Die Boeing 777 streifte mit dem Heck eine Mauer, wie ein CNN-Video zeigt. Die Piloten wollten noch durchstarten. Neues Flugzeugunglück in Alaska.
San Francisco/Hamburg. Die Unglücksursache für den Crash einer Boeing 777 der südkoreanischen Airline Asiana am Airport in San Francisco (SFO) ist offiziell noch unbekannt. Doch die Ermittler der amerikanischen Flugaufsichtsbehörde NTSB haben erste Hinweise auf die letzten Sekunden vor dem Aufprall der Maschine gegeben. Auf dem Stimmenrekorder sei zu hören, dass die beiden Piloten sich völlig normal unterhalten hätten. Allerdings bemerkten sie spät, dass sie offenbar viel zu langsam anflogen.
Als sie wenige Augenblicke vor der Landebahn Gas geben wollten, war es offenbar zu spät. Das Kommando „Durchstarten“ kam erst eineinhalb Sekunden vor dem Bodenkontakt, sagte die Chefin der US-Behörde NTSB, Deborah Hersman. Und: Eines der beiden Opfer wurde offensichtlich von einem Rettungswagen überfahren und starb deshalb.
Um die genaue Geschwindigkeit der Unglücksmaschine beim Landeanflug zu ermitteln, müssten die Daten der beiden Flugschreiber noch mit den Radaraufzeichnungen und anderen Luftfahrtdaten abgeglichen werden, sagte Hersman bei einer Pressekonferenz in San Francisco. Fest stehe allerdings, dass das Tempo der Boeing 777 „signifikant“ unterhalb der Richtgeschwindigkeit gelegen habe.
Der Stimmenrekorder und der Flugdatenschreiber lieferten laut Hersman Aufzeichnungen in guter Qualität, sodass die NTSB-Prüfer in Washington einen vorläufigen Bericht des Unfallhergangs erstellt hätten. Da das Flugzeug der Fluggesellschaft Asiana Airlines zu langsam gewesen sei, sei ein Warnsignal ausgelöst worden. Einer der Piloten habe sich daraufhin anderthalb Sekunden vor dem Aufprall dafür ausgesprochen, doch noch nicht zu landen und die Asiana-Maschine wieder in die Luft zu bringen. Sieben Sekunden vor dem Unglück hatte einer der Piloten bereits um Erlaubnis gebeten, wieder zu beschleunigen.
Hersman hob hervor, es sei „zu früh“, um aus den bisherigen Erkenntnissen Schlüsse zu ziehen. NTSB-Experten sollen demnach noch etwa eine Woche in San Francisco bleiben, um das Unglück zu untersuchen. Die detaillierte Untersuchung könne insgesamt bis zu 18 Monate dauern.
Der US-Nachrichtensender CNN strahlte ein Video aus, das zeigt, dass die Unglücksmaschine beim Anflug auf den am Meer gelegenen Flughafen mit dem hinteren Teil eine Ufermauer streifte. Danach kippte sie auf den Rumpf und drehte sich um etwa 180 Grad. Bei der Bruchlandung wurden das Fahrwerk und das Heck des Flugzeugs abgerissen, danach brach Feuer aus.
Von den 182 Verletzten schwebten sechs weiter in Lebensgefahr. 123 Insassen kamen unverletzt davon. Zwei Chinesinnen im Alter von 15 und 16 Jahren starben. Wie das San Francisco General Hospital mitteilte, schwebten am Sonntag sechs von ihnen, darunter ein Kind, weiter in Lebensgefahr, insgesamt etwa 15 waren noch nicht bei Bewusstsein. Es gebe viele Unterleibs- und Rückenmarksverletzungen, von denen einige mit Lähmungen einhergingen, teilten die Ärzte mit.
Die Asiana-Maschine war in der chinesischen Metropole Shanghai gestartet und hatte einen Zwischenstopp in Seoul eingelegt. Zum Zeitpunkt des Unglücks waren 291 Passagiere und 16 Besatzungsmitglieder an Bord. Die meisten Insassen waren Chinesen, Südkoreaner und US-Bürger. Einen Terroranschlag schloss das FBI rasch aus.
Asiana-Chef Yoon Young Doo sagte in Seoul, die Unglücksmaschine habe nach bisherigen Erkenntnissen „keine Motor- oder mechanischen Probleme“ gehabt. Die Maschine sei von erfahrenen Piloten gesteuert worden, fügte der Konzernchef hinzu und entschuldigte sich bei den Unglücksopfern und ihren Angehörigen mit einer Verbeugung.
Die südkoreanische Staatschefin Park Geun Hye sprach den Opfern und ihren Angehörigen ihr Mitgefühl aus und sagte ihnen Hilfe zu. Die Regierung in Seoul schickte ein vierköpfiges Team nach San Francisco, um den Unglücksort zu inspizieren.
Die Boeing 777 ist eines der meistgenutzten Langstreckenflugzeuge der Welt. Asiana, die zweitgrößte Fluggesellschaft Südkoreas, gilt als zuverlässig, das letzte Unglück mit Todesopfern liegt 20 Jahre zurück.
Ein Flugzeugunglück ist nach Einschätzung des Hamburger Luftfahrtexperten Cord Schellenberg häufig die Folge einer Verkettung mehrerer Umstände. Oft sei ein Zusammenspiel von menschlichem und technischem Versagen die Ursache, sagte Cord Schellenberg der Nachrichtenagentur dpa. Schellenberg, Vizepräsident des Luftfahrt-Presse-Clubs, warnte bezüglich der Ursachenforschung: „Schnelle Schlüsse sind meistens falsche Schlüsse.“ Es dauere erfahrungsgemäß Wochen und Monate, bis die Gründe für einen Unfall feststünden.
Es sei jetzt wichtig, die Besatzung des Cockpits und des Towers zu den Ereignissen zu befragen. Die Funkgespräche könnten Aufschluss geben. Auch sei zu prüfen, wie die Wetterverhältnisse zum Zeitpunkt des Unglücks gewesen sind. Der Experte fügte hinzu: „Wir haben es mit einer sehr guten Fluggesellschaft, einem sehr guten Flughafen und einem sehr guten Flugzeug zu tun.“ Der Flug sei klassisches Tagesgeschäft gewesen.
Derweil sind bei einem weiteren Flugzeugabsturz im US-Bundesstaat Alaska zehn Menschen getötet worden. Nach Angaben der Polizei verunglückte die Maschine am Sonntag (Ortszeit) auf dem Flughafen der Stadt Soldotna. Die Behörde für Flugsicherheit teilte im Internetdienst Twitter mit, dass ein Team zur Untersuchung der Umstände des Unglücks entsandt worden sei.