Die Niederlande hat einen neuen König: Willem-Alexander. Er will die Verfassung wahren, die Unabhängigkeit der Niederlande verteidigen und das Gemeinwohl fördern. Das Volk feiert - doch nicht alle wollen auch singen.
Amsterdam. In der niederländischen Monarchie beginnt eine neue Epoche: Nach 33 Jahren als Kronprinz hat Willem-Alexander am Dienstag seinen Eid als neuer König abgelegt. Am Abend hat sich das Oberhaupt der Niederlande das für ihn geschriebene Königslied angehört. Das Lied ist heftig umstritten – Tausende hatten es im Internet als kitschig verspottet. Königin Beatrix hatte zuvor ihre Abdankungsurkunde unterzeichnet und damit das Zepter an ihren ältesten Sohn weitergereicht. Erstmals seit 123 Jahren haben die Niederlande damit wieder einen Mann als Staatsoberhaupt. Zugleich wurde Willem-Alexanders älteste Tochter Amalia (9) Kronprinzessin – eines Tages wird sie ihrem Vater auf dem Thron folgen.
Das „Koningslied“ sollte dem König vom ganzen Volk vorgesungen werden. Jeder, der mitmachen wollte, sollte es um kurz nach 19.30 Uhr anstimmen. Nach ersten Informationen des niederländischen Fernsehens war die Beteiligung jedoch eher mager. Willem-Alexander und seine Frau Máxima verfolgten auf einem Großbildschirm in Amsterdam die zentrale Darbietung des Liedes in einer Rotterdamer Konzerthalle. Anschließend wollte das Königspaar mit seinen drei Töchtern eine Bootsrundfahrt durch den Amsterdamer Hafen unternehmen.
Unzählige Niederländer und Touristen feierten den Thronwechsel. Sie jubelten dem neuen König zu und dankten Beatrix in Sprechchören für ihre 33 Jahre an der Spitze des Staates.
Nach Beatrix' Abdankung im Beisein der Regierung und der Vorsitzenden beider Kammern des Parlaments sowie der königlichen Familie wurde Willem-Alexander als neuer König bei einer traditionellen Huldigungszeremonie in der Neuen Kirche von Amsterdam vereidigt. Dabei schwor der 46-Jährige, die Verfassung des Königreichs zu wahren und sein Amt gewissenhaft auszuüben. Zudem gelobte er, die Unabhängigkeit der Niederlande zu verteidigen und das Gemeinwohl zu fördern.
Im Gegenzug legten die gewählten Volksvertreter einer nach dem anderen das Gelöbnis ab, die verfassungsmäßigen Rechte des Monarchen zu respektieren. Auch die Abgeordneten der Parlamente von Aruba, Curaçao und Sint Maarten – die zum Königreich gehörenden Übersee-Territorien in der Karibik – schworen dem König Treue.
Die Gelöbnisse der Volksvertreter gelten vor allem als Ausdruck einer traditionellen Verbundenheit zwischen Volk und Königshaus. „Aus dem Ablegen dieses Eids ergeben sich laut Gesetz keine Rechtswirkungen“, erläuterte die Regierung in Den Haag in ihren Handreichungen zum Thronwechsel.
Der Amtsantritt Willem-Alexanders sei der Beginn einer neuen Ära in der niederländischen Monarchie, sagte der Vorsitzende beider Kammern des Parlaments, Fred de Graaf. „Unsere Gesellschaft ist heute eine andere als 1980 (als Beatrix den Thron übernommen hatte). Mit den Veränderungen in der Gesellschaft hat sich unsere Demokratie und auch unsere konstitutionelle Monarchie weiterentwickelt.“
Als bewegend empfanden Teilnehmer der Vereidigung die Dankesworte Willem-Alexanders an seine Mutter. Mehr als drei Jahrzehnte lang habe Beatrix den Niederländern Mut und Zuversicht gegeben, sagte er. Stets habe sie das Vertrauen des Volkes gerechtfertigt.
Zwei Menschen seien bei der Zeremonie besonders schmerzlich vermisst worden, hieß es in Hofkreisen: der 2002 gestorbene deutsche Ehemann von Beatrix, Prinz Claus, und ihr mit schweren Hirnverletzungen im Koma liegender Sohn Prinz Friso. Am Abend zuvor hatte Beatrix in ihrer letzten Fernseh-Ansprache als Staatsoberhaupt gesagt: „Vielleicht wird die Geschichte noch zeigen, dass die Wahl dieses Ehemanns meine beste Entscheidung gewesen ist.“
Beatrix wurde mit dem Thronwechsel wieder zur Prinzessin. Willem-Alexanders aus Argentinien stammende Frau wird nun zwar Königin genannt, ist aber nicht zugleich Staatsoberhaupt. Wie schon bei ihrer Hochzeit 2002 musste Máxima erneut hinnehmen, dass ihr Vater nicht geladen war. Er diente einst als Regierungsmitglied der argentinischen Militär-Diktatur.
Um die Feierlichkeiten zum Thronwechsel mitzuerleben, waren Hunderttausende Menschen aus dem In- und Ausland nach Amsterdam gekommen. 12.500 Polizisten waren zum Schutz der Feiern sowie der prominenten Gäste im Einsatz. Unter ihnen waren der britische Thronfolger Prinz Charles und seine Frau Camilla, die schwedische Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel sowie der spanische Kronprinz Felipe und Kronprinzessin Letizia und zahlreiche weitere Repräsentanten von Fürsten- und Königshäusern aus aller Welt.