Der Thronfolger Felipe von Spanien muss seinen kranken Vater vertreten. Erstaunlicherweise meistert er seine Sache gut.
Madrid. Der spanische Thronfolger Felipe Juan Pablo y Alfonso de Todos los Santos de Borbón y Grecia, 42, hatte kaum auf der Ehrentribüne des Stadio Nou Camp in Barcelona Platz genommen, als der FC Sevilla durch einen strammen 20-Meter-Schuss mit 1:0 gegen seinen erklärten Favoriten Atlético Madrid in Führung ging. Der Kronprinz verzog keine Miene, sondern befolgte strikt den Ratschlag seines lungenkranken Vaters, den er zu vertreten hatte: "Wahre stets Neutralität und zeige keinesfalls Gefühle für deinen Verein."
Als Felipe den Pokal überreichte, verzog er keine Miene
35 Jahre lang hatte Juan Carlos I., 72, kein einziges Finale versäumt und sich dabei stets an seine eigene Vorgabe gehalten. Die fußballverrückte, aber keineswegs monarchistische spanische Nation sah deshalb ganz genau hin, als der Sohn den Andalusiern den Pokal überreichen musste. Später urteilten die Kommentatoren, Felipe habe diese "überaus wichtige Aufgabe hervorragend gelöst". Nach Ansicht von Beobachtern hat der spanische Kronprinz sich gerade in den vergangenen Jahren zum Positiven verändert. Er hat seine Unsicherheit und Zurückhaltung abgelegt und wirkt selbstbewusst und aufgeschlossen. Die Tage seiner belächelten Hüftsteife, wie seine Auftritte bei den Olympischen Sommerspielen von Barcelona im Jahre 1992 genannt wurden, sind längst vergessen.
Auch Rolf Seelmann-Eggebert, der deutsche Doyen der internationalen Hofberichterstatter, sieht einer möglichen Nachfolge Felipes auf den Thron mit Gelassenheit entgegen. "Er hat seine Ausbildung beinahe abgeschlossen, war für die Krone schon oft unterwegs und hat aktiv seine Rolle als Kronprinz gespielt." Allerdings sei an eine vorzeitige Abdankung des Vaters nicht zu denken. "In den europäischen Monarchien, von den Niederlanden einmal abgesehen, herrscht der Grundsatz: Der König ist tot, es lebe der König. Der Monarch wird nur vom lieben Gott abberufen", sagt Seelmann-Eggebert. Wie gut es dem König nach seiner Lungenoperation gehe, werde man spätestens Anfang August merken, wenn die Königsregatta Copa del Rey vor Mallorca stattfindet, an der Juan Carlos regelmäßig teilnimmt. "Dem König müsste es schon sehr schlecht gehen, wenn er nicht mitsegeln würde. Er ist ein begeisterter Segler. Wenn er nicht dabei wäre, wäre das ein schlechtes Zeichen!"
Nach dem Tod des Diktators Franco hatte allein der junge Juan Carlos die Macht, reformwillige Politiker an die Schlüsselstellen des autoritären Franco-Staates zu berufen. Er kämpfte jedoch dafür, dass Politiker linker Parteien aus dem Exil zurückkehren durften, dass das Militär Wahlen akzeptierte und Vertreter aller Parteien sich auf eine neue Verfassung einigten. Als einige Obristen im Februar 1981 das Parlament besetzten, rettete er durch eine Fernsehansprache und Telefonate mit den Rädelsführern die junge Demokratie. Seinen Sohn Felipe, damals 13, zitierte er dazu in sein Arbeitszimmer. Der Prinz sollte am Beispiel lernen, wie ein König Staatskrisen meistert.
Die Fotos, wie Felipe 15 Jahre später in verlotterten Jeans höchstselbst Plastiktüten aus einem Supermarkt heraustrug oder wie er in den 90er-Jahren immer mal wieder mit vollbusigen Fotomodels und Partygirls gesichtet wurde, sind verblasst. Verantwortlich dafür ist nicht nur das strenge spanische Hofprotokoll, sondern auch seine formidable Ausbildung an renommierten Universitäten; vor allem aber auch seine Frau, Prinzessin Letizia. Das glauben im Besonderen die jungen Spanier. Zwar halten rund 55 Prozent der Bevölkerung die Monarchie im Prinzip für überflüssig, aber Felipe und die prominente ehemalige Fernsehmoderatorin kommen an. Mit ihnen wäre die iberische Bourbonendynastie endgültig in der Moderne angekommen. Vor allem entspräche Letizia, durch deren Adern kein Tropfen blaues Blut fließt, der typischen Frau des 21. Jahrhunderts: berufstätig, geschieden und vorlaut, wird selbst das höfische Protokoll zitiert.
Vor allem Prinzessin Letizia ist sehr populär
"Schon Juan Carlos ist ein sehr populärer König, während ich die Popularität bei dem jungen Paar eher bei Letizia als bei ihm sehe", meint Seelmann-Eggebert. Mit der Inthronisation Juan Carlos' I. hatte das spanische Hofzeremoniell binnen kürzester Zeit die Einsicht gewinnen müssen, dass die junge spanische Demokratie nur einen Bürgerkönig vertragen konnte. Aller Pomp wanderte daraufhin in die Asservatenkammern, wo er nach Ansicht wichtiger Meinungsführer wie des Kolumnisten Enric Sopena auch hingehört: "In einem Spanien der bürgerlichen Freiheiten wird die Monarchie republikanisch sein, oder sie wird gar nicht sein." Der künftige König, der einst als Felipe VI. den Thron besteigen wird, lebt längst danach.