Schlankheitswahn: Ärzte warnen - Laufstegverbot in Madrid. Falsches Schönheitsideal treibt immer mehr junge Frauen in die Magersucht.

Madrid/Hamburg. Nicht nur Männer liegen ihnen zu Füßen: Victoria Beckham (32), Nicole Richie (24), Keira Knightley (21). Auch Millionen junger Mädchen schwärmen davon, einmal so auszusehen wie ihre superdünnen Vorbilder aus Hollywood oder vom Laufsteg. Eine gefährliche Wunschvorstellung. Für eine 18-jährige Schülerin aus München endete der Kampf um die überschüssigen Kilos jetzt sogar mit dem Tod. Bis auf 28 Kilo hungerte sie sich ab, um die "Traumfigur" der Schauspielerin Keira Knightley ("Fluch der Karibik II") zu erreichen.

Und obwohl auch die Topmodels in den vergangenen Jahren immer dünner wurden, bestehen Jil Sander (62) und andere Trendsetter aus der Branche weiterhin auf den Mager-Look. Doch erstmals formiert sich in der glitzernden Welt der Schönen jetzt Widerstand.

Bei der Mode-Show "Pasarela Cibeles" in Madrid wurde ein Laufstegverbot für allzu dünne Mannequins durchgesetzt. Models, die nicht den Mindestwert 18 auf der Skala des sogenannten Body-Mass-Index erreichen, wurden von der Show ausgeschlossen.

Für Claudia Midolo, Geschäftsführerin der Hamburger Modelagentur Modelwerk, ist dieser Schritt längst überfällig. "Ich finde es gut, dass endlich etwas gegen diesen alienhaften Look unternommen wird."

In Deutschland sei das Problem nicht so gravierend wie in den internationalen Modezentren Mailand, London, New York oder Madrid, weil deutsche Kunden eher "hübsche Frauen im klassischen Sinne mit Rundungen" bevorzugen würden. Deswegen hätten deutsche High-Fashion-Models schlechte Karten, um sich auf dem internationalen Markt gegen ihre dürren Konkurrentinnen durchzusetzten. Während früher ein Taillenumfang von 90 Zentimetern als ideal betrachtet wurde, gebe es heute kaum noch ein Mannequin mit einem Umfang von mehr als 88 Zentimeter. Midolo: "Jil Sander entwirft ihre Mode sogar für einen Hüftumfang von 86 Zentimetern."

Ärzte warnen vor dem gefährlichen Schönheitsideal. Der Versuch, sich auf das Format der Topmodels herunterzuhungern sei sehr gesundheitsschädlich, sagt Annie Lacuisse-Chabot, Spezialistin für Innere Medizin.

Erstmals aufgerüttelt wurde die Glitzerbranche bereits vor sechs Wochen. Luisel Ramos, 22-jähriges Topmodel aus Uruguay, brach bei einer Modenschau in Montevideo tot zusammen. Nach wochenlanger Extrem-Diät wog sie nur noch 50 Kilo. Doch trotz des Todes ihrer Kollegin scheinen nur wenig Glamour-Mädchen an "gesunden Proportionen" interessiert zu sein. "Warum zeigt man nur auf die Dünnen und nicht auf die Dicken?" fragt Eva Sanz. Ihre Kollegin Bimba Bose (30): "Mager zu sein heißt nicht krank zu sein. Jeder Psychater weiß, dass für die Magersucht nicht wir Models verantwortlich sind, sondern die Mütter."

Neben den Mannequins laufen auch internationale Modelagenturen Sturm gegen das Laufstegverbot. "Die Mode ist eben so, und sie war immer so", sagt Karen Pfrunder, Casting-Direktorin von der Agentur Reflex Event in Paris. Es darf bezweifelt werden, dass sich die großen Modezentren wie London oder New York ein Beispiel an Madrid nehmen. Dabei waren immerhin fünf von 68 Schönheiten bei der "Pasarela Cibeles" nachweislich zu dünn. Die spanische Zeitung "El Mundo" jedenfalls jubelte über den erstmaligen Ausschluss der Mager-Models: "Die Zuschauer bekamen endlich Frauen mit Kurven zu sehen."