Die Polizei ist schockiert über das Ausmaß der Gewaltbereitschaft. Neun Polizisten wurden verletzt. Randalierer zündeten Häuser und Autos an.
London. Noch immer ist in der britischen Hauptstadt keine Ruhe eingekehrt. Die Krawalle in London, die zunächst in der Nacht zum Sonntag in Tottenham begann, haben sich auf mehrere Stadtteile ausgeweitet und rollt wie eine Welle der Gewalt über London hinweg. Jugendliche lieferten sich in der Nacht zum Montag vor allem in Nord-, Ost- und Süd-London Auseinandersetzungen mit der Polizei. Wie Scotland Yard erklärte, handle es sich bei den Tätern offenbar um "Trittbrettfahrer“. Die Beamten seien schockiert über das Ausmaß der Gewaltbereitschaft. Mehr als 100 Randalierer wurden festgenommen. Neun Polizisten wurden verletzt. London ist in einem Jahr (27. Juli bis 12. August 2012) Austragungsort der Olympischen Spiele.
Die Gewalt hatte am Sonnabendabend im Stadtviertel Tottenham im Norden Londons begonnen. Dort hatten Angehörige und Freunde eines 29-Jährigen demonstriert, der vergangene Woche unter bisher ungeklärten Umständen von einem Polizisten erschossen wurde. Die friedliche Demonstration eskalierte: Randalierer setzten Büros, Wohnungen, Polizeiautos und einen Doppeldecker-Bus in Brand und plünderten Geschäfte aus. Von einigen Häusern blieben nur die Grundmauern übrig.
In der Nacht zum Montag breiteten sich die Krawalle über verschiedene Teile der Stadt aus. Im Stadtteil Brixton im Süden verwüsteten mehr als 200 Jugendliche die zentrale Einkaufsstraße. In Enfield im Norden sowie Stadtvierteln Walthamstow und Waltham Forest im Nordosten griffen Jugendliche Polizisten an, zerstörten Schaufenster und plünderten Läden. Einige dieser Gegenden sind für soziale Probleme bekannt. 50 Jugendliche randalierten aber auch am Oxford Circus – mitten in der Londoner Innenstadt.
Die Familie des getöteten Mannes distanzierte sich von der Gewalt. Das sei nicht im Sinne des 29-Jährigen, sagte dessen Bruder. Über die genauen Umstände des Todes gab es auch am Montag keine Klarheit.
Der Familienvater hatte nach Darstellung der Polizei bei einer Kontrolle aus einem Taxi auf die Fahnder geschossen. Eine Kugel, die das Funkgerät eines Polizisten traf, stammte nach einer ersten Untersuchung aber offenbar aus einer Polizeiwaffe, berichteten mehrere britische Medien. Die britische Innenministerin Theresa May brach am Montag ihren Urlaub ab, um nach London zurückzukehren.
Die Jugendlichen bildeten laut Polizei über das Internet "kleine und mobile“ Gruppen. Sie hätten sich mit Smartphones organisiert und seien sehr schnell von einem Ort zum nächsten weitergezogen, berichteten Beobachter. Die Polizei habe daher große Probleme gehabt, die Randalierer unter Kontrolle zu bekommen. Die Feuerwehr musste rund 50 Brände löschen. (dpa)