Prinz George Alexander Louis of Cambridge ist jetzt eine Woche alt. Zeitgleich mit dem Royal Baby wurden weltweit 360.000 Kinder geboren. Auf sie wartet anderes als der britische Thron.
New York. Taymaa, Lucia, Qianqian und Antonio David haben ihr Leben lang etwas gemeinsam mit dem Royal Baby George Alexander Louis of Cambridge, Sohn von Prinz William und seiner Kate: Sie feiern am selben Tag ihren Geburtstag. Und noch etwas eint sie – alle wurden von ihren Eltern mit großer Sehnsucht erwartet. Allerdings trennt sie auch vieles. So haben die Neugeborenen aus Syrien, Nigeria, Mexiko, Peking und den USA völlig andere Startbedingungen als der kleine George, der in einem Palast aufwachsen und womöglich einmal britischer König werden wird.
Taymaa zum Beispiel, die in einem Flüchtlingslager in Jordanien zur Welt kam. Eigentlich hätte sie Schymaa heißen sollen, der arabische Begriff für „gute Eigenschaften“. Dann aber entschieden sich ihre Eltern, die vor sechs Monaten aus Syrien flüchteten, für Taymaa – es bedeutet auf Arabisch „Wüste“. Die Wüste sei alles gewesen, woran er gedacht habe, als er seiner Tochter den Namen gegeben habe, sagt Ali Schteiwi. Der Name sei eine Erinnerung an die schwierigen Zeiten, die die Familie durchgemacht habe. Mit dem Baby auf dem Arm stand er sechs Stunden in der prallen Sonne an, um es bei der Uno-Flüchtlingsbehörde registrieren zu lassen. Die Familie ist, seit sie im Lager Saatari lebt, auf Lebensmittelspenden der Uno angewiesen.
„Wenn wir hier zehn Jahre oder länger bleiben müssen – was für ein Leben wird meine Tochter haben?“, sorgt sich Ali. Auch die Mutter Walaa wünscht sich eine bessere Zukunft für ihr Kind. „Ich träume davon, meine Tochter aufwachsen zu sehen und dass sie vielleicht eine Ärztin oder so etwas wird“, sagt die 20-Jährige. „Ich möchte sie als Braut sehen, aber nicht hier in Saatari.“ Am liebsten würde sie sich bei ihrer Tochter entschuldigen: „Ich möchte ihr sagen: Verzeih' mir, dass ich Dich hierher gebracht habe.“
ie Geburt des Kindes von Naimot Alabi ist ein kleines Wunder: Es ist das vierte Baby der Nigerianerin – und das erste, das überlebt hat. Selbst in einem Land mit einer hohen Säuglingsterblichkeit wie in Nigeria ist dies ungewöhnlich. So kann die 36-Jährige auch nicht aufhören zu lächeln, während sie den kleinen Jungen im Arm hält. Einen Namen wird er der Tradition gemäß erst eine Woche nach der Geburt bekommen.
„Ich wünsche mir für ihn eine gute Ausbildung. Aber das ist schwer in Nigeria, wenn man sich keine Privatschule leisten kann“, sagt sie. Das Erste, was sie ihrem Baby kaufen werde, sei ein Moskitonetz, um ihn vor Malaria zu schützen, betont sie. Gerne würde sie ihm viel Spielzeug schenken, aber sie habe im Dezember ihren Job verloren, bedauert die junge Mutter. Ihren Mann Abdul Rasheed Alabi plagen andere Sorgen: „Lasst uns dafür beten, dass wir Strom haben, wenn wir mit ihm nach Hause kommen“, sagt er. Mehrere Kanister Wasser habe er bereits besorgt – im Haus der Familie in Lagos gibt es kein fließendes Wasser. Der nächste Brunnen ist drei Straßen entfernt.
Solche Probleme wird Lucia Galvan Millet nicht haben: Ihre Mutter Malu Millet arbeitet als Managerin bei dem Konzern Unilever in Mexiko-Stadt, ihr Vater Alejandro Galvan ist Ingenieur. Beide gehören zur oberen Mittelschicht in Mexiko, die kleine Tochter kam in einer Privatklinik zur Welt, ein Kindermädchen wird den Eltern bei der Betreuung zur Hand gehen. Ganz sorglos blicken Malu und Alejandro dennoch nicht in die Zukunft: „Ich hatte eine wundervolle Kindheit mit viel Freiheiten“, sagt der Vater. „Es gab noch nicht so viele Bedrohungen wie heute. Es gab keine Drogen.“ Ihm seien niemals Drogen angeboten worden, berichtet er. „Sie wird mit Sicherheit die Gelegenheit haben, Drogen auszuprobieren, und vielleicht wird sie auch welche nehmen.“
Bei Qianqian steht schon eines fest: Sie wird ein Musikinstrument lernen müssen. Was für einen Beruf sie ergreifen werde, sei ihre Sache, sagt Liang Chen aus Peking. „Aber Musik ist ein Muss. Es wird sie Ausdauer lehren.“ Qianqian wird entsprechend der Ein-Kind-Politik in China vermutlich als Einzelkind aufwachsen. „Ihr Leben wird besser sein als unseres, weil mehr Geld da ist“, erklärt die Mutter, die 31-jährige Fan Lina. Vater Lian wünscht sich für sein Kind eine gute Ausbildung. „Alles ist gut, wenn sie im Ausland mit Stolz sagen kann, sie sei eine Bürgerin Chinas“, meint er.
Die Geburt ihres Sohnes hat sogar den Berufswunsch von Tori Iacoviello aus Waterbury im US-Staat Connecticut beeinflusst. Eigentlich wollte die 20-Jährige nach der Geburt eine Ausbildung als Zahnarzthelferin machen, jetzt denkt sie darüber nach, Hebamme zu werden. Tori wird Antonio Daniel alleine großziehen. „Ich will, dass er glücklich ist. Dann werde ich auch glücklich sein“, sagt sie. Waterbury liegt nur eine 30-minütige Autofahrt entfernt von der Kleinstadt Newtown, wo ein Amokläufer im Dezember 20 Kinder und sechs Erwachsene tötete. Als sie – bereits schwanger – davon erfahren habe, sei ihr durch den Kopf gegangen: „In was für eine Welt gerät mein Kind hinein?“, meint die junge Frau.
Zweifel, Hoffnung und Freude haben in allen fünf Familien die Geburt des Kindes begleitet. „Als ich meine Tochter nach der Geburt sah, fühlte ich, wie das Leben zu mir zurückkehrte“, sagt Walaa Schteiwi, die Syrerin im jordanischen Flüchtlingslager. Sie sagt aber auch: „Eine Flüchtlingsfrau, die darüber nachdenkt, schwanger zu werden, sollte es lieber lassen.“