Israel Kamakawiwo’ole stürmt mit seiner Interpretation von “Somewhere over the Rainbow“ die deutschen Charts.

Washington. In seiner Heimat am anderen Ende der Welt, auf den Hawaii-Inseln, war Israel Kamakawiwo’ole schon zu Lebzeiten ein Superstar. Die Deutschen ließen sich viel Zeit, ehe sie den Sänger mit der sanften Stimme und der enormen Leibesfülle für sich entdeckten. Nun ist er die Pop-Überraschung des Jahres: Mehr als 13 Jahre nach seinem frühen Tod hat es Kamakawiwo’ole in den deutschen Charts an die Spitze geschafft. Seine Version des Judy-Garland-Hits „Over the Rainbow“ verkauft sich in Deutschland derzeit besser als jeder andere Song. Während draußen der Herbstwind die Blätter von den Bäumen weht, bedient Kamakawiwo’ole die Sehnsucht nach dem Süden.

Hinter dem Mann mit dem schwierigen Namen verbirgt sich eine anrührende Lebensgeschichte. Der stolze Wille zur kulturellen Selbstbehauptung seiner Heimat Hawaii hat sie ebenso geprägt wie Krankheit, Sucht und persönliche Tragik. Bei seinem Tod mit 38 Jahren im Juni 1997 wog Kamakawiwo’ole mehr als 1000 Pfund. Die Lungen spielten nicht mehr mit, auch die Nieren versagten. Der Sänger war krankhaft fettleibig, auch mit Drogen hatte er seiner Gesundheit zugesetzt. Kurz vor seinem Tod war er zum hawaiianischen Entertainer und Sänger des Jahres gekürt worden. Die Preisverleihung verfolgte er von seinem Krankenhausbett aus, er war kaum mehr bewegungsfähig.

Der US-Journalist Dan Kois hat eine Biografie der hawaiianischen Musik-Legende geschrieben. Kamakawiwo’ole sei „erst ein hawaiianischer Held gewesen und dann zum hawaiianischen Märtyrer geworden“, resümiert Kois. „Er war ohne Zweifel der beliebteste Sänger in Hawaii“, erinnert sich der Biograf. „Seine Popularität lag nicht nur an seiner Musik, sondern auch an seiner Lebensgeschichte: Von einem orientierungslosen Punk mit Drogenproblemen wurde er zum politisch engagierten Folk-Helden.“

In seinen Liedern setzte sich Kamakawiwo’ole für die Autonomie der Inselkette ein, die 1898 von den USA besetzt worden war und 1959 zum 50. US-Bundesstaat wurde. Der Sänger stand für die Selbstbehauptung der alten hawaiianischen Kultur gegen die Übermacht der USA. Viele Lieder sang er auf hawaiianisch – eine Sprache, die auch auf Hawaii kaum einer mehr spricht. Nach seinem Tod wurden in Hawaii die Flaggen auf Halbmast gesetzt, mehr als 10. 000 Leute kamen zu Kamakawiwo’oles Beerdigung.

Dabei war Kamakawiwo’ole eigentlich ein Anti-Star. Die gängigen Schönheitsideale interessierten ihn nicht. Sein Ehrgeiz war mäßig. Biograf Kois schreibt, Kamakawiwo’ole habe in seiner hawaiianischen Heimat den Ruf eines unzuverlässigen, aber liebenswerten Nichtsnutzes genossen. Mal sei er zu Konzertterminen erschienen, mal nicht. Seiner Karriere half das nicht, immer wieder rutsche er in die Sozialhilfe ab.

„Was ich tue, ist maximales Vergnügen bei minimaler Anstrengung“, gab Kamakawiwo’ole als Lebensmotto aus, wie Kois in seinem Buch schreibt. Dass ihn seine Musik nun völlig überraschend posthum zum Star in Deutschland macht, hätte Kamakawiwo’ole sicherlich maximales Vergnügen bereitet.