Berlin. Die Zahl der Verletzungen durch Trampolinspringen steigt rasant. Stiftung Warentest hat zehn Modelle untersucht. Wo liegen Gefahren?
Hoch, hoch und immer höher. Trampoline lassen Kinder vom Fliegen träumen. So stehen die Sportgeräte in immer mehr Gärten, Experten freuen sich über die Bewegungslust der Kinder, das Springen stärke Kraft und Koordination. Doch auch die Zahl der Verletzungen steigt, sagen Unfallchirurgen. Das kann an den Geräten liegen, aber auch an den Luftakrobaten. Die Stiftung Warentest hat zehn Trampoline getestet. Was Eltern und Kinder wissen müssen:
Wie häufig passieren Unfälle beim Trampolinspringen?
Seit Jahren beobachten Mediziner einen Anstieg von Verletzungen. Zuletzt kam 2014 eine Studie deutscher Orthopäden zu dem Ergebnis, dass sich die Zahl in den 15 Jahren zuvor mehr als verdreifacht hat. Rund 28 Prozent der Verletzungen waren dabei schwer, Kinder brachen sich also etwa einen Arm oder ein Bein. Und nach einer Studie des Robert Koch-Instituts von 2016 ist das Trampolinspringen bei den Ein- bis Sechsjährigen ein Hauptgrund für Verletzungen unter Beteiligung eines Sport- oder Freizeitgeräts.
Für die Sommermonate könne man sagen, dass Ärzte an Traumazentren jeden Tag eine ernst zu nehmende Verletzung durch Trampolinspringen zu sehen bekommen, sagt Dr. Christopher Spering von der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). „Wir bewerten das Trampolinspringen als eine sehr positive Art sich zu bewegen – was im Alltag von Kindern meist zu kurz kommt“, sagt der Oberarzt von der Uniklinik Göttingen. „Aber Eltern sollten sich bewusst sein, dass Trampolinspringen ein Risiko birgt.“
Welche Verletzungen können sich Kinder zuziehen?
Viele Unfälle passieren, weil Kinder gemeinsam springen, zusammenstoßen und übereinanderfallen, sagt Spering. Typische Verletzungen seien Platzwunden oder milde Schädel-Hirn-Traumata. „Häufig sind auch Unter- und Oberarmbrüche, Brüche des Unterschenkels und Verletzungen des Sprunggelenks“, sagt Spering. Im schlimmsten Fall kämen Verletzungen an der Wirbelsäule hinzu.
Ab welchem Alter können Kinder Trampolinspringen?
Die DGOU empfiehlt ein Mindestalter von sechs Jahren. „Unter sechs Jahren gibt es ein Missverhältnis zwischen der Ausbildung des Skeletts, der Muskulatur und der Stabilität der Bänder,“ sagt Spering. Die Kräfte, die beim Springen wirkten, könnten von kleineren Kindern nicht so gut aufgefangen werden.
Und noch etwas anderes sei wichtig: „Beim Trampolinspringen ist es wichtig, dass Kinder ihre eigene Leistungsfähigkeit einschätzen können. Neben der Koordination und Kraft ist die Konzentrationsfähigkeit essenziell.“ Das sei bei Kindern, die zum Beispiel schon im Schulsport seien, eher gegeben als bei Jüngeren.
Wo liegen die Gefahrenquellen bei Geräten?
Stiftung Warentest hat für ihre Zeitschrift „test“ (Ausgabe 4/19) zehn Trampoline getestet. Die Hälfte schnitt „gut“ ab, besonders bei der Sicherheit.
Zu den wichtigsten Gefahrenpunkten zählen die Tester mögliche Fangstellen insbesondere am Einlass, an denen Kinder mit dem Kopf oder Finger hängen bleiben können. Bei der Sprungmatte ist ein maximales Nutzergewicht angegeben, die Matte darf sich nicht zu weit durchbiegen und dadurch den Boden berühren. Wichtig ist die Standsicherheit: Die Prüfer ermittelten die Stabilität der Geräte – weder Beine und Pfosten noch das ganze Trampolin durften kippen.
Eine weitere Gefahr ist nachlassende Reißfestigkeit: Netz, Sprungmatte oder Randabdeckung sind Witterungseinflüssen wie Regen und Schnee, Kälte und Hitze oder der UV-Strahlung der Sonne ausgesetzt. Metallteile beginnen zu rosten, Kunststoffteile können unter den Sonnenstrahlen spröde werden. Kommt die Belastung durch den Gebrauch des Trampolins hinzu, können Metallfedern brechen, Einhängeschlaufen des Sprungtuchs ausreißen oder Sicherheitsnetze durchreißen, warnt der Tüv Süd.
Die DGOU rät, ein Trampolin vor Saisonbeginn einmal auf die wichtigsten Punkte zu überprüfen.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse des Tests?
Gleich mehrere Mängel zeigte das Trampolin „Premium Gold 10 Combi Deluxe“ von Etan, das Stiftung Warentest mit „mangelhaft“ bewertete. Am verschlossenen Eingang könnte ein Kind mit dem Kopf hängen bleiben und sich strangulieren, urteilten die Prüfer. Auch die Sprungmatte habe sich zu weit durchgebogen. Laut Stiftung Warentest hat der Hersteller auf Anfrage mitgeteilt, dass die Verschlüsse am Eingang verändert worden seien. Die Netze könnten kostenlos umgetauscht werden.
Beim Modell „Izzy Sport“ verformte sich einer der Pfosten, bei dem Modell von Berg führte eine missverständliche Montageanleitung dazu, dass das Trampolin falsch aufgebaut wurde und sich ein Verschluss öffnete.
Testsieger wurde das „Medium Round R79“ von Springfree, das mit 1300 Euro allerdings auch das mit Abstand teuerste Modell im Test war. Als einziges Modell tragen hier Fiberglasstangen die Sprungmatte, eine Randabdeckung ist somit nicht nötig. Bei den anderen Geräten kommen Stahlfedern zum Einsatz, die am Rand durch eine Abdeckung gepolstert werden müssen. Positiv bewertet wurde, dass die Modelle von Springfree, Decathlon, Exit und Salta sich einfach zurückbauen und winterfest machen lassen.
Welche Regeln machen das Trampolinspringen sicherer?
Bei einem Trampolin handele es sich um ein Sport- und kein Spielgerät, sagt Spering, „das bedeutet: Es braucht immer eine Trainingsphase.“ Mindestens während dieser Phase, in der sich ein Kind an das Trampolin gewöhnt, sollte ein Erwachsener dabei sein.
Darüber hinaus ist der wichtigste Rat laut Spering, dass Kinder immer alleine springen – nicht nur, um Zusammenstöße zu vermeiden. Springen etwa Groß und Klein zugleich, katapultiert der Schwerere die Leichteren durch die Luft. „Durch den Katapulteffekt landen die Kinder dann falsch.“
Spielzeuge wie etwa Bälle hätten nichts auf dem Trampolin zu suchen. Kinder sollten die Schuhe ausziehen, am besten barfuß oder mit Stoppersocken springen. Wer mittig springe und lande, also die markierte Mitte der Matte nutzt, verringere das Risiko, auf die Stahlfedern am Rand zu prallen.