In wenigen Jahren schuf „YouPorn”-Chef Fabian Thylmann ein weltweites Imperium der Internet-Pornografie. Ging alles mit rechten Dingen zu?
Köln. Sein Unternehmen Manwin bezeichnet sich als das „größte Netzwerk für Erwachsenen-Unterhaltung der Welt“. Mit einem Klick ist klar, was darunter zu verstehen ist: Kostenlose Pornografie im Internet. Eigentümer ist Fabian Thylmann (34), ein Programmierer aus Aachen, der von Belgien und dem Unternehmenssitz Luxemburg aus das ganz große Rad dreht. Thylmann war kräftig daran beteiligt, das weltweite Porno-Business umzukrempeln. Seit der vergangenen Woche sitzt er jedoch in Belgien in Auslieferungshaft. Er war dort an seinem Wohnsitz festgenommen worden. Die belgischen Behörden prüfen nun, ob sie den Unternehmer der deutschen Justiz überstellen.
Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft ihm Steuerhinterziehung vor. Thylmann hatte den Vorwurf schon im Oktober gegenüber der „Financial Times Deutschland“ zurückgewiesen, doch einen Richter des Kölner Amtsgerichts überzeugte dies offenbar nicht. Er unterschrieb den Haftbefehl gegen den Aachener. Ob der Rechtsmittel gegen seine Auslieferung eingelegt hat, ist unklar.
Fotos zeigen ihn lächelnd im Kapuzenpulli. Thylmann lebt in Belgien, wie viele Wohlhabende und Prominente. Unlängst zog es Gerard Depardieu über die Grenze dorthin. Illegal ist das nicht. Worin nun genau die Verfehlung von Thylmann bestehen soll, dazu äußert sich die Kölner Staatsanwaltschaft nicht: Es gilt das Steuergeheimnis.
Die „Welt am Sonntag“ hatte einen großen Report über Thylmanns Imperium („Ein Deutscher erregt die Welt“) veröffentlicht, das in wenigen Jahren entstanden ist – Firmengründung war 2007. Nach einer Unterlassungsverfügung des Düsseldorfer Landgerichts ist die Story aber inzwischen gesperrt. In der kommenden Woche wird über den Fall verhandelt. Auch dabei geht es um den Vorwurf der Steuerhinterziehung, gegen den sich Thylmann zur Wehr setzte.
Fast 60 Millionen Besucher täglich und 1,3 Milliarden Klicks – das ist die Manwin-Bilanz in der Währung, die in der Porno-Industrie inzwischen zählt. Der Luxemburger Holding werden die Porno-Angebote „Youporn”, „Pornhub”, „Brazzers” und „My Dirty Hobby” zugerechnet. Für die enorme Einkaufstour soll sich Thylmann bei einem Hedgefonds in New York kräftig Geld geliehen haben: 362 Millionen Dollar (276 Millionen Euro), schreiben die Zeitungen.
Die jederzeit verfügbaren Gratis-Filme haben den Niedergang von Video- und DVD-Produzenten, Schmuddelkino-Betreibern und Porno-Magazin-Verlegern eingeleitet. Auch die Filmproduzenten stöhnen über schrumpfende Erlöse. Denn, wie Thylmann selbst der „FTD“ verriet, wird nur jeder tausendste Nutzer auf seinen Sites ein Kunde, der sich zu Bezahlangeboten weiterklickt – und dabei natürlich auch Thylmanns Kassen klingeln lässt.
Auf mehrere hundert Millionen Euro Umsatz und 1000 Mitarbeiter wird sein Konglomerat aus 35 Tochterfirmen geschätzt. Nach Klickzahlen rangiert er der „Welt am Sonntag“ zufolge auf Augenhöhe mit Amazon und Wikipedia. Als „Google der Pornoindustrie“ gilt das Unternehmen. Wer ihm nicht Gratisfilme überlasse, habe es schwer, überhaupt noch Umsatz zu generieren. Im vergangenen Jahr stieß Thylmann ins „weiße“ Erotikgewerbe vor: Manwin gelang eine Kooperation mit dem Playboy und erhielt Rechte für Playboy TV.
Gegenüber der „FTD“ hatte Thylmann den Vorwurf der Steuerhinterziehung zurückgewiesen: „Diese Vorwürfe haben weder Hand noch Fuß.“ Manwin sei zwar „steueroptimiert“ aufgebaut, „aber das als Steuerhinterziehung zu deuten, ist einfach nicht korrekt“. Auf die Steueroptimierung deutet neben Luxemburg ein weiterer Firmensitz hin: Nikosia auf Zypern. Der „Welt am Sonntag“ zufolge spielt er eine besondere Rolle.