Elf Jahre lang hat die Polizei nach dem Mörder des Schülers Tobias D. gesucht. Jetzt wurde ein Mann gefasst, der die Tat gestanden hat.
Böblingen/Weil im Schönbuch. Fast elf Jahre nach dem Mord an einem Jungen in Weil im Schönbuch (Kreis Böblingen) hat der gefasste Tatverdächtige ein Geständnis abgelegt. Der 47-Jährige gab zu, im Oktober 2000 den elfjährigen Schüler Tobias D. erstochen zu haben. Dies teilte die Polizei am Donnerstag in Böblingen mit. "Der Täter hatte Täterwissen, das zuvor noch nicht kommuniziert war“, sagte Kriminaldirektor Rüdiger Winter. Der 47-Jährige habe zuerst gesagt, er habe bei einer Fahrradtour den Jungen leblos hinter einer Fischerhütte am Weiher gefunden. Im Verlauf der Ermittlungen habe er diese Aussage aber wieder zurückgezogen und gestanden.
Wie am Donnerstag aus Polizeikreisen verlautete, kamen ihm die Ermittler bei Recherchen im Bereich Kinderpornografie im Internet auf die Spur. Der Mann war auf einschlägigen Seiten unterwegs und wurde bereits am Dienstag gefasst. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung stießen die Beamten auf Material zum damaligen Fall. Auch DNA-Analysen scheinen den Verdacht zu bestätigen, hieß es. „Für die Gemeinde ist dies die wichtigste Nachricht der letzten Jahre“, sagte der Bürgermeister von Weil im Schönbuch, Wolfgang Lahl (parteilos). Auch für die Eltern von Tobias sei die Festnahme ein wichtiger Schritt zur Trauerbewältigung.
Die Leiche des elfjährigen Jungen war am 30. Oktober 2000 mit zahlreichen Messerstichen an einem Teich in Weil im Schönbuch entdeckt worden. An der Kleidung des Kindes wurden zwei fremde DNA-Spuren sichergestellt. Eine der größten DNA-Analysen im Land, bei der 13.000 Männer und Jugendliche überprüft wurden, lieferte den Ermittlern keine Hinweise. Immer wieder wurden Verdächtige überprüft, die einen Bezug zu dem Opfer oder dem Tatort hatten: Angler, Waldarbeiter, Jäger, Pilzsammler, Grundstücksbesitzer, Pendler, Automatenaufsteller und Vertreter - ohne Erfolg.
Zwei Wochen nach der Tat wurde ein 16-Jähriger festgenommen. Er hatte durch auffällige Antworten die Aufmerksamkeit der Ermittler auf sich gezogen. Eine Untersuchung der Speichelprobe des Jugendlichen erbrachte aber keine Übereinstimmung mit dem gefundenen Spurenmaterial - er kam nach vier Wochen wieder frei. Das wollten die Eltern von Tobias nicht akzeptieren, scheiterten aber 2007 mit einem sogenannten Klageerzwingungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart.
Auch Plakataktionen und Aufrufe im Fernsehen führten zu keinem Erfolg. Die einst bis zu 60 Mann starke „Soko Weiher“ wurde schließlich aufgelöst. Nur noch ein Sachbearbeiter war seitdem vornehmlich für den Mordfall zuständig. Sein Vorgänger, der ehemalige Soko-Leiter, ließ sich zur Bereitschaftspolizei versetzen und beging im Frühjahr 2004 Selbstmord. Die Polizei wollte zwar keinen Zusammenhang zwischen seiner Ermittlungsarbeit und dessen Freitod ziehen. Aus dem Umfeld verlautete jedoch, die erfolglose Suche nach dem Mörder von Tobias habe den Polizisten verbittert.
Bei der Suche nach dem Kindsmörder wurde auch das Dezernat „Operative Fallanalyse“ (Profiler) des Landeskriminalamts eingeschaltet. Das Ergebnis: Der Täter hat einen Bezug zum Tatort. Das heißt, dass er entweder in der Nähe wohnt oder arbeitet. Begründet wurde dies unter anderem mit der Abgeschiedenheit der Anglerhütte am Dörschachsee. „Dass sich dorthin jemand verliert, ist sehr unwahrscheinlich“, erklärte die Polizei damals. Die Festnahme des Tatverdächtigen aus dem benachbarten Kreis Esslingen scheint den Ermittlern jetzt recht zu geben.