In der Schweiz ist die Verhaftung des weltberühmten Filmregisseurs Roman Polanski auf helle Empörung gestoßen.
Zürich. Die Schweizer Filmszene hat mit Empörung auf die Verhaftung des Filmemachers Roman Polanski reagiert. Das Vorgehen der Schweizer Justiz sei nicht nur eine "groteske Justizposse, sondern auch ein ungeheuerer Kuluturskandal", schreibt der Verband der Regisseure am Sonntag. Dass der weltweit renommierten Regisseur bei der Einreise in die Schweiz am Flughafen Zürich verhaftet worden sei, werde dem Land weltweit Schaden zufügen, erwartet auch der Verband Filmregie und Drehbuch. Es sei eine „Ohrfeige ins Gesicht aller Kulturschaffenden in der Schweiz“.
Als Regisseur gilt Roman Polanski als einer der größten seiner Zunft, als Mensch lastet seit Jahrzehnten der Vorwurf des Missbrauchs einer 13-Jährigen auf ihn. Seit seiner Flucht im Februar 1978 ist er nicht mehr in die USA zurückgekehrt und hat in Frankreich gelebt, wo er als französischer Staatsbürger vor einer Ausweisung sicher war. Am Wochenende wurde er bei der Einreise in die Schweiz auf Grundlage eines 31 Jahre alten US-Haftbefehls festgenommen.
Ein Richter in Los Angeles hatte noch im Mai dieses Jahres die Einstellung des Verfahrens abgelehnt. Begründung: Polanski hätte zur Verhandlung in die USA kommen müssen. Der inzwischen 76-jährige Regisseur lehnte das ab, weil er mit bei der Einreise mit seiner Verhaftung hätte rechnen müsste. Aus demselben Grund war er 2002 auch nicht zur Oscar-Verleihung nach Los Angeles gereist, um den Oscar für seinen Film „Der Pianist“ entgegenzunehmen.
Die Festnahme Sonnabend bei der Einreise in die Schweiz kam überraschend. Polanski hätte am Sonntagabend beim diesjährigen Zürcher Filmfestival das „Goldene Auge“ für sein Regie-Lebenswerk erhalten sollen. Polanski schuf bis zu seinem 35. Lebensjahr bereits vier Filme, die ihn allesamt höchste internationale Anerkennung einbrachten und Klassiker der Leinwand sind. Danach überwand er berufliche wie auch private Tiefschläge und errang 2003 mit dem Oscar für das Holocaust-Drama „Der Pianist“ seinen größten Triumph.
Es war der späte, doch längst überfällige Höhepunkt einer Karriere, die Polanski, der seit 1978 wieder in seiner Geburtsstadt Paris lebt, einen herausragenden Platz in der Filmgeschichte sichert: „Ekel“ (1965 mit der noch jungen Catherine Deneuve), „Tanz der Vampire“ (1967), „Rosemary’s Baby“ (1968) bis hin zu „Chinatown“ (1974). „Frantic“ (1988) und schließlich 2002 der große Alterserfolg „Der Pianist“ runden das Werk ab. Auch Flops gab es in der langen Regietätigkeit. Aber die haben lange nicht so geschadet wie die privaten Skandale, die dem kleingewachsenen Mann einst den bösen Ruf eines „verderbten Zwergs“ eintrugen.
Am 18. August 1933 als Sohn jüdischer Eltern in Paris geboren, zog er mit diesen 1936 ins polnische Krakau. Die Mutter verlor Polanski in Auschwitz, er überlebte im Versteck von Kleinbauern. Es dauerte viele Jahre, bis sich der Filmemacher mit der Überlebensgeschichte eines jüdischen Pianisten im Warschauer Ghetto dem Trauma seiner Kindheit annähern konnte und mit „Der Pianist“ einen Film von tiefer Menschlichkeit schuf. Polanskis zweite Frau Sharon Tate, Hauptdarstellerin der Horror-Komödie „Tanz der Vampire“, wurde 1969 Opfer eines grauenvollen Massenmordes der Anhänger des Sektenführes Charles Manson. Aber nicht das vertrieb das Kinogenie aus den USA, sondern die juristische Verfolgung seiner sexuellen Beziehung zu einer Minderjährigen 1977.
Den Konsequenzen entzog sich Polanski 1978 durch den Umzug nach Paris. Dort heiratete er 1989 die 30 Jahre jüngere Schauspielerin Emmanuelle Seigner, die seitdem in mehreren seiner Filme mitwirkte. Das Paar hat zwei Kinder.