London. Nach zehn Jahren in der Armee nimmt die Nummer vier der britischen Thronfolge schweren Herzens seinen Abschied
Als er acht Jahre alt war, steckte man ihn in einen kleinen Kampfanzug, setzte ihm einen Helm auf und platzierte ihn in einem Panzer. Prinz Harry strahlte. Er begleitete seine Mutter Diana damals beim Besuch auf der britischen Militärbasis in Bergen-Hohne bei Lüneburg, es war 1993, die erste offizielle Auslandreise des kleinen Harry. Prinzessin Diana glaubte, ihr Sohn werde Karriere in der Armee machen. Sie hatte recht – bis jetzt.
In der Nacht zu Dienstag verkündete der inzwischen 30-Jährige, dass er nach zehn Jahren das Militär verlassen werde. „Wirklich hart“ sei die Entscheidung gewesen, teilte der Queen-Enkel mit. Die Erfahrungen bei den Streitkräften würden ihn sein Leben lang begleiten, erklärte Harry.
Er wolle mit seinen Kameradinnen und Kameraden in Kontakt bleiben und habe „unglaubliches Glück“ gehabt, dass er so fordernde Aufgaben übertragen bekommen habe. Auf seine Zeit bei den Streitkräften blicke er „dankbar“ zurück, erklärte die aktuelle Nummer vier in der Thronfolge. „Die Erfahrungen, die ich in den vergangenen zehn Jahren gemacht habe, werde ich immer bei mir tragen.“ Zwangsläufig seien aber „die meisten guten Dinge einmal vorbei“.
Er war gern Soldat, fühlte sich nach seinen eigenen Worten als „Captain Wales“, wie er in der Armee am Ende hieß, wohler als in seiner Rolle als Prinz Harry.
Vielleicht zum ersten Mal war er in der Truppe einer von vielen. „Er bestand darauf, wie seine Kameraden behandelt zu werden“, lobte General Nick Carter. „Ich renne gern durch einen schlammigen Wassergraben und schieße, so bin ich eben“, sagte Harry selbst, kurz nachdem er, wie in seiner Familie üblich, zum Militär gegangen war.
Der Zweitgeborene von Diana und Charles, der sich in der Schule eher schwertat, stieg in den Streitkräften rasch auf. Dass er aus Sicherheitsgründen nicht in den Irak durfte, enttäuschte den Prinzen, dafür ging es zweimal nach Afghanistan. „Jeder trägt die gleiche Uniform“, sagte er dort, in Tarn-Kleidung, in einem Interview. Er flog Kampfhubschrauber und schoss auf Taliban-Kämpfer. Mit seinem naiven Spaß am Soldatenleben erregte der Prinz Ärger, als er das Schießen aus dem Hubschrauber sinngemäß mit Konsolenspielen verglich. Seit Januar 2014 hatte er allerdings einen Schreibtischjob und arbeitete in einem Programm des Verteidigungsministeriums für verwundete und kranke Soldaten – ein Engagement, das er in seiner Freizeit mit Leidenschaft fortsetzt und auch nach seiner Armeezeit nicht aufgeben will. Erstmal aber steht noch eine vierwöchige Abordnung nach Australien im April und Mai im Dienstplan. Anschließend werde er zu einem offiziellen Besuch nach Neuseeland reisen. Im Juni legt Harry die Uniform endgültig ab.
Und dann? Im Sommer werde der Prinz sich in Afrika für den Natur- und Tierschutz engagieren, hieß es aus dem Londoner Palast, langfristige Pläne gebe es noch nicht. Im Moment prüfe er noch die Optionen für die Zukunft, sagte der Prinz. „Ich bin sehr gespannt auf die Möglichkeiten.“
Schon anlässlich seines 30. Geburtstags im Herbst hatten sich mahnende Stimmen erhoben, er brauche nun endlich ein berufliches Ziel, wenn er nicht ewig als Playboy gelten wolle.
Zum Privatleben des als Partybiest bekannten Prinzen gibt es derzeit ausnahmsweise wenig Gerüchte, seit „Harry Potter“-Star Emma Watson, 24, ein angebliches Techtelmechtel dementiert hat. Umso begeisterter machten die Briten am Dienstag schon mal Zukunftspläne für das vielleicht charmanteste Mitglied der Königsfamilie – ernste und weniger ernst gemeinte.
Reality-TV-Star à la Kim Kardashian? Moderator der Kult-Autoshow „Top Gear“? Oder doch hauptberuflich Berater für zweitgeborene Royals und Babysitter? Mit dem zweiten Kind von Bruder William, 32, und Kate, 33), das bald zur Welt kommt, hätte er schon einen Kunden.
Wahrscheinlicher ist allerdings ein Job im öffentlichen Dienst, wie ihn Bruder William bald bei der Luftrettung antritt. „Was er sicher nicht machen wird, sind Royal-Aufgaben in Vollzeit“, zitiert die Zeitung „Telegraph“ am Dienstag eine Person, die dem Prinzen angeblich sehr nahe steht.