Nach dem Skandal um Billig-Brustimplantate geben britische Mediziner Entwarnung. Laut einer Studie ist das von PIP verwendete Silikon, mit dem angeblich Hunderttausende Frauen geschädigt worden sind, nicht gesundheitsgefährdend.
Paris/Hamburg. Wie giftig sind Brustimplantate des französischen Herstellers PIP? Nach dem Skandal um Billig-Brustimplantate aus Frankreich geben britische Mediziner Entwarnung. Laut einer Studie ist das von PIP verwendete Silikon, mit dem angeblich Hunderttausende Frauen geschädigt worden sind, nicht gesundheitsgefährdend. Dafür sei die Gefahr, dass die Silikonkissen reißen, doppelt so hoch wie bei anderen Herstellern. Trotz der Entwarnung beim Gesundheitsrisiko seien die Implantate von unterdurchschnittlicher Qualität, heißt es in der am Montag veröffentlichten Studie der Kommission um den medizinischen Direktor des NHS, Bruce Keogh. Auch weitere Tests würden angesichts der mittlerweile untersuchten Zahl an Implantaten aus unterschiedlichsten Chargen an diesen Ergebnissen voraussichtlich nichts mehr ändern.
Die Implantate des bereits 2011 zerschlagenen Herstellers "Poly Implant Prothèse" würden aber mindestens doppelt so häufig reißen wie die anderer Hersteller, so der britische Bericht. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein PIP-Implantat innerhalb von zehn Jahren reiße, betrage zwischen 15 und 30 Prozent, bei anderen Herstellern liege das Risiko bei 10 bis 14 Prozent. Für die Studie wurden 240.000 Implantate verschiedener Marken bei 130.000 Frauen in Großbritannien untersucht.
Der frühere Chef und Gründer der Herstellerfirma, Jean-Claude Mas (72), war Ende Januar im Landhaus seiner Lebensgefährtin in Six-Fours-Les-Plages an der französischen Mittelmeerküste in Polizeigewahrsam genommen worden. Dort hatte der ehemalige Chef der mittlerweile in Konkurs gegangenen Firma Poly Implant Prothèse (PIP) weitgehend unbehelligt gelebt. Er steht im Zentrum des weltweiten Gesundheitsskandals - die Staatsanwaltschaft Marseille ermittelt gegen ihn nach einer Anzeige wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung und Körperverletzung.
Mas steht auch im Verdacht, die Insolvenz seines Betriebs organisiert zu haben und seinen Gewinn am französischen Fiskus vorbeigeschleust zu haben. Der Unternehmer war auch von Interpol gesucht worden, jedoch nicht wegen der giftigen Silikonkissen, sondern weil er 2010 in Costa Rica betrunken Auto gefahren ist. Festgenommen wurde gestern ebenfalls der ehemalige PIP-Finanzvorstand Claude Couty.
Weltweit sollen bis zu 500 000 Frauen die gefährlichen Silikonkissen erhalten haben; in Deutschland etwa 16 000. Die Vermarktung, den Vertrieb und die weitere Verwendung der Brustimplantate hatte Frankreich der Firma im April 2010 europaweit untersagt. Die nationale Krankenkasse Cnam hatte bei der Staatsanwaltschaft Marseille Strafanzeige wegen schweren Betrugs erstattet. Die Kissen können platzen, die Substanz kann zu Entzündungen führen. Ein Zusammenhang zwischen den Silikonkissen und Krebs wird befürchtet, ist aber (noch) nicht bewiesen. Deutschland, Frankreich und Tschechien hatten dazu aufgerufen, die Implantate entfernen zu lassen.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte seine Warnung vor möglicherweise gesundheitsgefährdenden Brustimplantaten ausgeweitet. Sie gelte nun auch für Produkte, die von der früheren GfE Medizintechnik GmbH unter dem Namen "TiBREEZE" vertrieben worden seien, teilte das Institut bereits im Januar mit. Diese Implantate seien unter Verwendung von PIP-Komponenten hergestellt und von September 2003 bis August 2004 vertrieben worden.