Umfrage der DAK Gesundheit zeigt, dass die Bürger dem Töten auf Verlangen offener gegenüberstehen als Experten. Doch die meisten kennen die Regeln bei Sterbehilfe überhaupt nicht.
Hamburg. Mehr als zwei Drittel der Menschen in Deutschland sprechen sich nach einer aktuellen Umfrage für Sterbehilfe aus. Bei einer schweren Erkrankung möchten 70 Prozent der Befragten die Möglichkeit haben, etwa auf ärztliche Hilfe bei der Selbsttötung zurückzugreifen, wie die Krankenkasse DAK-Gesundheit in Hamburg mitteilte. 22 Prozent der Befragten lehnen dies für sich ab.
Ostdeutsche (82 Prozent) wünschen sich häufiger die Möglichkeit der Sterbehilfe als Westdeutsche (67). Die Kasse hat die repräsentative Forsa-Studie mit 1005 Befragten in Auftrag gegeben.
In Deutschland wird schon lange über eine gesetzliche Neuregelung der Sterbehilfe debattiert. Über ein Verbot gewerbsmäßiger Sterbehilfe wird der Bundestag voraussichtlich ohne Fraktionszwang entscheiden. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat sich bereits für eine Bestrafung jeglicher geschäftsmäßiger Hilfe zur Selbsttötung ausgesprochen.
In der Umfrage wurde nach aktiver Sterbehilfe gefragt. Damit ist der Definition nach die Tötung auf Verlangen gemeint, also etwa die Verabreichung eines tödlichen Medikaments. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten, Beihilfe zum Suizid dagegen nicht. Wer einem Todkranken beispielsweise Gift nur besorgt, macht sich also nicht strafbar.
Verboten ist jedoch die Mitwirkung eines Arztes bei der Selbsttötung eines Patienten. Innerhalb der EU ist Sterbehilfe in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg erlaubt.
Dass der Bundestag – wie geplant – das Thema gesetzlich neu regelt, stößt nach den Ergebnissen der Umfrage auf breite Zustimmung. 79 Prozent der Befragten finden es gut, wenn sich der Bundestag mit dem Thema Sterbehilfe beschäftigt. Vor allem die 14- bis 29-Jährigen (86 Prozent) unterstützen den Plan.
„Die Ergebnisse zeigen, dass die Politik ein Thema diskutiert, das die Menschen sehr bewegt“, erklärte DAK-Vorstandschef Herbert Rebscher. „Es wird aber auch deutlich, dass es noch weiteren Aufklärungsbedarf gibt.“ Denn laut Umfrage fühlt sich die Mehrheit der Befragten „weniger gut“ (41 Prozent) oder „überhaupt nicht gut“ (16 Prozent) über die derzeit geltenden Regelungen bei der Sterbehilfe informiert. „Sehr gut“ im Bilde sehen sich nur acht Prozent, 35 Prozent „gut“.
Ein Viertel der Befragten (26 Prozent) nutzt die bereits bestehende gesetzliche Regelung der Patientenverfügung. Darin geht es um den Willen des Patienten, ob und wie Ärzte bei schweren Krankheiten lebenserhaltende Maßnahmen einsetzen. Weitere 48 Prozent der Befragten planen, eine Patientenverfügung zu verfassen. 23 Prozent wollen keine.
Nach einem Bericht der ARD-Sendung Report Mainz hat es im vergangenen Jahr in Deutschland mindestens 155 Fälle von begleiteten Suiziden bei Schwerstkranken gegeben. Geholfen haben dabei zwölf Sterbehelfer, die überwiegend anonym tätig sind. Darunter seien Ärzte wie der Berliner Urologe Uwe Christian Arnold, der Verein „Sterbehilfe Deutschland“ und ein pensionierter Pädagoge. Der Gründer des Vereins „Sterbehilfe Deutschland“, der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch, hatte erklärt, sein Verein habe im vergangenen Jahr 40 Menschen beim Suizid geholfen.