Die Regierung von Westaustralien hat grünes Licht für die Jagd auf die Raubfische gegeben – Tierschützer protestieren. Auch Tiger- und Bullenhaie, die größer als drei Meter sind, stehen auf der Abschussliste.

Melbourne. Es wird ernst für die Haie an der Westküste Australiens. Nach sieben tödlichen Angriffen auf Menschen innerhalb von drei Jahren hat die Regierung von Westaustralien grünes Licht für die Jagd auf die Raubfische gegeben – auch auf den Weißen Hai. Eine vorübergehende Ausnahmegenehmigung erlaubt nun auch die Tötung von Tieren der Art, deren Bestand als gefährdet gilt.

Doch auch Tiger- und Bullenhaie, die größer als drei Meter sind, stehen auf der Abschussliste. An acht beliebten Stränden wurden einen Kilometer vor der Küste Leinen mit Angelhaken und Ködern ausgeworfen. Beißen die Raubfische an, werden sie erschossen, der Kadaver wird seinen Artgenossen zum Fraß vorgeworfen. Zuletzt Ende November war einem Surfer vor der westaustralischen Küste von einem Hai der linke Arm abgerissen worden. Der Mann starb noch im Wasser.

Am Sonntag hatten die Haijäger erstmals Erfolg: Ein drei Meter langer weiblicher Tigerhai war an der Küste vor Meelup Beach an den Haken gegangen. Ein Fischer tötete den gefräßigen Raubfisch mit vier Schüssen in den Kopf.

Die Haijagd ist auf dem Fünften Kontinent jedoch hoch umstritten: „Ich weiß, dass viele Australier im Westen, die den Ozean lieben, einen besseren Schutz vor gefährlichen Haien an diesen Stränden wollen“, sagte jüngst der Ministerpräsident von Westaustralien, Colin Barnett. Er meint auch für Taucher, Surfer, Schwimmer und Familien an der Küste zu sprechen – unter diesen sind jedoch viele, die entsetzt sind über das Vorgehen der Behörden. Und vor allem Tierschützer kritisieren die neue Regelung. Nach dem ersten Abschuss sprach Piers Verstegen von der Umweltschutzorganisation Conservation Council von einem „traurigen Tag“ für alles Leben im Meer und für Tausende Menschen in Westaustralien, die gegen den Abschuss bedrohter Haie seien.

Andere Organisationen wollen die Haijagd aktiv verhindern: „Wir sind vorbereitet, zu tun, was immer auch nötig ist, um diese Jagd auf friedliche Weise zu stoppen“, sagte Simon Peterffy von der Marine Response Unit, einer Aktivistengruppe, die sich gegen die Haijagd engagiert. Peterffy, ein Veteran unter den Umweltschützern, der auch schon im Gefängnis saß wegen seines Kampfes gegen die Abholzung von Wäldern, sagte, er sei überwältigt von der Unterstützung, die er für sein Engagement gegen die Haijagd erfahren hat. „Wir haben rund 20 Skipper mit eigenen Booten, die Teil einer Flotte sind und alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um die gefangenen Tiere zu befreien“, sagte Peterffy. Einen ersten kleinen Erfolg haben die Tierschützer bereits errungen. Die von der Regierung beauftragten Unternehmen, die die Leinen samt Köder ausbringen sollten, schmissen den Job. Nun müssen die zuständigen Behörden selbst die große Haihatz in die Hand nehmen.

Demonstranten beschimpfen den Regierungschef in der Öffentlichkeit

Ministerpräsident Barnett wurde bei einem öffentlichen Auftritt am Sonntag von einem Demonstranten beschimpft. Es sei für ihn „keine Freude“, wenn Haie abgeschossen würden, sagte der Regierungschef. Seine Verantwortung, die Menschen in Westaustralien zu schützen, sei jedoch „vorrangig“. Große und aggressive Haie in der Nähe von Strandbesuchern seien eine „unmittelbare Gefahr“.

Doch es gibt Zweifel, ob der von den Behörden eingeschlagene Weg wirklich zum Erfolg führt. So zeigten Studien eines US-Programms zu Haitötungen, die vor etlichen Jahren vor Hawaii stattfanden, dass es dort trotz der Tötung von rund 4500 Haien keine Veränderung bei der Zahl der Angriffe auf Menschen gab. „Weiße Haie und Tigerhaie sind überaus mobile Arten. Eine begrenzte Tötung würde daher wahrscheinlich keine nachweisbare Veränderung erbringen hinsichtlich des ohnehin schon geringen Risikos, von ihnen gebissen zu werden“, sagte der Meeresbiologe Carl Meyer von der Universität Hawaii jüngst im australischen Fernsehen.

Tierschützer Petterfy weist noch auf ein weiteres Problem hin. „Es geht nicht darum, dass die Leute nicht wollen, dass Haiangriffe gestoppt werden. Aber diese riesigen Fleischköder vor der Küste können das Risiko eines Angriffs möglicherweise erhöhen.“ So könnten große Fischschwärme angelockt werden, die wiederum von Haien verfolgt würden.

Auch ein junger Mann namens Damon Kendrick spricht sich gegen die Haijagd aus. Seine Meinung hat deshalb besonderes Gewicht, weil er einst als 14-Jähriger beim Angriff eines Bullenhais einen Teil seines rechten Beins verlor. Kendrick ist der Ansicht, dass man nicht in die natürliche Ordnung des Meeres eingreifen dürfe. „Ich habe nie dem Hai die Schuld gegeben“, sagte der junge Mann unlängst. „Damals ist die Population der Bullenhaie geradezu explodiert. Ein Grund war, dass zu jener Zeit aktiv Jagd auf Weiße Haie gemacht wurde. Dadurch, dass der größte Raubfisch quasi aus dem Rennen genommen wurde, entstand ein Vakuum. Dieses hat der Bullenhai dann gefüllt.“