Hamburg. Der Harburger Turnerbund von 1865 investierte in Technik und spart jetzt Energiekosten. Doch nicht alle Vereine können sich das leisten.
Die Zukunft des Sports liegt auf der Jahnhöhe am Vahrenwinkelweg, auf dem weitläufigen Gelände des Harburger Turnerbundes von 1865 (HTB). In ein Neubau- und Waldgebiet eingebettet, laden neun rote Tennisplätze im Freien, zwei blaue in der Halle, zwei Kunststoffrasenplätze, drei Fitness- und Gymnastikräume zum Sporttreiben ein.
Um aber zu verstehen, was den Club mit seinen rund 2000 Mitgliedern in 18 Abteilungen von den meisten anderen in Hamburg substanziell unterscheidet, genügt ein Blick auf die Dächer des Hauptgebäudes, auf die dortige Fotovoltaikanlage. Die Umwandlung der Lichtenergie mittels Solarzellen in elektrische Energie deckt heute etwa 30 Prozent des Strombedarfs des Vereins.
Harburger Turnerbund von 1865 wurde zu Hamburgs „Vorzeigeclub“
3,5 Millionen Euro hat der HTB vor zwei Jahren investiert, in besagtes Hauptgebäude, in LED-Beleuchtungen, Wärmedämmungen, Regenwasserspeicher (unter anderem zur Bewässerung der Außenplätze), Batterien, Wärmetauscher, Erdwärmepumpen. Die Rohre dafür waren schon vor Jahren vorausschauend unter den Tennisplätzen bis in die Geschäftsstelle verlegt worden, dort ragten sie lange anschlusslos aus den Wänden heraus, jetzt werden sie genutzt.
Die alte Tennishalle wurde abgerissen, ebenerdig entstand auf 1600 Quadratmetern die „Kita Haakefüchse“ für bis zu 128 Kinder, darüber im ersten Stock zwei Hartcourtplätze mit Schwingboden und die Vereinsgaststätte. Die gesamte energetische Sanierung spart inzwischen erhebliche Kosten; für Gas sanken sie von einst auf 50.000 auf rund 12.000 Euro im Jahr, für Strom von 5000 auf 2000 Euro.
„Betriebskosten sind Gelder der Mitglieder. Sie dauerhaft zu senken liegt im Interesse aller“, sagt Geschäftsführer Torsten Schlage (61), seit 25 Jahren dabei, die treibende Kraft des ökologischen Umbaus. Als die Maßnahmen und eine Kreditaufnahme von 3,24 Millionen Euro beschlossen wurden, gab es auf der Versammlung nur eine Gegenstimme. Der Betrieb des Hauptgebäudes erfolgt heute CO2-neutral. Der Architekt Bernard Kössler, zum Jahresende scheidender stellvertretender Vorsitzender des Hamburger Sportbundes (HSB), bezeichnet den HTB 65 auch deshalb als „Vorzeigeclub“.
Nicht alle Vereine können sich Umrüstung leisten
Matthias Herrmann ist der Küchenchef auf der Jahnhöhe, auch er fühlt sich der Philosophie des Vereins verpflichtet, kauft bei Biobauern aus der Umgebung ein. Fast ausschließlich regionale Produkte kommen bei ihm in der Kita und der Vereinsgaststätte auf den Tisch, um die 150 Essen bereitet er täglich zu. „Das Konzept gefällt, die Eltern begrüßen es ausdrücklich“, sagt Herrmann.
Der HSB, 500.000 Mitgliedschaften in 820 Vereinen, unterstützt die finanziellen Aufwendungen seiner Clubs zu mehr Nachhaltigkeit mit Baukostenzuschüssen. Der HTB erhielt 60.000 Euro für seine Investition in moderne Haustechnik. Auch Bundesmittel stehen meist in verschiedenen Programmen zur Verfügung. Zudem bietet der Sportbund regelmäßig Workshops für Vereine an, die ihre Anlagentechnik neu aufstellen wollen. „In den vergangenen fünf Jahren haben bereits einige Clubs in nachhaltige Energiekonzepte investiert“, sagt Iris Bulla, beim HSB Referentin für Sportinfrastruktur. Die Nachfrage steigt, nicht zuletzt wegen rapide steigender Energiepreise.
Der TuS Harburg betreibt seit geraumer Zeit ein Blockheizkraftwerk, die Liga für freie Lebensgestaltung heizt ihr Schwimmbad auch mit Solarenergie. „Zudem haben viele Hamburger Tennis- und Hockeyvereine mithilfe der Bundesförderung auf LED-Flutlicht umgestellt, Tennishallen werden mit moderner Hallen-Strahlungsheizung gewärmt“, sagt Bulla. 14 Hamburger Clubs nutzen schon Fotovoltaikanlagen oder planen deren Installation. Auch das neue Sportzentrum des Eimsbütteler TV am Lokstedter Steindamm, das am 21. Oktober eröffnet werden soll, gewinnt Strom aus Solarenergie. Es sind bisher aber vor allem Großvereine oder vermögende Spartenclubs, die sich die technologische Umrüstung leisten (können).
HSB wirbt für Fair-Trade-Produkte
Die Energiewende geht für den HSB über Gebäudesanierungen oder -umrüstungen hinaus. In Kooperation mit dem Team Green postuliert der Verband, das Auto stehen zu lassen, lieber mit dem Rad zum Sport zu fahren. Die Ruder- und Segelclubs an der Alster schaffen sich zunehmend Motorboote mit E-Antrieb an, einer der Vorreiter war hier der Norddeutsche Regatta-Verein (NRV).
Fair gehandelte Produkte zu kaufen entwickelt der HSB zu einem weiteren Schwerpunkt seiner Kampagne für mehr Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit in den Vereinen. Produkte, die unter menschenunwürdigen Umständen oder von Kindern hergestellt wurden, sollen nicht mehr gekauft werden. „Inzwischen gibt es zum Beispiel hervorragende Fußbälle, die keine bekannten Markenprodukte sind, aber genau dieselben Eigenschaften aufweisen“, sagt Maarten Malczak, HSB-Referatsleiter für Politik und Kommunikation. Der Hamburger Sport scheint bereit, sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen.