Die Proteste nach dem Tod eines schwarzen Teenagers flammen gut eine Woche nach der Tat in der Nacht zu Sonnabend wieder auf. Die Behörenden haben den Name des Schützen veröffentlicht.
St. Louis. Nach den tödlichen Schüssen auf den schwarzen Teenager Michael Brown hat es in der Nacht zum Samstag in Ferguson erneut Proteste gegeben. Anwohner der US-Kleinstadt im Bundesstaat Missouri blockierten Medien zufolge eine Durchfahrtsstraße mit Barrikaden. Einige Demonstranten sollen mit Glasflaschen auf Polizisten geworfen haben, berichtete die „New York Times“. Die Polizei versuchte mit Durchsagen, die Demonstranten zur Aufgabe zu bewegen. Den Angaben zufolge wurden einige Geschäfte geplündert. Die Proteste flammten wieder auf, nachdem sich die Lage in Ferguson am Freitag kurzzeitig beruhigt hatte.
Knapp eine Woche nach dem Todesfall in Ferguson hat die Polizei den Namen des Schützen veröffentlicht. Maßnahmen gegen Darren Wilson, der seit sechs Jahren für die Polizei der Kleinstadt im US-Staat Missouri arbeitet, habe es bislang nicht gegeben, sagte Polizeichef Tom Jackson am Freitag. Wie es zu den umstrittenen Todesschüssen kam, erläuterte er nicht. Die Polizei hatte Wilsons Namen tagelang unter Verschluss gehalten, was ihr Kritik von mehreren Seiten einbrachte.
Anwohner Fergusons hatten schon in der Nacht zum Freitag erneut protestiert und eine umfassende Aufklärung des Falls gefordert – ohne dass es zu Gewalt kam. US-Medien sprachen von einer friedlichen Nacht in der 21.000-Einwohner-Stadt, nachdem Gouverneur Jay Nixon die örtliche Polizei nach tagelangen Auseinandersetzungen mit Demonstranten abzog und durch die Polizei des Bundesstaates ersetzte. Diese Schritte führten vorerst zu einer Deeskalation.
Der neue Befehlshaber Ron Johnson marschierte mit der Menge und stellte sich den Fragen von Bewohnern und Journalisten. Zuvor war die Polizei schwer bewaffnet und mit Panzerwagen angerückt und hatte die Lage dadurch angeheizt. Die sogenannte „Highway Patrol“, die nun in Ferguson im Einsatz ist, überwacht vor allem den Verkehr, ermittelt aber auch bei Straftaten wie Mord und Diebstahl.
In zahlreichen anderen Städten der USA gingen die Menschen auf die Straße, um ihre Solidarität mit dem getöteten Michael Brown zu zeigen und sich gegen Polizeigewalt zu wenden, darunter in New York, Detroit, Chicago, Orlando und Los Angeles. Zum gemeinsamen Erkennungszeichen wurden die erhobenen Hände der Demonstranten, die darauf anspielten, dass auch der erschossene Brown die Hände vor seinem Tod gehoben haben soll.
Auf Twitter machte ein Foto der Howard University in Washington die Runde, auf dem Hunderte Studenten mit erhobenen Händen zu sehen sind. Unter dem Hashtag #NMOS14 wurde auf Twitter zu einer landesweiten Schweigeminute aufgerufen.
Fergusons Polizeichef Thomas Jackson räumte unterdessen ein, zu hart gegen Demonstranten vorgegangen zu sein. „Ich gebe zu, dass ich Fehler gemacht habe“, sagte er CNN am Freitag. Er stellte aber klar, dass bei den Einsätzen mit Gummigeschossen, Tränengas und Rauchbomben kein Protestler verletzt worden sei. Das FBI kündigte eine Untersuchung an.
Die Polizei von Ferguson war in den vergangenen Tagen mehrfach für ihr hartes Vorgehen kritisiert worden. Nachdem ein weißer Polizist am vergangenen Sonnabend einen schwarzen Teenager erschossen hatte, kam es in den folgenden Nächten zu Protesten, Plünderungen und Festnahmen.
Zunächst hatten die Polizisten sich zurückgehalten, dann gingen sie aber schwer bewaffnet und mit Tränengas und Rauchbomben vor, um Proteste aufzulösen. Auch Gummigeschosse wurden eingesetzt. Journalisten wurden schikaniert oder von der Berichterstattung abgehalten. Mindestens zwei Reporter wurden gewaltsam festgenommen. Mehrfach war von Verstößen gegen die Pressefreiheit die Rede.
Am Donnerstag hatte dann US-Präsident Barack Obama die empörten Einwohner von Ferguson zur Besonnenheit aufgerufen. „Es ist an der Zeit für Ruhe und Frieden in den Straßen von Ferguson“, hatte er gesagt. Zwar gebe es „keine Entschuldigung“ für Angriffe auf Polizisten, aber eben auch nicht für „exzessiven Gewalteinsatz gegen friedliche Proteste“. US-Justizminister Eric Holder sagte, Plünderungen seien nicht hinnehmbar. Zugleich müsse die Polizei darauf hinwirken, die Lage zu entspannen und nicht anzuheizen. Der Einsatz militärischer Ausrüstung und Fahrzeuge habe eine widersprüchliche Botschaft gesandt, die ihn zutiefst besorge.
Der 18-jährige Michael Brown soll nach Polizeiangaben seinen Todesschützen am Sonnabend vor einer Woche bei einer Auseinandersetzung in sein Dienstfahrzeug gedrängt haben. Augenzeugen hatten dagegen berichtet, der Jugendliche habe sich kurz vor seinem Tod ergeben und die Hände in die Höhe gehalten. Brown sei unbewaffnet gewesen.
Die ungewöhnlich schwere Bewaffnung der Polizei in Ferguson ist kein Einzelfall. Polizeistationen können sich dank eines Programms des Verteidigungsministeriums kostenlos militärische Ausrüstung zulegen. Das sogenannte 1033-Programm ermöglicht den kostenfreien Transfer überschüssigen Materials vom Pentagon an die Polizei in Gemeinden und Bundesstaaten. Darunter sind schwere Waffen wie Granatwerfer und gepanzerte, gegen Landminen geschützte Fahrzeuge, die auch in Ferguson zum Einsatz kamen.
Seit Beginn des Programms im Jahr 1997 ist dem Pentagon zufolge Ausrüstung im Wert von mehr als 4,3 Milliarden Dollar (3,2 Milliarden Euro) an die Polizei in Gemeinden und Bundesstaaten abgegeben worden.