Neue Rätsel um Todesflug AF 447: Drama im Cockpit. Bombendrohung gegen andere Air-France-Maschine.

Paris/São Paulo

228 Kerzen brennen in der Pariser Kathedrale Notre-Dame in Gedenken an jeden Toten des Airbus-Dramas - "Ihre Liebsten werden in Ihren Herzen und in Ihrer Erinnerung weiterleben", sagt Erzbischof André Vingt-Trois. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni sowie Vertreter der katholischen, protestantischen, jüdischen und muslimischen Gemeinden nehmen an der bewegenden Zeremonie teil. Papst Benedikt XVI. schickt eine Kondolenzbotschaft: "Gott möge die Toten in seinem Frieden und sein Licht aufnehmen." Der Chor singt in mehreren Sprachen, auch eine Bach-Kantate auf Deutsch. Vor der überfüllten Kathedrale stehen Tausende Menschen, viele weinen oder beten.

Inzwischen gibt es immer neue Rätsel über Todesflug AF 447, der mit 228 Menschen an Bord, darunter 26 Deutschen, in den Atlantik stürzte. Der Unglücks-Airbus A330 funkte eine Fülle von Problemen an die Air-France-Zentrale. Der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt: "Um 4.10 Uhr MESZ am Montagmorgen meldete das System, die Crew hat den Autopiloten abgeschaltet, um das Flugzeug von Hand zu steuern. Dann gab es eine Flut von Fehlermeldungen: Das Navigationsgerät fiel aus, die Bordbildschirme wurden schwarz." Um 4.14 Uhr die letzte Meldung: "Der Kabinendruck fiel ab." Die gefährliche Lage habe sich binnen Minuten zugespitzt. Das spreche gegen einen Bombenanschlag. Vier Minuten vom Abschalten des Autopiloten bis zum Abfall des Kabinendrucks seien "dann doch eine eher lange Zeit. Das zeigt, dass die Piloten versucht haben, das Problem in den Griff zu bekommen." Einen Blitz als Ursache schloss er ebenfalls aus: "Dafür war das Flugzeug zu groß."

Vermutlich seien die Piloten in ein schweres Tropengewitter geraten. "Da fliegt niemand absichtlich rein. Das ist ein Hexenkessel." Da gehe es mit 185 km/h senkrecht rauf, kurze Zeit später gehe es nach unten. "Zum Zeitpunkt des Unglücks sind über dem Atlantik zwei große Gewitterzellen sehr schnell zusammengewachsen." Die brasilianische Zeitung "O Estado de S. Paulo" zitiert einen Experten, der anhand der Funksignale vermutet, dass der Jet in Tausenden Meter Höhe auseinandergebrochen sei.

Außerdem kam heraus: Wenige Tage vor dem Todesflug gab es eine Bombendrohung gegen eine andere Maschine der Air France nach Paris. Ein anonymer Anrufer drohte in Buenos Aires mit Sprengung des Jets. Die Polizei durchsuchte das Flugzeug, fand aber nichts. Ermittler berichten in der Zeitung "Le Monde", dass es Parallelen zu einem Bombenanschlag auf eine DC-10 der französischen Linie UTA über der Wüste von Ténéré 1989 gebe. Auch damals ging alles so schnell, dass den Piloten keine Zeit blieb, einen Notruf abzusetzen. Der Anschlag konnte nie vollständig aufgeklärt werden.

Gestern entdeckte die brasilianische Luftwaffe im fünf Quadratkilometer großen Absturzgebiet ein sieben Meter großes Wrackteil und eine 20 Kilometer lange Öl- und Kerosinspur auf dem Wasser. Die Flugschreiber konnten nicht geortet werden.