Musiker Kay Reinhardt war von der Schlossverwaltung von seinem Lieblingsplatz verwiesen worden, an dem er seit 2007 die Besucher mit Volksweisen unterhalten hatte. Jetzt schreitet die bayerische Politik ein.
München. Schlichtung am Märchenschloss von König Ludwig II.: Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) hat das Spielverbot für den Barden von Neuschwanstein aufgehoben. Der Musikant Kay Reinhardt darf künftig wieder mit seiner Drehleier in der Nähe des Schlosses bei Schwangau Volkslieder singen. Das habe Söder entschieden, sagte eine Ministeriumssprecherin am Mittwoch. Das bedeutet allerdings nicht, dass Reinhardt Anspruch auf seinen Lieblingsplatz an der Marienbrücke gegenüber des weltberühmten Schlosses hat.
Die Schlossverwaltung hatte ihm im Sommer verboten, dort zu spielen. Reinhardt hatte deswegen den Petitionsausschuss des Landtags angerufen. Der Musiker aus Oberbayern hält das Spielverbot schlicht für eine Ungerechtigkeit. „Die Leute freuen sich, ich freue mich, im Hut landen einige Euro und ich bin beschäftigt“, sagt der 53-Jährige über seine Darbietungen.
Früher war Reinhardt Museumsleiter in Schongau, Ulm und Marktoberdorf. Nachdem seine Bemühungen um eine neue Anstellung scheiterten, sattelte der Historiker aus Rott am Lech um. Seit acht Jahren arbeitet er nun freiberuflich als Journalist und Künstler. 2007 hat er damit begonnen, an der Marienbrücke zu musizieren – für eine freiwillige Spende in seinen Hut.
„Der Platz ist ideal. Er liegt im Wald, hier störe ich niemanden. Und die Menschen müssen nicht direkt an mir vorbei laufen, wenn sie das nicht wollen“, sagt er. Doch seine Musik, die er im historischen Kostüm vorträgt, habe viele Menschen angesprochen. Einige hörten nur zu, andere setzten sich neben ihn auf eine Bank und suchten den Kontakt. Wieder andere ließen sich mit ihm fotografieren.
Etwa 60 bis 70 Mal im Jahr hat er seinen Platz an der Marienbrücke eingenommen, sagt Reinhardt. „Viele kannten mich schon. Einige Reiseführer haben mich sogar in ihre Tour eingebaut.“ Vor zwei Jahren wurde der Musiker vom damaligen Schlossverwalter zu einem Gespräch eingeladen. Der habe ihm daraufhin die Erlaubnis, im Schlossbereich zu spielen, schriftlich erteilt und ihm kostenlos einen Berechtigungsschein ausgestellt, sagt Reinhardt.
Die neue Schlossverwaltung jedoch dulde keine Künstler mehr am Schloss. Am 8. August hat Reinhardt deshalb zum letzten Mal an der Marienbrücke seine Drehleier ausgepackt. „Irgendwann kam ein Security-Mitarbeiter zu mir und sagte, er habe den Auftrag, mich zu vertreiben.“ Schon 2013 sei ihm das Spielen am Schloss untersagt worden. Reinhardt setzte daraufhin eine Weile aus, spielte dann aber weiter. Nachdem ihm nun rechtliche Schritte angedroht wurden, falls er trotz des Verbots weiter in Schlossnähe musiziert, stellte Reinhardt das Spielen endgültig ein.
Schlösserverwaltung will keinen Präzedenzfall
Die bayerische Schlösserverwaltung will keinen Präzedenzfall schaffen und bleibt bei ihrer Haltung. „Es gibt von vielen Seiten Anfragen, sich, sein Können oder seine Ideen am Schloss Neuschwanstein als so hochfrequentem Standort zu präsentieren“, erklärt Cordula Mauß, Pressesprecherin der Schlösserverwaltung. Anfang 2013 habe man aufgrund der vielen Anfragen das Thema für eine generelle Regelung aufgegriffen. „Wir haben uns entschieden, künftig keine Darbietungen zu genehmigen, damit keine Bezugsfälle geschaffen werden.“ Das sei keine Einzelentscheidung gegen bestimmte Personen und habe auch nicht mit der Art oder der Qualität der Musik zu tun, betont Mauß.
Das Verbot bringe ihn nun in finanzielle Nöte, beklagt Reinhardt. Zudem könne er die Gründe nicht nachvollziehen. Nun hofft er, mit Hilfe der Politik wieder eine Spielgenehmigung zu erhalten. „Mit meiner Musik leiste ich einen Beitrag zur kulturellen Bildung“, sagt er. „Ich wäre auch bereit, dafür eine Gebühr zu bezahlen.“
In dieser Woche sollte im Landtag über Reinhardts Antrag beraten werden. Die SPD-Fraktion macht sich bereits im Vorfeld „für den Barden von Schloss Neuschwanstein stark“, wie es in einer Mitteilung heißt. Nach Auffassung des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD-Landtagsfraktion, Volkmar Halbleib, sei es „unfair und schlechter Stil“, dem Künstler nun plötzlich die Genehmigung zu streichen, nachdem er jahrelang mit Erlaubnis der Schlossverwaltung seine historischen Lieder für die Besucher aus aller Welt sang. „Er hat sich ja nichts zuschulden kommen lassen.“
Halbleib appelliert deshalb an die Schlösser- und Seenverwaltung sowie das Finanzministerium, den Mann wieder seiner Beschäftigung nachgehen zu lassen. „Das bayerische Motto ‚Leben und leben lassen‘ wäre hier angebracht.“
HANDOUT - Die undatierte Aufnahme zeigt den Musiker Kay Reinhardt auf der Marienbrücke vor dem Schloss Neuschwanstein in Schwangau (Bayern). Jahrelang hat Reinhardt vor dem Schloss seine Drehleier gespielt. Die Schlossverwaltung erteilte ihm nun ein Spielverbot. Der Musiker sieht dadurch seine Existenz gefährdet und hofft jetzt auf die Hilfe der Politik.