In Wunstorf, Köln und Berlin wurden Bahnarbeiter von Zügen erfasst. Nun drängt sich die Frage auf: Wie gut sind die Vorschriften der Bahn?

Köln/Berlin/Wunstorf. Tragische Fälle kurz vor dem Fest: Innerhalb von nur zwei Tagen sind bundesweit vier Bahnarbeiter bei Tätigkeiten an Weichen und Gleisen ums Leben gekommen. Im norddeutschen Wunstorf in der Nähe von Hannover wurde am Dienstagmittag ein Bahnbeschäftiger von einem ICE erfasst und getötet. In Köln rauschte in der Nacht zum Dienstag eine Regionalbahn in einen Bautrupp, der Weichen von Schnee und Eis freischippen sollte. Zwei Arbeiter starben. Und in Berlin bemerkten zwei Gleisarbeiter eine S-Bahn zu spät. Ein 47-Jähriger starb, sein 20 Jahre alter Kollege kam schwer verletzt ins Krankenhaus.

Warum die Arbeiter die herannahenden Züge nicht bemerkten und auf den Gleisen standen, war zunächst völlig offen. „Es gibt klare Regeln, wer wann auf die Gleise darf“, sagte ein Bahnsprecher. Zu den aktuellen Fällen wollte er sich wegen der laufenden Ermittlungen nicht äußern. Grundsätzlich sei es aber so, dass immer ein Mann arbeite und ein anderer sichere. Die Möglichkeit, dass derjenige, der eigentlich achtgeben soll, auch mal die Warntröte zur Seite legt und mitanpackt, bezeichnete der Sprecher als reine Spekulation.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) äußerte sich nach den Unfällen besorgt. „Das ist schon ein deutlicher Warnschuss, der Winter hat ja gerade erst begonnen“, sagte EVG-Sprecher Oliver Kaufhold in Berlin. Gewiss steige die Wahrscheinlichkeit von Unfällen, wenn Tausende von Eisenbahnern im Wintereinsatz unterwegs seien. Es sei aber zu hoffen, dass die vier Todesfälle binnen kurzer Zeit nur Zufall seien.

Die Sicherung von Gleisbaustellen sei „hunderttausendfach eingespielt“, sagte Kaufhold. Am Anfang und am Ende jeder Baustelle müssten Sicherungsposten stehen. Ebenso wie der Bahnsprecher appellierte er, die Vorschriften genau einzuhalten.

„Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen unbekannt“, sagte ein Polizeisprecher über das Unglück in Köln. Die beiden 40 und 41 Jahre alten Opfer hatten eines der Notfallteams gebildet, die bei Störungen von der Bahn beauftragt werden. Der Trupp hatte nach ersten Ermittlungen die Aufgabe, Weichen vom Schnee zu befreien. Unklar ist, ob der 61 Jahre alte Zugführer über Bauarbeiten wusste. Er erlitt einen Schock. Zwei weitere Arbeiter, die an einer anderen Stelle ähnliche Räumarbeiten erledigten, wurden nicht verletzt. Die mit 50 Fahrgästen besetzte Regionalbahn stand nach dem Unglück gegen Mitternacht mehr als eine Stunde auf freier Strecke, ehe die Fahrt mit einem Ersatzlokführer weiterging.

In Wunstorf ereignete sich am Dienstag ein ähnlicher Unfall wie zuvor in Köln. Bei Tempo 160 erfasste ein ICE einen Gleisarbeiter und verletzte ihn tödlich. Sein Kollege blieb verschont. Auch in Berlin hatte es am Sonntag ein tödliches Unglück gegeben. Eine S-Bahn hatte zwei Bahnmitarbeiter erfasst, als diese mit Enteisungsarbeiten beschäftigt waren. Es sei zu früh, die Unfälle miteinander zu vergleichen, sagte der Bahnsprecher. „Die Ermittlungen laufen, erst wenn diese abgeschlossen sind, wissen wir, ob es gemeinsame Unfallursachen gibt.“