Ob barfuß im Papierkleidchen, bedeckt oder in gedeckten Farben, ob mit Pelztier auf dem Kopf oder elegant: Paris sorgt wieder für Kontraste.

Paris. Gegensätze ziehen an: Das wurde jetzt in Paris deutlich. Selten konnte man bei den Prêt-à-porter-Schauen so viele unterschiedliche Stilrichtungen sehen. Ob schwarz oder bunt, bedeckt oder eher nackt, ob mit Pelz oder ohne: Alles ist offenbar erlaubt.

Bei Dior war Opulenz angesagt. Das wurde schon bei den üppig toupierten Haaren der Models deutlich, die sich zur Musik von "Mrs. Robinson" von Simon & Garfunkel in den Hüften wiegten. Wenn es nach Dior-Designer John Galliano (47) geht, dann verwandeln sich die Frauen im kommenden Winter in dekadente Barbiepuppen im Stil der 60er-Jahre, in verwöhnte Weibchen, die nur Leder und Pelz tragen.

Grelle Farben und üppig geschminkte Augen, so sieht die neue Dior-Frau aus. Dezent ist sie auf keinen Fall. Sie will auffallen, verführen und schockieren und trägt dafür Lacklederhüte, Minipelzjäcken und schwarze Lederröcke. Grelle Töne wie Pink, Orange, Türkis und Zitronengelb dominieren. Die Formen allerdings sind erstaunlich schlicht, fast spießig, und deshalb ist das alles tragbar. Schmale kurze Jacken mit Dreiviertelarm passen zu Röcken, die eine Handbreit über dem Knie enden. Der Trend für den kommenden Winter heißt also grelle Farben und schlichte, schmale Schnitte. Wie üblich gab John Galliano seine persönliche Showeinlage zum Schluss. Begleitet von vier Leibwächtern, erschien er im Fidel-Raul-Castro-Look in brauner Arbeitskleidung mit Kappe.

Auch bei Jean-Paul Gaultier wird die Frau zum Objekt. Dekoriert von oben bis unten mit Tierfellen und Tiermustern, erinnert sie an eine Jagdtrophäe. Und nicht nur der Pelz, das ganze Tier hängt auf der Frau, mit Augen, Kopf und Krallen. Fast gruselig war das. Auch Catherine Deneuve in der ersten Reihe blickte etwas verwundert. Die Pelzgegner von der Organisation Peta dürften reichlich empört sein, denn der französische Designer erklärte auch noch: "Ich liebe Pelz. Und nicht alle Pelze kann man durch Kunstfell ersetzen. Sie lassen sich einfach nicht imitieren."

Dabei hatte man von Jean-Paul Gaultier (55) eigentlich mehr märchenhafte Stimmung erwartet. Schließlich war er es, der das champagnerfarbene Meerjungfrau-Schuppenkleid für die französische Oscargewinnerin Marion Cotillard (32) kreierte. Gaultier ist zurzeit ohnehin in aller Munde. Denn auch das elegante Hochzeitskleid von Carla Bruni (39) für die Trauung mit Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy (53) stammte von Gaultier, allerdings aus dem Haus Hermes, für das er auch entwirft.

Tierdrucke, Dschungelatmosphäre und Stammeslook sind neben den grellen Farben einer der großen Trends für den Winter. Die Engländerin Vivienne Westwood (66) interpretierte das Dschungelthema ganz eigenwillig. Sie hatte englische Schulkinder gebeten, für sie zu malen. Heraus kamen wallende Gewänder, Kriegsbemalung und Ökokrieger mit alten Uniformresten sowie Filzdecken als Kleidung.

So viel Theater hat der deutsche Designer Karl Lagerfeld (70) gar nicht nötig. Er sieht buchstäblich schwarz und zeigte in seiner eigenen Linie "Karl Lagerfeld" eng auf den Leib geschnittene Kleider und Jacken, elegant in Schwarz, selten auch in Blau. Fast männlich wirkte die Frau, sehr emanzipiert, weder wie eine Barbiepuppe noch wie ein Jagdbeute. "Ich sehe die Frau als Amazone, männlich und weiblich zugleich", erklärte der Hamburger Designer seinen Stil.

Der japanische Modemacher Issey Miyake stellt sich offenbar auf einen Klimawandel mit wärmeren Wintern ein: Er schickte seine Models in leichten Röcken, Kleidern aus Papier und bisweilen barfuß auf den Laufsteg. Wegwerfbare Materialen hätten "ein immenses Potenzial", erklärte er.