Dass Facebook auf den Trend zu Apps mit anonymer Nutzung aufspringen wolle, war schon länger spekuliert worden. Die nun auch in Europa verfügbare Anwendung „Rooms“ erinnert allerdings mehr an „Schwarze Bretter“ aus frühen Internet-Zeiten.
Hamburg. Facebook hat seine für anonyme Nutzung ausgelegte Chat-App „Rooms“ am Dienstag auch in Deutschland gestartet. In der Anwendung können Nutzer unter beliebigen Namen Chat-Räume anlegen und dort Text-Nachrichten, Bilder und Videos austauschen. Die Idee dahinter sei, seinen Interessen folgen zu können, ohne die eigene Identität preisgeben zu müssen, sagte der zuständige Facebook-Manager Josh Miller. Die App ist zunächst für Apple-Geräte verfügbar.
In manchen Fällen sei die Anonymität für die Nutzer wichtig, wie etwa in der Gruppe zu Unterstützung bei Depressionen, die mehr als 400 Mitglieder habe, betonte Miller. Bei der Anmeldung zur App reiche es, eine E-Mail-Adresse anzugeben. „Wir wollen nicht wissen, wer Sie sind.“ Die Informationen würden auch nicht mit den Nutzerdaten aus der restlichen Facebook-Welt verknüpft.
Einladung über QR-Codes
Neue Mitglieder für einzelne Räume werden über sogenannte QR-Codes eingeladen, die man abfotografiert oder per Screenshot speichert. Die Nutzung ist grundsätzlich ab 18 Jahren erlaubt. Facebook fragt das mit einem Dialog ab, setzt aber keine Kontrollen durch. Hochgeladene Fotos würden per Software auf Pornografie überprüft, sagte Miller. Dem Unternehmen zufolge werden auch Texteinträge automatisch auf bestimmte Wortkombinationen gescannt, die etwa auf Gewaltverbrechen hinweisen könnten. Ansonsten würden Inhalte vor allem auf Meldung von Nutzern entfernt. Auch Moderatoren der Gruppen können sie löschen.
Konkurrenz zu „Secret“ und „Whisper“
Facebook beharrt in seinem Online-Netzwerk darauf, dass Nutzer sich mit ihren echten Namen anmelden müssen, auch wenn diese Regel oft lasch gehandhabt wird. Außerdem können zum Beispiel Transsexuelle sich ganz offiziell unter Namen ihrer Wahl registrieren. Zugleich gibt es jenseits von Facebook verstärkt Apps wie „Secret“ oder „Whisper“, die eine anonyme Nutzung versprechen.
„Rooms“ sei hauptsächlich in London von einem kleinen Team aus 10 bis 15 Leuten entwickelt worden, sagte Miller. Die Sensibilität für den Datenschutz sei maßgeblich von einem deutschen Mitarbeiter aus Mannheim eingebracht worden. Pläne, mit „Rooms“ Geld zu verdienen, gebe es noch nicht. Wenn es soweit kommt, wäre es für ihn aber wichtig, den Nutzern und Betreibern der Gruppen eine Möglichkeit zum Geldverdienen zu geben, sagte Miller. Der Facebook-Konzern finanziert sich über Werbung, die auf die Nutzer zugeschnitten wird.