Geburt des royalen Babys in England steht kurz bevor. Seine Ahnen sind auch mit Mitterrand und Dracula verwandt. Genealoge stieß sogar auf einen gewissen Arthur Lupton, der Goethe Englisch beibrachte.
Paris. Schon bevor der jüngste Sprössling der britischen Königsfamilie das Licht der Welt erblickt, haben sich Ahnenforscher tief über den Stammbaum gebeugt – und Erstaunliches zutage gefördert: Das Kind von Prinz William und seiner Frau Kate hat Dracula und einen Englischlehrer des Dichterfürsten Goethe als Vorfahren und ist mit Frankreichs einstigem Präsidenten François Mitterrand verwandt. Das meint zumindest der französische Genealoge Jean-Louis Beaucarnot.
Der Stammbaum von William, Nummer zwei der britischen Thronfolge, ist eng mit dem Adelsgeschlecht Gotha verwoben. Neben allen britischen Königen finden sich darin jede Menge Fürsten und Könige von Griechenland über Deutschland bis nach Schweden. In Großbritannien wurde die Königsfamilie Sachsen-Coburg und Gotha genannt, bis sie sich – im Zuge des Ersten Weltkriegs – den Namen Windsor gab. Im Stammbaum von Kate, geborene Middleton, überwiegen die bürgerlichen Vorfahren. Dadurch sei die Herkunft des Kindes „demokratisiert“ worden, meint Ahnenexperte Beaucarnot. Zwar seien Kates Vorfahren väterlicherseits relativ wohlhabend gewesen. Mütterlicherseits weise der Stammbaum aber tief in die Arbeiterklasse aus dem Norden Englands. Es fänden sich Spuren zu Kohlekumpeln, einer Wäscherin, Bäckern und einem Straßenkehrer aus London.
Beaucarnot stieß sogar auf einen gewissen Arthur Lupton, der Johann Wolfgang von Goethe Englisch beibrachte. Wenig rühmlich war der Kate-Vorfahre Edward Thomas Glassborough, der 1881 in ein Londoner Gefängnis gesperrt wurde – Gründe sind nicht bekannt. Doch damit nicht genug, die Spur des Royal Babys führt in noch düsterere Gefilde: Über Königin Mary, Frau von König George V., der von 1910 bis 1936 herrschte, geht die Linie zurück bis zu den Fürsten von Transsilvanien. Von dort führt sie weiter zurück ins 15. Jahrhundert – zu den Fürsten von Dracula. Einer war der Woiwode Vlad III., der nach seinem Tod den Spitznamen „Vlad der Pfähler“ bekam. Seine Grausamkeit inspirierte den irischen Schriftsteller Bram Stoker zu seiner Vampirgeschichte.
Eine weitere Entdeckung führt nach Paris. Am Theater Palais Royal spielte im 18. Jahrhundert eine gewisse Hyacinthe-Gabrielle Roland, die während der Französischen Revolution von ihrem Geliebten und späteren Ehemann, dem Marquis von Wellesley, nach London gebracht wurde. Dieser war ein direkter Vorfahre von Queen Mum, der 2002 verstorbenen Mutter von Königin Elizabeth II. Über eine weitere Französin, eine 1639 in Poitou geborene protestantische Adlige, wird das Kind von William und Kate auch ein Cousin von Frankreichs verstorbenem Ex-Präsidenten Mitterrand. Über seine Großmutter väterlicherseits, Diana, wird das Baby auch eine Verbindung zur Familie des ehemaligen Premierministers Winston Churchill haben.
Die wohl größte Überraschung führt über eine weitgehend unbekannte Ahnin der entfernten Vorfahrin Maria de Medici, ihrerseits Königin von Frankreich und Nachfahrin von Alfons VI. von Kastilien. Bei dessen vierter Frau handelt es sich um Zaida, einer zum Katholizismus konvertierten früheren muslimischen Prinzessin. Diese hatte, so enthüllt Beaucarnot, einen „König von Sevilla als Vorfahren, der als direkter Nachfahre des Propheten Mohammed gilt“.
Vor allem mit den Königen und Königinnen als Vorfahren wird das Baby von William und Kate – unabhängig von den von Beaucarnot gefundenen sonderbaren Verbindungen – eines gemein haben: Denn es soll irgendwann einmal auf jeden Fall den Thron besteigen. Die 16 Commonwealth-Nationen, deren Staatsoberhaupt die britische Königin Elizabeth II. ist, haben 2011 eine entsprechende Reform der Thronfolgeregelung beschlossen. Demnach soll das erstgeborene Kind eines Thronfolgers automatisch in die Rangfolge aufgenommen werden – ganz gleich, ob es männlich oder weiblich ist. Auch die Briten scheinen keinen besonderen Wert darauf zu legen, welches Geschlecht der Zuwachs haben wird.
Die Vorfreude auf das Baby ist ungebrochen. Bereits seit Tagen haben Fotografen vor dem St. Mary’s Krankenhaus, in dem Kate entbinden wird, Posten bezogen und an der Absperrung Leitern aufgestellt, um nach der Geburt das bestmögliche Foto schießen zu können.
Das Warten auf den Nachwuchs im britischen Königshaus beflügelt unterdessen auch die Fantasie der Souvenirhersteller. Während diese für ihre üblichen Tassen und Becher noch warten, ob das Paar einen Jungen oder ein Mädchen bekommt, sind bereits unzählige neutrale Royal-Baby-Andenken auf dem Markt. Die Auswahl reicht von Lätzchen mit Kronenaufdruck über Nähanleitungen bis zu Keksen.
Das führende britische Babyartikelgeschäft Mothercare hat monarchietreue Strampelanzüge mit dem Aufdruck „Prinz in Ausbildung“ sowie Bettwäsche oder Lätzchen mit aufgedruckter Krone im Angebot. Verlage haben ihre Produktpalette um Kinderbücher über schwangere Prinzessinnen erweitert, und Plattenfirmen haben CDs mit traditionellen Schlafliedern herausgebracht.