Der Kapitän der Nationalelf im Gespräch mit Ex-Bischöfin Margot Käßmann über Kritiker und wie man mit ihnen umgeht. Philipp Lahm träumte von Lothar Matthäus.
Hamburg. Einer wie Bayern-Idol Philipp Lahm muss es ja wissen. Der Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmanschaft warnt insbesondere junge Profis davor, sich im Internet die Bewertungen der Spielleistungen anzusehen. „Ich habe nie richtig damit angefangen zu lesen, was im Internet über mich steht. Die Note im Sportteil schaue ich mir an. Aber die Kommentare unter den Berichten? Nie lesen!“, sagte Lahm, 29, in einem Doppel-Interview mit der früheren Bischöfin Margot Käßmann für die Zeitschrift „Chrismon“.
Auch Käßmann, die nach einer Trunkenheitsfahrt vom Amt der obersten Protestantin Deutschlands zurücktrat, hat Verständnis: „Das muss doch eine psychische Belastung sein, das alles zu lesen.“ Im Netz werde jede Menge Häme und Kritik über jungen Spielern ausgekübelt, waren sich beide einig. Käßmann, 55, hat deshalb eine hohe Affinität zum Thema, weil sie eine Trauerandacht für Nationalmannschafts-Torwart Robert Enke hielt, der sich als Folge seiner schweren Depression im November 2009 das Leben nahm.
Käßmann und Lahm sprechen außerdem über ihr Engagement für Hilfebedürftige und die Schwierigkeiten von Teams – auch im Umgang mit Medien und der Öffentlichkeit im Allgemeinen. Lahm nannte den Fall seiner Mitspielers beim FC Bayern, Breno. Dieser habe durch die Brandstiftung, die er begangen habe, eine Haftstrafe bekommen. Breno sei aber nicht mit der Situation fertig geworden, mit 17 Jahren aus Brasilien zu kommen und den Konkurrenzdruck in einem Profiteam wie dem FC Bayern zu spüren. „Ich mag am FC Bayern, dass er Spielern, die Schwierigkeiten haben, hilft.“ Breno arbeitet zurzeit in der Geschäftsstelle des Clubs.
Käßmann sagte, sie habe „den Fehler gemacht“, die Kommentare zu lesen – und sei angewidert gewesen. Die engagierte Kirchenfrau sagte, sie könne nicht verstehen, dass man im Internet jemanden anonym beschimpfen könne.
Der Kapitän der Nationalelf enthüllte außerdem, dass der gesamte Tross mit Trainer Joachim Löw aus 50 Männern und zwei Frauen bestehe. „Ohne Regeln wüsste ich nicht, wie das enden würde.“ Löw sei bereit, auch auf die Freizeiwünsche der Spieler einzugehen und die starre Logistik auch einmal spontan abzuändern. Und Lahm verriet, wer sein Fußballheld war, als er fünf war: „Lothar Matthäus mit dem WM-Pokal in Rom – das war ein Traum.“