Ottawa. Begleitet von massiven Protesten zahlreicher Tierschützer hat am Freitag in Kanada die Jagd auf 275 000 Robben begonnen. In der Morgendämmerung starteten die ersten Fangschiffe im Golf von St. Lorenz an der Ostküste des Landes. Der kanadische Fischereiminister Loyola Hearn versicherte, die Regierung tue alles, um die Robbenjagd "menschlich", sicher und nachhaltig zu gestalten.
Erstmals werden die Jäger 2008 unter anderem verpflichtet, die Schlagader der Tiere zu durchtrennen, um sie ausbluten zu lassen. Außerdem müssen sie vor dem Häuten den sogenannten "Blinzelreflex" prüfen, die Bindehaut bzw. Hornhaut der Robben berühren. Dazu gehört auch, die zerstörte Schädeldecke zu untersuchen. Damit wollen die Behörden sicherstellen, dass die Robben wirklich tot sind, ehe sie gehäutet werden.
Der Internationale Tierschutz-Fonds (IFAW) kritisierte die neuen Regularien als weitgehend unwirksam. "Bisherige Regeln wurden kaum beachtet, warum sollte das nun anders sein?", sagt IFAW- Robbenexperte Dr. Ralf Sonntag. Zudem würden weiterhin manche Tiere lebend mit Stahlhaken zu Sammelstellen gezogen und erst dort getötet. Vor allem die Modeindustrie in Norwegen, Russland und China ist an Robbenfellen interessiert. Aber auch aus Sicht des Deutschen Pelzinstituts (eine Lobbygemeinschaft der Pelzwirtschaft), hat die Jagd gute Gründe. Institutsleiterin Susanne Kolb-Wachtel: "Die Jagd dient nicht nur kommerziellen und industriellen Zwecken, sondern auch dem Artenschutz." Viele Jungtiere würden das erste Lebensjahr auch ohne die Jagd nicht überstehen und verenden, behauptet sie. "Und die ganz alten Tiere werden von Eisbären und Orcas gefressen oder sterben eines natürlichen Todes." Deutschland arbeitet an einem Gesetz, die Einfuhr von Robbenprodukten zu verbieten. In Kanada leben Schätzungen zufolge etwa 5,5 Millionen Robben.