Wirbel um ein über 30 Jahre altes Plattencover der deutschen Rockband Scorpions (“Wind of Change“). In den USA hat das FBI eine Untersuchung wegen des angeblich kinderpornografischen Titelfotos eingeleitet, auch die Engländer sind “not amused“ und jetzt prüfen sogar Deutschlands Sittenwächter eine Zensur.

London/ Hannover. Stein des Anstoßes ist das Original-Cover von "Virgin Killer" ("Jungfrauen-Mörder"), dem vierten Studioalbum der Scorpions, das 1976 auf den Markt kam. Die Plattenhülle zeigt ein nackt posierendes minderjähriges Mädchen, dessen Schambereich durch Risse in einem gesplitterten Spiegel verdeckt wird. Während es offenbar jahrelang niemanden störte, ist jetzt eine Lawine ins Rollen geraten, ausgelöst in den USA. Obwohl das Album dort zensiert ist, tauchte das Original im Frühjahr im Internet in einem Artikel der Online-Enzyklopädie Wikipedia auf. Sittenwächter schlugen Alarm. 32 Jahre nach dem Erscheinen der Platte ermittelte plötzlich die US-Bundespolizei FBI wegen Kinderpornografie.

Vor wenigen Tagen zogen die Engländer nach. Britische Internet-Provider legten Teile von Wikipedia lahm . Der Artikel über die weltweit erfolgreiche deutsche Band aus Hannover, mit einer Abbildung des umstrittenen Covers illustriert, war deshalb in Großbritannien im Internet-Mitmach-Lexikon nicht mehr aufzurufen und das soll vorerst auch so bleiben. Die Sperrung geht auf die britische Internet Watch Foundation zurück. Es handle sich um ein "potenziell illegales anstößiges Bild", erklärte ein Sprecher der britischen Internet-Kontroll-Organisation.

Rudolf Schenker (60), Gründer und Gitarrist der Scorpions, distanziert sich heute von dem Plattencover. "So etwas würden wir nie wieder machen", sagte er der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Das Cover sei allerdings Teil der Vergangenheit der Band und damit unlöschbar. Vor 32 Jahren seien die Reaktionen eher verhalten gewesen. Schenker: "Eine Zeitschrift nannte es 'die Sauerei der Woche', mehr Reaktionen aus Deutschland gab's aber nicht." In neueren Auflagen des Albums war das Foto von dem nackten Mädchen relativ schnell durch ein Bild der Band ersetzt worden.

Dennoch droht jetzt auch in Deutschland eine nachträgliche Zensur. Eine Beschwerde über das Original-Cover wurde von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) an die Kommission für Jugendmedienschutz weitergeleitet. "Bei dem Plattencover handelt es sich durchaus um einen Fall, bei dem die Kommission möglicherweise mit einen Indizierungsantrag tätig werden muss", sagte BPjM-Vorsitzende Elke Monssen-Engberding. Die Bundesprüfstelle folge in der Regel den Anträgen der von den Landesmedienanstalten gebildeten Kommission.

Eine Indizierung müsse sich allerdings nicht gegen die Scorpions richten. Möglich sei auch ein Verbot der nachträglichen Veröffentlichungen des Plattencovers im Internet.