Augsburg Als der Hamburger Danijel Peric nach der Auswertung der Zeitlupe aufatmen konnte, als er wusste, dass er den zum Wettgewinn benötigten Tennisball in buchstäblich letzter Sekunde mit seinem Samuraischwert zerteilt hatte, war klar: Die Weihnachtsausgabe von „Wetten, dass..?“ war ein Erfolg. Zumindest aus der Sicht von Peric und den anderen Kandidaten. Die Quote fiel mit 6,88 Millionen Zuschauern besser als beim letzten Mal aus, aber von den Bestwerten vergangener Tage bleibt man weit entfernt.
Der Jetski-Hüpfer Alexander Jarc, die ABBA-Rater Regina und Ralf Grafunder, der Slackline-Artist Friedrich Kühne und die Buchstabenjongleuse und spätere Wettkönigin Nina Kaimer konnten sich aber ehrlich freuen: Samt und sonders erfüllten sie die sich selbst auferlegten Aufgaben. Und boten gleichsam einen repräsentativen Querschnitt der in der Show beliebtesten Wettkategorien. Aus der Reihe geistige und körperliche Höchstleistungen kamen das Herumturnen auf einem schmalen Seil, um mit dem so entstehenden Luftzug Kerzen auszupusten, Rückwärtssalti mit dem Jetski und die in der Luft zerteilten Tennisbälle zum Zuge. Dazu die Kinderwette der Erlanger Lateinklasse, die Vokabeln nur am Geräusch der über die Tafel kratzenden Kreide erkannte. Das Staunen über geistige Inselbegabungen bediente die Augsburgerin Kaimer, indem sie es schaffte, in kürzester Zeit Wörter zu zerlegen und die Buchstaben in alphabetischer Reihenfolge wiederzugeben – natürlich ohne Stift und Papier. Und „Wetten, dass..?“ wäre natürlich nicht komplett ohne eine Aufgabe aus der Kategorie „Wie zum Himmel kommt man auf so was?“. Die zu erratenden Songs von ABBA wurden nämlich von Herrn Grafunder mittels Knäckebrotknabbern vorgeknuspert. Und Frau Grafunder zeigte sich sichtlich erfreut darüber, dass sie unter den Augen ihres Idols, des milde lächelnden Stargastes und einstigen ABBA-Mitglieds Björn Ulvaeus, die Wette gewinnen konnte.
Überhaupt, die Gäste: Auch auf der Couch herrschte eitel Wohlfühlstimmung. Die Wettpaten mussten keine albernen Aufgaben lösen, stattdessen wurden sie beschenkt. Zwar hätte die Redaktion vielleicht etwas weniger „Kreativität“ bei der Auswahl der Präsente an den Tag legen können. Ina Müller Rosen- und Frittenduft ins Paket zu legen, weil sie irgendwann einmal gesagt haben soll, dass ihre Lieblingsinsel Sylt so riechen würde, Bullys angeblichen Kindertraum Fußballweltmeister mit einem Weltpokal aufzugreifen oder dem Vorzeige-Ostler Wolfgang Stumph mit einem Paket voller DDR-Memorabilia (und einem Dortmund-Trikot) zu bescheren, nun ja. Aber alle freuten sich pflichtschuldigst. Sogar das Ehepaar Becker, dass mit Mainzelmännchen-Christbaumkugeln bedacht wurde. Das größte Geschenk machte sich Michelle Hunziker allerdings selber: Sie bewies, dass die Show mit ihrer Co-Moderation (ihre Wettschuld aus dem Sommerspecial) besser, flüssiger läuft als ohne sie. Wann immer Lanz ins diskursive Straucheln geriet, sprang sie mit breitem Lächeln in die Bresche. Das Teamwork sorgte für eine Lockerheit in den Gesprächen, die Lanz allein meist nicht zustande bringt. Dazu kamen zwei fröhlich-harmlose Musik-Acts: Michael Bublé und Frida Gold.
Also alles eitel Sonnenschein im Mainzelmännchenland? Nicht ganz. Für einen bitteren Beigeschmack sorgte die Stadtwette, die den Augsburgern gestellt wurde. Als Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer, sollten sich mindestens 25 Paare kostümieren. Das wäre ja für sich genommen nicht weiter tragisch. Die beiden Michael-Ende-Charaktere sind schließlich die wohl bekanntesten Marionetten der „Augsburger Puppenkiste“. Doch diesen Aufruf mit der Empfehlung zu verbinden, die Jims mögen sich doch das Gesicht einfach mit Schuhcreme, Schminke oder Kohle schwärzen, das war ein echter Fehlgriff, der irgendjemandem während der Planung der Sendung hätte auffallen müssen.
Einfach davon auszugehen, dass in einer schwäbischen Großstadt mit fast 300.000 Einwohnern nicht einmal 25 Menschen mit afrikanischen Wurzeln leben, ist schon merkwürdig genug. Und dazu auch noch im Rückgriff auf längst vergessene Theatertraditionen, die ungute Erinnerungen an Zeiten wecken, zu denen Afrikaner als Menschen zweiter Klasse galten, zum Übermalen der Hautfarbe aufzurufen, ist einer weltoffenen und multikulturellen Gesellschaft nicht würdig. Zumal sich Lanz gerade gefangen hatte und Fahri Yardim nicht mit irgendwelchen irrelevanten Fragen nach dem familiären Hintergrund belästigte, so, wie er es einen Monat zuvor mit Elyas M’Barek tat. Schade, es hätte die – im Vergleich – beste „Wetten, dass..?“-Folge unter der Ägide von Markus Lanz werden können.