Die 47-Jährige, die vor vielen Jahren ausgewandert ist, berichtet auf Abendblatt.de über die dramatischen Stunden und wie sie sich draußen schützte.
Hamburg/New York. Vera Holschneider, 47, wanderte vor 21 Jahren aus Hamburg nach New York aus. Der Liebe wegen – sie ist mit einem Amerikaner verheiratet, die beiden haben eine neunjährige Tochter. Holschneider arbeitet als Fotografin und Deutsch-Lehrerin. Im Abendblatt berichtet sie darüber, wie sie den Sturm „Sandy“ erlebt hat.
Wie war die Stimmung in der Bevölkerung vor dem Sturm?
Die Medien berichteten, dass wir uns auf tagelangen Stromausfall einstellen sollten und die Häuser nicht verlassen sollen. Das sorgte durchaus für Panik. Ich habe die Lebensmittelläden noch nie so voll gesehen. Alle kauften Trinkwasser ein, Bananen waren schnell ausverkauft. Die Stimmung war verhalten, die meisten nahmen die Warnungen ernst, weil wir hier in Manhattan wissen was Katastrophen auf dieser Insel bei den Menschenmassen bedeuten können. Man kann nirgendwohin ausweichen – wir sind aufeinander angewiesen.
Wie haben Sie sich auf „Sandy“ vorbereitet?
Wie haben zehn Dosen Bohnen gekauft, 20 Orangen, zwölf Eier abgekocht, falls der Strom ausfällt. Wir haben die Badewanne voll Wasser laufen lassen – damit wir zur Not die Toilette spülen können. Ich habe unsere Pässe und Bargeld bereitgelegt, für den Fall, dass wir hier rausmüssen.
Wann ging es los?
Es hat den ganzen Montag geregnet, die Straßen waren gegen Mittag überflutet. Das Wasser stieg, der Wind wurde stärker. So stark, dass man sich dagegen stemmen konnte. Das kenne ich aus Hamburg.
Hatten Sie keine Angst, dass etwas passiert?
Ich habe den Fahrradhelm meiner Tochter aufgesetzt, als ich draußen war. Ich wollte mich vor herumfliegenden Ästen und Bauteilen schützen.
Wie sind die New Yorker mit dem Sturm umgegangen?
Die Leute sind einen solchen Wind nicht gewohnt. Sie fanden das richtig toll, lehnten sich gegen den Wind, staunten. Die Leute waren richtig high davon. Vielleicht, weil der Wind frische Luft nach New York gebracht hat – und auf einmal so viel Sauerstoff zur Verfügung stand. Ich habe richtig tief durchatmen können.
Wie ging es weiter?
Gegen 18 Uhr am Montag wurde es heftig. Es flogen Sachen rum. Seitdem sind wir nicht mehr rausgegangen. Unsere unmittelbare Nachbarschaft war nicht überflutet, wir hatten auch die ganze Nacht Strom. Die Sache hat auch ihre guten Seiten: Meine neunjährige Tochter hat schulfrei, mein Mann ist Lehrer und hat auch frei. Jetzt haben wir Zeit für die Familie.