Abu Dhabi. Schweizer Piloten wollen mit einem Solarflugzeug einmal um die Welt. Die erste Etappe ist schon geschafft. Zwölf Jahre Forschung.

Die Schweizer Flugpioniere Bertrand Piccard und André Borschberg haben die erste Etappe ihrer Weltumrundung mit dem Solarflugzeug „Solar Impulse 2“ (Si2) erfolgreich gemeistert. Die von vier solarbetriebenen Elektromotoren angetriebene Maschine landete am Montagabend um 20.14 Uhr Ortszeit im Sultanat Oman. Die insgesamt 35.000 Kilometer ihrer Weltreise wollen Piccard, 57, und Borschberg, 62, an 25 Flugtagen innerhalb von fünf Monaten zurücklegen.

Für den ersten Streckenabschnitt von Abu Dhabi nach Maskat in Oman benötigte das Solarflugzeug 13 Stunden und zwei Minuten. Nun soll es weitergehen nach Indien, Myanmar und China, bevor das Flugzeug über den Pazifik fliegt und die USA überquert. Von dort soll die Si2 über den Atlantik nach Südeuropa fliegen, um dann über Nordafrika zurück nach Abu Dhabi zu gelangen.

Die Si2 soll das erste Solarflugzeug werden, das die Welt umrundet. Mit dem Flugzeug, das ganz ohne Treibstoff auskommt, wollen die beiden Flugpioniere für erneuerbare Energien werben. „Wir wollen unsere Vision einer sauberen Zukunft teilen“, sagte Borschberg vor dem Abflug am Montag. Der Klimawandel biete die „fantastische Gelegenheit“, neue grüne Technologien auf den Markt zu bringen, die dabei helfen würden, die Ressourcen des Planeten zu bewahren. Zugleich würden sie neue Arbeitsplätze und wirtschaftliches Wachstum schaffen.

Die Reise um die Welt ist das Ergebnis von zwölf Jahren Forschung. Angetrieben wird das nur 2,5 Tonnen schwere Flugzeug aus Karbonfasern von 17.000 Solarzellen auf den 72 Meter langen Flügeln. Dies ist fast ebenso viel wie die Spannweite eines Airbus A380, während das Gewicht gerade einmal einem Prozent des Jumbos entspricht. Si2 fliegt aber lediglich mit 50 bis 100 Stundenkilometern auf maximal 8500 Metern Höhe.

Die Reise sei vor allem „eine menschliche Herausforderung“, sagte Borschberg vor dem Abflug. Der frühere Militärpilot löst sich bei den Etappen mit seinem Kollegen Piccard am Steuer des Einsitzers ab. Den ersten Abschnitt nach Maskat flog Borschberg, anschließend ist Piccard an der Reihe. Piccard stammt aus einer Schweizer Forscher- und Abenteurerfamilie. Insgesamt werden die beiden von 130 Mitarbeitern unterwegs sowie in der Kontrollzentrale in Monaco unterstützt.

Im Jahr 1999 gelang es Piccard als Erstem, ohne Zwischenstopp die Welt in einem Ballon zu umrunden. Mit „Solar Impulse 1“ unternahmen die beiden Flugpioniere im Jahr 2013 bereits mehrere lange Flüge in Europa, Marokko sowie quer durch die USA. Ursprünglich sollte die Si2 bereits am Sonnabend in Abu Dhabi starten. Weil es aber in der Region sehr windig war, wurde der Start auf Montagmorgen verschoben.

Die Si2 ist das erste Flugzeug der Welt, das bis zu fünf Tage und Nächte allein mit Sonnenenergie in der Luft bleiben kann. Den Start erlebte unverhofft auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der gerade im Rahmen einer Reise durch mehrere Golfstaaten in Abu Dhabi angekommen war. Gabriel sei sichtlich beeindruckt gewesen, wurde berichtet. Zumal das Projekt der Schweizer ihm wohl gut zupasskommt: Schließlich will er auf seiner mehrtägigen Reise den Golfstaaten Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar Solartechnik made in Germany ans Herz legen. Kein Wunder also, wenn auch deutsche Sonnentechnik-Firmen auf einen Erfolg der Si2-Mission hoffen.

Von Omans Hauptstadt Maskat aus führt die Route an insgesamt 25 Flugtagen über Indien und China bis in die USA. Von New York geht es dann nach Südeuropa oder nach Nordafrika – je nach den aktuellen Windverhältnissen über dem Atlantik. Ende Juli oder Anfang August soll die Si2 wieder am Persischen Golf ankommen.

Mit Yoga und Hypnose wollen die Schweizer Flugpioniere fit bleiben. Beide Piloten haben intensiv trainiert, bevor sie aufbrachen. Mit diesen Entspannungstechniken soll es ihnen möglich sein, für Kurzphasen von 20 Minuten zu schlafen, sich anschließend aber trotzdem ausgeschlafen zu fühlen.

Fit zu bleiben ist für die Piloten auf ihrem Trip unter extremen Bedingungen ein wichtiges Thema: Denn im gerade mal 3,8 Quadratmeter „großen“ Cockpit können sie weder umherlaufen noch gibt es eine Toilette. Laut einem selbst gedrehten YouTube-Video müssen die beiden auf Flaschen zurückgreifen. Eine extreme Etappe liegt zwischen China und Hawaii – die Strecke muss ein Pilot in fünf Tagen und fünf Nächten nonstop bewältigen.

Es hilft sicher, dass die Si2 quasi ein fliegendes Technologielabor mit etlichen Unterstützungssystemen ist, darunter ein einfacher Autopilot. Manche wurden eigens für den Weltumrundungsflug entwickelt. So wird das Aufmerksamkeitsniveau des Piloten ständig mittels eines Elektrokardiogramms von der Größe einer Streichholzschachtel überwacht. Ein im Pilotenanzug integriertes Vibrationssystem schlägt Alarm, wenn das Flugzeug sich zu stark neigt. Nützlich auch die „smarte“ Kunststoff-Faser des Anzugs. Sie hält die Körpertemperatur stabil, denn Heizung oder Klimaanlage gibt es nicht.