Meterhoch liegt in den Straßen Schlamm, Häuser sind zerstört, der Schaden geht in die Millionen. Hunderte Helfer kämpfen in Genua gegen die Folgen des schweren Unwetters. Die Wut auf die Behörden ist groß.
Genua. Nach den heftigen Unwettern und Überschwemmungen fürchten die Behörden in Genua einen Schaden von Hunderten Millionen Euro. „Die erste Schätzung über die öffentlichen Schäden liegt bei 200 Millionen Euro“, sagte der Präsident der Region Ligurien, Claudio Burlando, laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Dazu sollen noch etwa 100 Millionen Euro an Schäden für Privatleute und Unternehmen kommen. Während am Sonntag Hunderte freiwillige Helfer mit dem Aufräumen begannen, blieb die Wut der Bürger auf die Behörden.
„Diesmal gab es nur eine Leiche. Aber ich frage mich, wie viele Menschen erst sterben müssen, bis die Regierung endlich etwas unternimmt“, klagt eine Anwohnerin der italienischen Hafenstadt.
Nach heftigem Regen und Unwettern waren seit Donnerstagabend mehrere Flüsse über die Ufer getreten, Stadtteile wurden überschwemmt. Ein Mann kam in den Wassermassen ums Leben, eine 27 Jahre alte Helferin brach am Sonnabend zusammen und wurde in ein Krankenhaus gebracht. Papst Franziskus sprach den Opfern Mut zu. „In diesem Moment sind unsere Gedanken bei der Stadt Genua, die so schwer von den Unwettern getroffen wurde. Ich bete für das Opfer und diejenigen, die schwere Schäden erlitten haben“, sagte er nach dem Angelus-Gebet.
Bürgermeister Marco Doria wurde von Anwohnern beschimpft. „Geh nach Hause“, riefen Menschen in den stark betroffenen Gebieten bei seinem Besuch. Weitere Beleidigungen folgten. Zuvor waren Vorwürfe laut geworden, die Behörden hätten nicht schnell genug reagiert und aus dem Unwetter von 2011 mit sechs Toten nicht gelernt. „Der Staat ist machtlos. In solchen Situationen ist er nicht in der Lage, das Leben seiner Bürger zu schützen“, gab Zivilschutzchef Franco Gabrielli zu.
Unterdessen kämpften freiwillige Helfer mit Spaten gegen den Schlamm und versuchen, die schlimmsten Schäden zu beseitigen. Die höchste Warnstufe zwei sollte noch bis Montagabend gelten, die Wetterlage entspannte sich am Sonntag etwas. Zwar regnete es weiter, neue Überschwemmungen gab es laut Ansa jedoch nicht.
Schulen bleiben vorerst geschlossen
Die Rettungskräfte waren im Dauereinsatz, auch Verstärkung aus anderen Gebieten war unterwegs. Hunderte Häuser mussten evakuiert werden, einige Schulen sollten auch am Montag noch geschlossen bleiben. Ein Erdrutsch machte die Bahnstrecke zwischen Genua und Ovada bis Samstagabend unpassierbar. Und auch bei den Verbindungen nach Turin und Mailand kam es zu Behinderungen, nachdem am Freitag ein Zug entgleist war. Die Polizei nahm zudem mehrere Männer fest, die nach der Katastrophe Geschäfte geplündert hatten.
Der Erzbischof von Genua, Angelo Bagnasco, besuchte die betroffenen Gebiete. „Genua hat reagiert, aber das reicht nicht. Es muss mehr getan werden“, kritisierte er, die Lage sei „dramatisch“.
Auch die italienische Fußball-Nationalmannschaft sprach den Opfern nach ihrem 2:1-Sieg in der EM-Qualifikation gegen Aserbaidschan ihr Mitgefühl aus. „Wir sind in Gedanken bei diesen Menschen, die dieses Drama durchstehen müssen“, erklärte Nationaltrainer Antonio Conte. „Wir sind bereit, alles zu tun, was möglich ist, um ihnen zu helfen.“
Doch die Frage bleibt, inwiefern die Nationalmannschaft und die Regierung bereit sind, zu helfen und Maßnahmen gegen derartige Wasserkatastrophen umzusetzen. Die Bewohner Genuas warten auf Antworten, ihre Geduld neigt sich jedoch dem Ende.