Zum Schluss hatte das 14 Monate alte Mädchen mit sechs Kilo nur noch halb so viel gewogen wie andere Kinder in ihrem Alter. Da die Eltern den kritischen Zustand ihrer Tochter sehr wohl erkannt hätten, hob das Gericht das vorangegangene mildere Urteil auf.

Gießen. Im zweiten Prozess um den Hungertod der kleinen Jacqueline hat das Landgericht Gießen die Eltern am Freitag zu lebenslanger Haft wegen Mordes verurteilt. Nach Ansicht der Kammer hatte das Paar aus dem nordhessischen Bromskirchen seine Tochter im Frühjahr 2007 nicht mehr versorgt, weshalb Jacqueline mit 14 Monaten qualvoll verhungerte. In einem ersten Prozess in Marburg ergangene, mildere Urteile hatte der Bundesgerichtshof aufgehoben.

Die Gießener Kammer sah einem Sprecher zufolge im Fall von Jacquelines Mutter Judith H. das Mordmerkmal der Grausamkeit erfüllt. Die heute 23-Jährige habe bis zum Schluss Umgang mit Jacqueline gehabt und sehr wohl erkannt, wie schlecht es um sie steht. Der 35 Jahre alte Vater Guido H. wiederum habe aus niedrigen Beweggründen gehandelt, befanden die Richter. Er habe Jacqueline zwar zwei Wochen vor ihrem Tod nicht mehr gesehen, aber ebenfalls den Ernst der Lage gekannt. Er habe vor dem Hungertod seiner Tochter die Augen verschlossen.

Das Gericht folgte mit seiner Entscheidung dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Dagegen hatte die Verteidigung die milderen Urteile des ersten Verfahrens vor dem Landgericht Marburg halten wollen. Dieses hatte Judith H. wegen Totschlags zu acht und Guido H. wegen fahrlässiger Tötung zu dreieinviertel Jahren Haft verurteilt. Der Bundesgerichtshof hatte diese Entscheidung im September aufgehoben, weil die Mordmerkmale der Grausamkeit und der niedrigen Beweggründe fehlerhaft verneint worden seien.

Das Schicksal von Jacqueline war im März 2007 bekannt geworden, als ihre Mutter Hilfe bei einer Ärztin suchte. Diese konnte jedoch nur noch den Tod des Mädchens feststellen. Jacqueline war an den Beinen völlig wund und wog mit sechs Kilogramm nur halb so viel wie andere Kinder in ihrem Alter. In dem 2000-Einwohner-Ort Bromskirchen hatte der Fall auch deshalb für Entsetzen gesorgt, weil offenbar niemand das Martyrium des Mädchens bemerkt hatte.