Wassermangel, schlechte Qualität, kaum Kanalisation und viel Müll: Schon heute ist die Lage in vielen Metropolen bedrohlich. Doch es wird schlimmer.
Stockholm. Mega-Städten weltweit droht in den kommenden Jahren eine Verschärfung der Wasserkrise. Sie sind besonders von Trinkwassermangel, sinkender Wasserqualität sowie Ausfällen der Kanalisation gefährdet. Das bestätigt die Umweltstiftung WWF in einer Studie mit Fallbeispielen. Das Werk „Big Cities. Big Water. Big Challenges“ wurde am Sonntag zu Beginn der Internationalen Weltwasserwoche in Stockholm veröffentlicht. Die Organisation empfiehlt, das Wassermanagement in den Städten nachhaltig zu planen. Nach Angaben des UN-Programms Habitat haben derzeit in einigen städtischen Regionen Schwarzafrikas bis zu 50 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Wasser, bis zu 60 Prozent hätten keine ausreichenden sanitären Anlagen.
Schon heute sei die Situation in vielen Metropolen unhaltbar und bedrohlich, heißt es auch in der WWF-Studie. Mexiko-Stadt sinke wegen der Übernutzung der Grundwasserreserven Jahr für Jahr um 5 bis 40 Zentimeter ab. Die Stadt sei mittlerweile abhängig von Wasserreserven in 150 Kilometer entfernten Regionen. Die Flüsse in Buenos Aires nennt der WWF eine „öffentliche Kloake“. Der Riachuelo etwa sei einer der weltweit am stärksten mit Blei, Zink und Chrom verschmutzten Flüsse. In der südpakistanischen Hafenstadt Karachi sterben laut Studie jährlich rund 30.000 Menschen an den Folgen von belastetem Trinkwasser. Die chinesische Metropole Shanghai hingegen kämpfe trotz genügender Süßwasservorkommen an Wasserknappheit.
Übertragen auf deutsche Verhältnisse würden die Zustände in den Mega-Städten aller Entwicklungsländer bedeuten, dass etwa jeder dritte Einwohner Berlins keinen Wasseranschluss habe, sagte WWF-Süßwasser-Experte Martin Geiger. „Gerade bei extremen Wetterlagen müsste das Trinkwasser über Wochen abgekocht werden. Außerdem wären Spree, Havel und die Seen im Umkreis der Stadt allesamt verschmutzt, mit Müll verstopft oder würden leer gepumpt.“ Für die Zukunftsfähigkeit von Metropolen sei ein Zugang zu sauberem Trinkwasser, sanitären Anlagen und Kläranlagen unerlässlich. Das genüge jedoch noch nicht. „Ökosysteme, die Grund- und Oberflächenwasser liefern, müssen geschützt und wiederhergestellt werden“, fordert Geiger. Um den Wasserverbrauch zu reduzieren, sei auch eine Verbesserung der Leitungsnetze nötig.
Im Jahr 2050 werden laut WWF 70 Prozent der Menschen in städtischen Gebieten leben. Am schnellsten steigt die Stadtbevölkerung in Entwicklungsländern. Sogenannte Mega- und Metastädte mit mehr als zehn und 20 Millionen Einwohnern entwickeln sich vor allem in Asien, Lateinamerika und Afrika. Die Infrastruktur kann mit diesem Bevölkerungsanstieg oft nicht mithalten. Wasserexperte Andreas Kanzler von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) nennt zudem die Korruption als eines der großen Probleme in der Wasserversorgung. Sie führe zu schlechter Qualität von Leitungswasser – und das kann einen echten Schwarzmarkt für das Lebenselixier entstehen lassen. Dann müssen es die Menschen in den Slums der Großstädte von informellen Versorgern beziehen und einen horrenden Preis dafür bezahlen. „Der kann dann bis zu tausendfach höher sein, als wenn ich das Wasser aus der Leitung bekomme“, sagte Kanzler.