Modenschauen sollen zur Luxuswoche umgestaltet werden. Wie die Designer ihr Aushängeschild retten wollen.

Paris. Die Pariser Haute Couture ist zum Kampf zwischen zwei ausländischen Giganten geworden. Der Engländer John Galliano von Dior und der Hamburger Karl Lagerfeld bei Chanel wollen die hohe Schneiderkunst retten. Die wird schon seit langem totgesagt, doch in diesem Jahr ist es besonders dramatisch. Nur noch acht Modehäuser stehen auf der offiziellen Liste. Die anderen können sich Haute Couture nicht mehr leisten.

Kaum ein Haus kann mit Chanel und Dior mithalten. In den Dior-Ateliers arbeiten ständig 80 Personen, während der Schauen sogar 120. Bei Chanel sind es immer 120 und 50 zusätzlich bei den Luxus-Kollektionen. Zum Beweis, dass Haute Couture doch noch eine Existenzberechtigung hat, sind die Schauen in diesem Jahr besonders prunkvoll.

Die Dior-Präsentation war ein riesiges Spektakel, eine königliche Couture. Sissi-Kopien und Königinnen des 18. und 19. Jahrhunderts waren blass geschminkt, trugen Kronen und Diademe. Das Dekollete ist üppig, die Taille eng in ein Korsett geschmiedet, unten schwingen Reifröcke. Die Roben in den Tönen Rot, Pink und Grün sind im orientalischen Stil kostbar mit Gold bestickt. Elvis-Tochter Lisa Marie Presley im Publikum hatte aufgetürmte Haare und eine eingeschnürte Taille wie die Models. Liz Hurley klagte: Ein Ende der Haute Couture wäre dramatisch. Bei der Dior-Schau waren auch Val Kilmer, die deutsche Schauspielerin Diane Kruger sowie die Französin Juliette Binoche.

Tragbar und elegant ist dagegen die Haute Couture von Chanel. Es gibt eine treue und eine neue Chanel-Kundschaft , sagt Karl Lagerfeld. Schwarz-Weiß dominiert die Kollektion. Typische Tweedkostüme mit schmalen Jacken und schmalen, ausgestellten oder in Falten gelegten Röcken sind perfekt für den Tag. Paillettenkleider und weiße goldbestickte Roben eignen sich für den Abend. Das ist auf Kundinnen zugeschnittene Haute Couture.

Kostbar war auch die Kollektion von Valentino mit einer schmalen Linie, viel Seide und Spitze. Seine Kleider - diesmal überwiegt die Farbe Grün - sind häufig mit Pelzen verbrämt und wirken dadurch prunkvoll. Zum silbernen Cocktailkleid kombinierte er zum Beispiel eine Python-Kapuzenjacke. Ein schwarzes Abendkleid be-stach durch einen rot gefütterten Rock. Ein

französischer Kommentator sagte: "Das sind dramatische Kleider für Leute mit Star-Allüren." Heute endet die Haute Couture mit Jean-Paul Gaultier. Er ist der Letzte, dem es vor einigen Jahren gelungen ist, in den Kreis der wahren Haute Couture aufgenommen zu werden.

Um die Luxusmode doch noch zu retten, lädt die Pariser Modekammer in jedem Jahr auch junge Modeschöpfer zu den Schauen ein, die neben den großen Häusern ihre Entwürfe zeigen. Außerdem gibt es so genannte off-Schauen von Designern wie zum Beispiel der Japanerin Yumi Katsura, die von dem Ereignis profitieren.

Doch bisher ist noch kein neues Talent in Sicht, das sich eines Tages den Luxus der Haute Couture auch leisten kann. Interessanter ist deshalb die Idee von Dior-Couture-Chef Sidney Toledano. Er schlägt vor, eine Luxuswoche einzuführen, bei der nicht nur Mode gezeigt wird, sondern auch Parfüms und neue Schmuckkollektionen vorgestellt sowie Boutiquen eingeweiht werden. Dior und Louis Vuitton haben die Idee schon verwirklicht. Dior eröffnete eine neue Pariser Boutique. Das Haus Louis Vuitton, das in diesem Jahr sein 150. Jubiläum feiert, lancierte die erste Luxus-Schmuck-Kollektion. Diese Ereignisse bestätigen das Image von Paris als Metropole für Mode und Luxus - auch wenn Mailand noch immer versucht, der Seine-Stadt den Rang abzulaufen.