Die Bluttat im Jüdischen Museum rief weltweit Entsetzen hervor. Ein Mann hatte mit einer Kalaschnikow um sich geschossen. Nun erlag ein viertes Opfer seinen Verletzungen. Auch in Paris wurden Männer in jüdischer Kleidung angegriffen.
Brüssel/Jerusalem. Bei einem Attentat im Jüdischen Museum von Brüssel am Sonnabend sind vier Menschen getötet worden. Unter den Toten befanden sich ein israelisches Touristenpaar sowie eine Französin. Ein 20-jähriger Museumsmitarbeiter erlag am Sonntagnachmittag seinen schweren Verletzungen.
Die Tat rief weltweit Proteste hervor, besonders in Israel und bei Repräsentanten des Judentums. Papst Franziskus, der sich derzeit in Israel aufhält, sprach von einem „brutalen Angriff“ und betete für die Opfer. Israels Staatspräsident Schimon Peres und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erwähnten die Bluttat in ihren Ansprachen beim Empfang des Papstes und verlangten ein entschlossenes Vorgehen gegen Antisemitismus.
Am Sonnabendnachmittag hatte ein Mann in das Museum im Stadtzentrum Brüssels betreten und wahllos um sich geschossen. Anschließend flüchtete er mit einem vor dem Gebäude geparkten PKW. Augenzeugen notierten das Kennzeichen; der Täter ist jedoch offenbar weiter flüchtig. Eine zweite Person wurde noch am Samstagabend vernommen; sie soll sich nach der Schießerei rasch zu Fuß vom Museum entfernt haben. Sie sei jedoch als Zeuge angehört worden und inzwischen wieder auf freiem Fuß, hieß es.
Die Hintergründe der Bluttat waren auch am Sonntag noch unklar. Innenministerin Joelle Milquet sprach von einem mutmaßlichen antisemitischen Hintergrund. Sie wolle jedoch nicht den Ermittlungen vorgreifen. Ein Justizsprecher erklärte, der Täter habe „wahrscheinlich allein gehandelt“ und sei „gut vorbereitet“ gewesen. Der Präsident des Israelitischen Zentralrates Belgiens, Julien Klener, erklärte, es habe zuletzt keine Drohungen gegen das Museum gegeben. Normalerweise gelten jüdische Einrichtungen in Belgien als gut bewacht.
Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums sprach den belgischen Behörden sein Vertrauen in die Ermittlungen aus. Zugleich erklärte Ministerpräsident Netanjahu, die Tat von Brüssel sei Ergebnis einer „permanenten Anstachelung zum Hass“ gegen Juden und gegen Israel. Ständig würden Verleumdungen und Lügen gegen Israel verbreitet, während zugleich „Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Mordtaten in unserer Region systematisch ignoriert“ würden.
Am Sonntag telefonierte Netanjahu mit seinem belgischen Amtskollegen Elio di Rupo, der ihn über den Stand der Ermittlungen informierte. Via Twitter forderte Netanjahu, Europa müsse eine klare Botschaft der „Null-Toleranz gegen Antisemitismus gegenüber Juden und ihrem Staat“ aussenden.
Ausdrücklich dankte Israels Ministerpräsident Papst Franziskus für dessen „klare Haltung gegen Antisemitismus“. Der derzeitige Papstbesuch sei eine Gelegenheit, der Welt „das wahre Israel zu zeigen, das fortschrittliche, moderne und tolerante Israel“, erklärte er mit Blick auf jüngste Übergriffe radikaler Siedler auf christliche Einrichtungen.
Der Vorsitzende des Europäischen Jüdischen Kongresses, Moshe Cantor, erklärte, auch wenn noch Informationen über die Hintergründe fehlten, sei man sich über die „permanente Bedrohung jüdischer Ziele in Belgien und ganz Europa“ bewusst. Der Vorfall sei „ein klares Beispiel, wohin Hass und Antisemitismus führen“.
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sagte, sollte sich ein antisemitischer Hintergrund herausstellen, wäre das ein weiterer trauriger Höhepunkt antisemitischer Gewaltexzesse in Europa. Ihrer Ansicht nach ist seit einigen Jahren in Europa eine Zunahme „offen artikulierter Judenfeindlichkeit feststellbar“. Angesichts dessen seien gewalttätige antisemitische Übergriffe nur eine Frage der Zeit.
Unterdessen wurden wenige Stunden nach der Brüsseler Tat in der Pariser Vorstadt Creteil zwei Männer in jüdischer Kleidung tätlich angegriffen. Nach Angaben des französischen Innenministeriums ereignete sich der Übergriff am Samstagabend am Ausgang der Synogoge. Bernard Cazeneuve verurteilte die Tat scharf.