Anke Pauli hat ein Online-Netzwerk für Frauen gegründet. Sie will einen Austausch über Vermögensaufbau und Altersvorsorge.

Bei Anke Pauli im Flur stehen zwei Spardosen für Kleingeld – ein gelber Miniatur-Briefkasten der spanischen Post Correos und ein goldenes Plastikschwein mit langen Wimpern aus Bangkok. Immer wenn sie nach Hause kommt, steckt sie ein paar lose Münzen dort hinein. Aus dem Postkasten kann sie sich jederzeit bedienen, um zum Beispiel ihr S-Bahn-Ticket zu zahlen. Das Schwein bleibt verschlossen, bis der nächste Urlaub ansteht. Der Kassensturz finanziert dann den einen oder anderen Restaurantbesuch auf der Reise.

So wie Anke Pauli ihr Kleingeld spart, geht sie auch bei ihrer Altersvorsorge vor: einfach, regelmäßig, mit Spaß und Aussicht auf Belohnung. „Geldanlage muss nicht kompliziert sein“, sagt die Hamburgerin beim Gespräch in einem Café in St. Georg nahe ihrer Wohnung. Im roten Streifenshirt und Jeans spricht sie über Rentenlücke, Fonds und Börsenkurse. Anke Pauli will auch andere Frauen ermutigen, sich für die eigene Zukunft finanziell abzusichern und Hemmungen angesichts vermeintlich komplizierter Finanzfragen abzubauen. Deshalb hat sie die Onlinecommunity „Geldfreundinnen“ gegründet, wo sich Frauen in virtuellen Gruppen, sogenannten Spaces, untereinander und mit verschiedenen Finanzexpertinnen über Geldfragen austauschen können.

Bundesweit arbeitet fast jede zweite Frau in Teilzeit

Frauen in Deutschland verdienen im Durchschnitt 21 Prozent weniger als Männer. Rechnet man strukturelle Bedingungen heraus, sind es nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts immer noch sechs Prozent. Zu diesen Bedingungen gehört, dass Frauen häufiger in schlechter bezahlten Berufen tätig sind, seltener Führungspositionen haben und bundesweit fast jede zweite Frau – jedoch nur neun Prozent der Männer – in Teilzeit arbeitet. Diese Einkommens­lücke, der sogenannte Gender-Pay-Gap, wirkt sich auch auf die Rentenzahlungen aus. „Sie werden außerdem im Schnitt fünf Jahre älter als Männer“, sagt Anke Pauli. „Aus all diesen Gründen ist Altersarmut vor allem ein Frauenthema.“

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© Frank Hasse

Die Idee zu „Geldfreundinnen“ kam ihr nach einem dreijährigen Auslandsaufenthalt. In Taiwan hatte die studierte Übersetzerin, die zuvor als Projektleiterin im Export eines mittelständischen Unternehmens tätig war, Chinesisch gelernt. Zurück in Hamburg, gründete sie zunächst eine Onlineplattform, die den Austausch zwischen deutschen und chinesischen Frauen fördern sollte. Zeitgleich befasste sie sich intensiv mit der eigenen Altersvorsorge. Und entdeckte gemeinsam mit ihrem Mann ihre Begeisterung für Aktien, Fonds und Renditefragen.

Anfangs ist ein Finanzpolster wichtig

„Je mehr man darüber weiß, umso mehr Spaß macht es“, sagt die 43-Jährige. „Die größte Hürde ist der erste Schritt.“ Und so beschloss sie, das Finanzthema in den Mittelpunkt einer neuen Frauencommunity zu stellen. Denn wenn Frauen unter sich seien, trauten sie sich viel eher, alle ihre Fragen zu stellen, hat die Netzwerkerin beobachtet. Das Angebot richtet sich vor allem an Anfängerinnen in Finanzfragen. Sie erhalten Tipps für eine erfolgreiche und solide Anlagestrategie.

Am Anfang sei es wichtig, sich ein Finanzpolster für unerwartete Ausgaben und unerwartete Lebenssituationen zu schaffen, sagt Anke Pauli. Als Selbstständige achtet sie darauf, mindestens sechs Monate die wichtigsten Ausgaben bestreiten zu können.

Außerdem sollten Frauen einen Überblick über ihre Einnahmen und vor allem Ausgaben haben. „Ein Haushaltsbuch oder eine App kann helfen, auch kleine Beträge wie den täglichen Coffee to go bewusst wahrzunehmen“, sagt die Gründerin, die selbst viel zu Fuß geht, seit sie keine HVV-Proficard mehr hat. Unnötige Abos und Verträge, zum Beispiel fürs selten besuchte Fitnessstudio, sollten gekündigt werden. „Natürlich sollte man sich nicht extrem einschränken, das Leben soll ja noch Spaß machen.“ Sinnvoll, um zu erfahren, wie hoch die zu erwartende spätere Rente sein wird und in welcher Höhe man zusätzlich vorsorgen sollte, sei zudem eine Beratung bei der Rentenversicherung.

Es gilt das magische Dreieck zu berücksichtigen

Das nächste Ziel lautet Vermögensaufbau. Hier gelte es, das sogenannte magische Dreieck aus Rentabilität, Sicherheit und Liquidität zu berücksichtigen, sagt Anke Pauli. „Die Punkte hängen unweigerlich zusammen. Je höher die Rendite, desto höher ist das Risiko.“ Je nach Sicherheitsbedürfnis, Anlageziel und persönlicher Situation sind daher unterschiedliche Strategien sinnvoll. Die bei vielen Deutschen beliebten Tagesgeldkonten eigneten sich angesichts der niedrigen Zinsen allerdings kaum zum Vermögensaufbau, sagt sie. Gerade für Anfängerinnen eigneten sich vor allem passiv gemanagte Indexfonds – auf Englisch: Exchange Traded Funds (ETFs) – als Anlageform. „Das ist kostengünstig, langfristig und einfach zu verstehen. Man muss auch nicht jeden Tag reingucken und kommt jederzeit an sein Geld ran.“

ETFs bilden einen Index nach, zum Beispiel den Deutschen Aktien Index (DAX). Dort werden die 30 größten deutschen Unternehmen an der Börse geführt. Es gibt aber auch deutlich breiter gestreute Fonds – wie den Weltaktienindex MSCI World. Diese bringen ein entsprechend geringeres Risiko mit sich, wie Anke Pauli erklärt. „Wenn es einem Unternehmen schlecht geht, fällt das nicht sofort ins Gewicht.“ Wer in einen ETF investieren will, sollte ein Wertpapierdepot bei einer Online-Bank einrichten. Es ist auch möglich, erst einmal ein Musterdepot zu beobachten.

Verbraucherzentralen sind gute Anlaufstellen

Sparerinnen können gleich zu Beginn eine bestimmte Summe investieren oder über einen Sparplan regelmäßig einen kleineren Betrag ab 25 Euro einzahlen. Wer Wert darauf legt, dass sein Geld nicht nur finanziell, sondern auch ökologisch und sozial nachhaltig angelegt ist, sollte sich nach entsprechenden Finanzprodukten erkundigen. Die Möglichkeit einer nachhaltigen Geldanlage ist jedoch häufiger bei aktiv gemanagten Fonds zu finden.

Unabhängige Hilfestellung bei der Entscheidung bieten zum Beispiel Honorarberater, die für ihre Empfehlungen keine Provisionen erhalten. Allerdings gibt es nur wenige solcher Berater in Deutschland. Einfacher und zudem günstiger ist es daher, einen Termin bei einer Verbraucherzentrale zu vereinbaren. „Das sind sehr gute Anlaufstellen, die Mitarbeiter gucken sich alle Unterlagen genau an und überprüfen auch bestehende Verträge“, sagt Anke Pauli. Die Verbraucherzentrale Hamburg bietet außerdem Vorträge zu dem Thema an.

Minijobs wirken sich negativ auf die Höhe der Rente aus

Sich gründlich zu informieren sei die Grundvoraussetzung für eine sinnvolle Geldanlage, sagt Sally Peters, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen (iff). „Nur wer Chancen und Risiken kennt, kann kluge Entscheidungen treffen.“ Frauen seien wegen Auszeiten für Kinder- und Familienbetreuung viel stärker von Altersarmut betroffen. Auch nach dem Wiedereinstieg seien sie viel häufiger als Männer in prekärer Beschäftigung, üben zum Beispiel Minijobs aus. Das wirke sich langfristig negativ auf die Höhe der Rente aus. „Unter anderem mit dem Ehegattensplitting und dem Unterhaltsrecht gibt es zudem immer noch Strukturen, die es begünstigen, die traditionellen Geschlechterrollen beizubehalten“, sagt Sally Peters.

Insbesondere Frauen müssten daher – mit Blick auf die zu erwartende Rentenlücke – die Verantwortung für ihre eigenen Finanzen übernehmen. „Finanzielle Bildung wird immer wichtiger. Das sollte schon in der Schule beginnen und in allen Bundesländern fest im Lehrplan verankert sein.“ Finanzbildung könne jedoch immer nur ergänzend wirken. Mindestens ebenso wichtig seien Verbraucherschutz und Finanzmarktregulierung, sagt Sally Peters. „Es ist beides notwendig: bessere Rahmenbedingungen und die Fähigkeit, kompetente persönliche Entscheidungen zu treffen.“

Geld-Freundinnen-Tag am 22. Juni

Um Frauen in diesem Punkt zu unterstützen, hat Anke Pauli einen „Geldfreundinnen“-Tag organisiert. Bei Vorträgen und Workshops können die Teilnehmerinnen am kommenden Sonnabend in das Thema Geldanlage einsteigen, sich miteinander austauschen und vernetzen. Der Organisatorin geht es darum, Frauen darin zu bestärken, sich mit Finanzfragen auseinanderzusetzen und Vorurteile zu überwinden. Denn eines will die gebürtige Schwäbin betonen: „Investieren bedeutet nicht Spekulation.“ Dann muss sie los, zur Buchvorstellung einer Finanzautorin. Anke Pauli macht sich zu Fuß auf den Weg, das gesparte Geld für die Fahrkarte wird an diesem Abend in ihrer Spardose landen.

Die Geldfreundinnen:

  • Die Themen aus der Online-Community sollen beim „Geldfreundinnen“-Tag am Sonnabend, 22. Juni, vertieft werden. Die Informations- und Netzwerkveranstaltung hat Anke Pauli gemeinsam mit der Initiative Mind the Gap und der Online-Finanzplattform Finmarie organisiert.
  • Unter dem Titel „Heute schon an morgen denken: finanzielle Unabhängigkeit“ gibt es Vorträge und Workshops. So geht Sally Peters vom iff der Frage nach, „Warum Armut weiblich ist“, und die Finmarie-Gründerin Karolina Decker spricht über „Geld anlegen für Einsteiger“. Außerdem geht es um Vermögensplanung, Altersvorsorge, nachhaltige Geldanlage und finanzielle Verbesserung durch Weiterbildung.
  • Der „Geldfreundinnen“-Tag beginnt um 9.30 Uhr in den Räumen der GLS Bank, Düsternstraße 10. Tickets kosten 50 Euro, günstiger wird es, wenn zwei Teilnehmerinnen sich gemeinsam anmelden. Eine Anmeldung ist bis 20. Juni über www.geldfreundinnen.de möglich.
  • Die Verbraucherzentrale Hamburg bietet davon unabhängig einen Vortrag zum Thema „Aktienfonds, ETFs & Co. für Einsteiger“ an. Anke Puzicha, Rechtsanwältin und Finanzexpertin, spricht am Dienstag, 30. Juli, von 18.30 Uhr bis 20.30 Uhr in den Räumen an der Kirchenallee 22. Der Eintritt kostet 25 Euro. Anmeldung über www.vzhh.de.