Die Zahl der Todesopfer am ausgebrochenen Vulkan Ontake hat einen traurigen Nachkriegsrekord erreicht. Möglicherweise gibt es jedoch noch weitere Wanderer, die bislang nicht gefunden worden sind.
Nagano. Vier Tage nach dem Vulkanausbruch in Japan haben Helfer die Leichen von zwölf weiteren Bergwanderern entdeckt. Damit stieg die Zahl der Todesopfer auf mindestens 48, wie der öffentlich-rechtliche Sender NHK am Mittwoch unter Berufung auf die Behörden berichtete. Unklarheit herrschte nach wie vor über die Zahl der Vermissten am Vulkan Ontake, weshalb ein weiterer Anstieg der Opferzahl befürchtet wurde.
Mit den neuen Todesopfern ist der Vulkanausbruch vom Samstag der folgenschwerste in Japan seit dem Zweiten Weltkrieg. 1991 waren 43 Menschen ums Leben gekommen, als der Vulkan Unzen ausgebrochen war.
Bis Sonntag waren 36 Leichen entdeckt worden, von denen aber noch nicht alle geborgen werden konnten, weil giftige Gase und die Gefahr weiterer Eruptionen die Rettungskräfte immer wieder zwangen, ihre Arbeit zu unterbrechen. Am Mittwoch gelang es einigen der mehr als tausend Helfer, 14 weitere Leichen ins Tal zu transportieren. Mit Einbruch der Dunkelheit wurden die Such- und Bergungsarbeiten wieder unterbrochen.
Auch am Mittwoch warnte die Wetterbehörde, die Eruption sei immer noch im Gange. Am Morgen sei Rauch aus dem Vulkan ausgetreten.
Zur Zahl der Vermissten gab es nach wie vor keine genauen Angaben. „Wir gehen davon aus, dass noch Menschen vermisst werden, aber wir wissen nicht, wieviele“, sagte ein Vertreter der Katastrophenschutzbehörde der Präfektur von Nagano. Zuvor hatte der Sender NHK berichtet, dass Rettungskräfte weitere Leichen gesichtet hätten, aber noch keinen Zugang zu ihnen gefunden hätten.
Wie die Zeitung „Asahi Shimbun“ unter Berufung auf einen örtlichen Tourismusverband berichtete, waren zum Zeitpunkt des Vulkanausbruchs 327 Bergwanderer offiziell registriert. Normalerweise meldeten sich aber nur zehn bis 20 Prozent der Bergsteiger in der Hochsaison an, hieß es. Die Rettungskräfte hoffen nun, dass viele derjenigen, die bis jetzt nicht kontaktiert werden konnten, schlicht vergessen haben, sich nach dem Unglück als unversehrt zu melden.
Die Präfektur bat auf ihrer Website um Informationen über den Verbleib von Bergwanderern, die auf der offiziellen Liste stehen. Die örtliche Feuerwehr sprach von 71 Vermissten, während die Polizei nach Angaben eines Sprechers hunderte Meldungen über Menschen erhielt, deren Schicksal unbekannt war.
Die Obduktion der ersten zwölf Toten ergab, dass die Opfer alle durch Felssteine erschlagen wurden, die der Vulkan durch die Luft geschleudert hatte. Luftaufnahmen zeigten, dass die Brocken auch das Dach einer Berghütte durchschlugen, in die sich vermutlich Wanderer geflüchtet hatten.
Der 3067 Meter hohe Vulkan Ontake war am Samstag ausgebrochen. Seitdem durchkämmen rund tausend Soldaten, Polizisten und Feuerwehrleute das von einer zentimeterhohen Ascheschicht bedeckte Unglücksgebiet nach den Opfern. Hubschrauber unterstützen die Rettungskräfte.
Hunderte Wanderer, die vom Gipfel aus die spektakuläre Aussicht zum Herbstanfang genießen wollten, waren am Samstag von dem plötzlichen Asche- und Steinregen überrascht worden. Der Ontake gehört zu Japans knapp 110 aktiven Vulkanen, sein letzter großer Ausbruch liegt 35 Jahre zurück. Das Auswärtige Amt in Berlin rief am Dienstag zu besonderer Vorsicht und Wachsamkeit bei Aufenthalten in der Region auf.