Ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Teilung das Kontinents stehe die EU vor großen Herausforderungen. „Wir wissen auch, dass wir eine handlungsfähige Union brauchen, die auf der stabilen Grundlage gemeinsamer Werte steht. Deshalb ist ein konstruktiver Dialog über die von Großbritannien angestrebten Reformen unerlässlich“, sagte er. „Deutschland wird diesen Dialog als guter Partner unterstützen. Denn Großbritannien ist Teil Europas.“
Merkels Tour durchs Kanzleramt
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Queen persönlich durch das Bundeskanzleramt geführt. Was passiert in dem knapp einminütigen Video der Bundesregierung?
„Das ist das Zimmer, in dem wir normalerweise Premierminister und Präsidenten zum Abendessen empfangen“, sagt Merkel auf Englisch und führt die Queen durch einen hellen Raum. „Und wenn es Ihnen nichts ausmacht, ich weiß es nicht, könnten wir ein Stück gehen (...)“
Merkel tritt mit Elizabeth II. auf einen Balkon. Nicht alles, was die Kanzlerin sagt, ist zu verstehen. „Dort, wo der Zug fährt, da stand die Mauer“, sagt Merkel und lenkt den Blick nach rechts. „Und ich habe in Ostdeutschland gelebt, nur 200 Meter hinter den Schienen.“
Die beiden laufen zurück in das Zimmer und setzen sich. „Also noch mal, herzlich Willkommen“, sagt Merkel. „Thank you very much“, antwortet die Queen. Merkel merkt an, dass es der fünfte Staatsbesuch der Queen in Deutschland ist. „Und ich finde, es ist ein außergewöhnliches Jahr - 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.“ „So ist es tatsächlich, nicht wahr“, sagt die Queen. „Es gibt so viele Jahrestage.“
„Dieser Besuch ist etwas Besonderes"
„Dieser Besuch ist etwas Besonderes“, hatte der britische Botschafter Sir Simon MacDonald vorab betont. Ihren fünften Staatsbesuch macht die Queen genau 50 Jahre nach ihrem ersten: Im Jahr 1965 blieb sie elf Tage in der Bundesrepublik. Der erste Besuch der Königin nach Ende des Zweiten Weltkriegs galt als Zeichen der Versöhnung.
Diesmal reist Elizabeth II. schon am Freitagmorgen wieder ab - nach Stationen unter anderem in Frankfurt am Main und an der Gedenkstätte Bergen-Belsen in Niedersachsen.
Die Queen war am Dienstagabend mit einer Sondermaschine in der Hauptstadt gelandet - und dabei in Königsblau mit türkisfarbenem Hut gekleidet. Zuletzt war die Monarchin im November 2004 zu einem Staatsbesuch in Deutschland.
Den Mittwoch verbringt die Königin komplett in der Hauptstadt. Nach einer Mittagspause besucht sie am Nachmittag die „Queen's Lecture“ an der Technischen Universität - eine Vortragsreihe zu ihren Ehren.
Die Vorlesung hält der Direktor des Britischen Museums in London, Neil MacGregor, der Intendant des Berliner Kulturzentrums Humboldtforum wird. Dabei soll es um Dinge gehen, die für die Deutschen typisch britisch sind.
Abends lädt dann der Bundespräsident zum Staatsbankett - 136 Gäste werden dazu im Schloss Bellevue erwartet. Was auf den Tisch kommt, blieb zunächst geheim.
Auszug aus dem Buckingham Palace?
Arbeiten am renovierungsbedürftigen Buckingham- Palast könnten Queen Elizabeth II. vorübergehend zum Auszug aus ihrem Londoner Dienstsitz zwingen. Der Palast brauche eine neue Sanitär- und Elektroinstallation, berichtete die BBC am Mittwoch unter Berufung auf Mitarbeiter des königlichen Haushalts. Seit 1952 wurde er nicht mehr renoviert. Die Queen verbringt normalerweise etwa ein Drittel des Jahres in dem Londoner Palast.
Die Kosten werden auf 150 Millionen Pfund (rund 210 Mio Euro) geschätzt. Der königliche Haushalt erhält jährlich derzeit 37,5 Millionen Pfund aus der Steuerkasse. Einem Bericht der „Times“ zufolge will Schottland seinen Anteil von rund zwei Millionen Pfund einfrieren.
Was verbirgt sich in der Handtasche der Königin?
Wenn Queen Elizabeth II. und Gatte Prinz Philip sich (und uns) die Ehre geben, ist immer auch ein Accessoire dabei: Die schwarze Ledertasche der Queen, um die sich zahlreiche hartnäckige Gerüchte ranken.
So soll Queen Elizabeth II. mit ihrer Handtasche geheime Codes geben - wechselt die Tasche beispielweise im Gespräch den Arm, soll das dem Personal mitteilen: „Holt mich weg hier.“ Ebenfalls Gegenstand diverser Spekulationen ist der Inhalt der schwarzen Ledertasche. Ein paar Einblicke ins royale Handgepäck soll es schon gegeben haben:
Lippenstift: Ist fotografisch belegt. Die Queen hat kein Problem damit, sich in der Öffentlichkeit nachzuschminken. Dazu soll sie auch ein Spiegelchen dabei haben. Klingt plausibel und schön normal.
Fünf-Pfund-Note, gefaltet: Für die Kollekte im Gottesdienst. Manchmal gebe die Monarchin auch zehn Pfund (etwa 14 Euro), will Queen-Biografin Sally Bedell Smith wissen.
Mobiler Haken: Wenn’s stimmt, wäre das besonders clever. Smith schreibt, die Königin trage einen Haken mit Saugnapf bei sich, den sie überall unterm Tisch befestigen könne - so müsse die teure Tasche nicht auf dem Boden stehen. Ein Dinner-Gast will einmal beobachtet haben, wie Majestät in den Saugnapf gespuckt hat.
Handy: Wäre nicht überraschend, beim Simsen oder Selfie-Knipsen hat Elizabeth II. aber noch nie jemand gesehen. Biografin Penny Junor behauptet jedenfalls, die Queen spreche per Handy mit ihren Enkeln. „Ich weiß aber nicht, ob es ein Smartphone ist“, sagte sie dem „Telegraph“.
Brille: Manchmal trägt die Queen eine Sehhilfe, manchmal keine - nicht unwahrscheinlich, dass sie die Brille in der Handtasche hat.
Glücksbringer: „Was ist in der Handtasche der Queen“ lautet übersetzt der Titel eines Buches von Journalist Phil Dampier. Seine Antwort: Fotos der Familie und Glücksbringer, die die Kinder ihr geschenkt haben. Kleine Hunde und Pferde sollen dabei sein.
Make-up: Auch das will Dampier wissen - ein Schminkdöschen soll in der Tasche sein, das Ehemann Prinz Philip seiner Elizabeth zur Hochzeit geschenkt hat. Würde ja zum Lippenstift passen.
Fakten zum Besuch der Queen
Das huldvolle Winken hat begonnen: Am Dienstagabend ist die Queen mit ihrem Tross in Berlin angekommen. Mit Hut und Handschuhen wird sie viele Titelseiten zieren.
Salutschüsse: Warum gaben die Soldaten 21 Salutschüsse ab? Die Zahl ist kein Zufall: Früher schossen Schiffe ihre 20 Kanonen leer, bevor sie in einen Hafen einfuhren. Aus dem Hafen gab es einen Schuss als Antwort - zusammen also 21. Salutschüsse werden heute der Bundeswehr zufolge nur beim Empfang von Monarchen und beim ersten Empfang eines ausländischen Staatsgastes in Deutschland abgegeben.
Diplomatie: Die Queen kommt nicht, weil ihr gerade danach ist. Staatsbesuche macht sie „auf Empfehlung der britischen Regierung“. Premierminister David Cameron, der gerade EU-Reformen aushandeln will, passt ein wenig Briten-Begeisterung gut ins Konzept.
Reiselustig: Es ist der 97. Staatsbesuch der Queen insgesamt und der fünfte in Deutschland. Kein britischer Monarch ist bisher mehr gereist. Auch in den USA und in Frankreich war die Königin zu fünf Staatsbesuchen.
Sicherheit: So aufwendig wie US-Präsident Barack Obama oder der Papst wird die Queen nicht beschützt. Es sollen aber bis zu 1500 Polizisten allein in Berlin im Einsatz sein - aus Sicherheitsgründen hält sich die Polizei bei solchen Fragen bedeckt.
Gedenken: Der Besuch in Bergen-Belsen am Freitag ist für die Queen besonders wichtig. In der KZ-Gedenkstätte will sie keinen Medienrummel, es dürfen nur wenige, ausgewählte Journalisten dabei sein. Als die Briten das Konzentrationslager 1945 befreiten, war Elizabeth II. selbst in der Frauenabteilung der britischen Armee.
Britisches Wetter im Gepäck: Queen Elizabeth II. und ihren Mann Prinz Philip bringen bei ihrem bei ihrem fünften Staatsbesuch in Deutschland typisch britisches Wetter. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes in Potsdam gibt es zeitweilig Regenschauer, aber auch vereinzelt Gewitter und stürmische Windböen. (dpa/HA)