Die Komplizin des Kinderschänders Marc Dutroux sucht nun Zuflucht in einem Kloster im Süden Belgiens. Opferfamilien reagierten fassungslos.
Brüssel. Nach 16 Jahren im Gefängnis ist die Exfrau und Komplizin des belgischen Kinderschänders und Mörders Marc Dutroux, Michelle Martin, wieder auf freiem Fuß. Sie habe am späten Dienstagabend ihr Gefängnis in einem zivilen Fahrzeug verlassen, erklärte der Sprecher der Haftanstalt, Laurent Sempot. Ihr voraussichtliches Ziel ist ein Kloster im Süden des Landes, dessen Nonnen Martin Zuflucht angeboten hatten. Die Opferfamilien reagierten empört.
+++ Schuldig! Dutroux' Opfer atmen auf +++
+++Freilassung von Dutroux-Komplizin noch heute erwartet+++
Die Nonnen des Klarissen-Klosters in Malonne hatten Martin angeboten, sie für ihre Resozialisierung aufzunehmen. Polizisten waren am Dienstag vorsorglich in der Nähe des Konvents stationiert worden. Denn vor dem Kloster dürften Martin wütende Proteste erwarten: Schon am Abend der ersten Gerichtsentscheidung zogen dort Hunderte aufgebrachter Anwohner durch die engen Gassen, um gegen die Aufnahme Martins zu protestieren. Nur eine Straße entfernt liegt ein Kindergarten. Für die Überwachung des Klosters und dauerhafte Sicherheitsvorkehrungen rechnet die Polizei mit Kosten von 120.000 Euro pro Monat.
Das höchste belgische Gericht hatte am Dienstag zwei Berufungsanträge abgeschmettert und Martins 30-jährige Haftstrafe am Dienstag vorzeitig beendet. Sie hatte kaum mehr als die Hälfte ihrer Haftstrafe für ihre Komplizenschaft bei den Taten ihres Mannes abgesessen.
„Es gibt nur ein Wort dafür: Das ist absurd. Aber ich werde es akzeptieren müssen“, sagte Pol Marchal, dessen 17-jährige Tochter An von Dutroux ermordet wurde. Martins Anwalt Thierry Moreau sprach dagegen von einer schlichten „Anerkennung der Tatsache, dass wir in einem Land leben, wo für alle das gleiche Gesetz gilt – das finde ich sehr beruhigend“.
Nach belgischem Recht können Straftäter nach einem Drittel ihrer Haftstrafe unter Auflagen freigelassen werden. Martin war 1996 festgenommen und später zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt worden - unter anderem, weil sie zwei der entführten Mädchen in einem Kellerverlies verhungern ließ, während ihr Mann wegen Diebstahls in Haft saß. Dutroux hat mithilfe seiner damaligen Frau sechs Mädchen zwischen 8 und 19 Jahren entführt, vergewaltigt, zwei von ihnen ermordet und zwei weitere verhungern lassen. Die letzten beiden wurden von der Polizei befreit. Martin beharrte stets darauf, sich passiv verhalten und unter dem Einfluss ihres psychopathischen Gatten gestanden zu haben.
+++Dutroux-Komplizin gefährdet Klosterfrieden+++
Die Freilassung steht jedoch im krassen Gegensatz zum Gerechtigkeitsempfinden vieler Belgier. „Was muss jemand getan haben, damit er seine volle Haftstrafe absitzt?“ Mit dieser Frage hatte Marchal die öffentliche Entrüstung schon vor dem Urteil auf den Punkt gebracht. „Mein Kampf ist vorbei und verloren“, sagte er nach der Entscheidung.
Der Anwalt von Jean-Denis Lejeune, dessen achtjährige Tochter Julie in der Gewalt von Dutroux und Martin starb, kündigte Druck auf die belgische Politik und notfalls einen Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an, um den Angehörigen von Opfern künftig mehr Mitspracherecht zu verschaffen.