Hamburg. Weil der Lockdown verlängert wurde, kann maximal in der Regionalliga gespielt werden. Bekommt Hamburg eine Corona-Meisterschaft?

Der Saisonabbruch in der Regionalliga Nord scheint unvermeidbar, im Hamburger Amateurfußball ist er beschlossene Sache. Das hat Auswirkungen auf die Amateurclubs und ihre Spieler. Ein Überblick.

Saisonabbruch: HSV sorgt sich um Talente

Regionalliga Nord: Eintracht Norderstedts Präsident Reenald Koch, Vorsitzender des Regionalligaauschusses des Norddeutschen Fußballverbandes, glaubt an eine Saisonfortsetzung der Regionalliga Nord. „Das Bestreben ist da. Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Koch. Doch ob es klappt, ist sehr fraglich. Wegen der Aufstiegsspiele gegen den Meister der Regionalliga Bayern müsste die Saison bis Ende Mai abgeschlossen sein. Bislang ist nicht einmal die Hinrunde beendet.

Für die fünf Hamburger Clubs ergeben sich bei einem Saisonabbruch unterschiedliche Szenarien. Der HSV II und der FC St. Pauli II sorgen sich ohne Wettkampfpraxis vor allem um die Entwicklung ihrer Talente. „Wettkämpfe sind für die Entwicklung der Spieler durch nichts zu ersetzen“, sagt HSV-II-Trainer Pit Reimers. „Wir versuchen, durch hohe Trainingsqualität und gezieltes Individualtraining die Spieler dennoch weiter bestmöglich zu fördern.“ Um ihre Finanzierung müssen sich die beiden Nachwuchsteams als Unterbau der Profis keine Sorgen machen.

HSV-II-Trainer Pit Reimers und sein Kapitän, Ex-St.-Pauli-Profi Marc Hornschuh.
HSV-II-Trainer Pit Reimers und sein Kapitän, Ex-St.-Pauli-Profi Marc Hornschuh. © Witters

Das sieht bei Norderstedt, Altona 93 und dem FC Teutonia 05 anders aus. Auch deren Spieler mit Amateurverträgen haben Anspruch auf Bezahlung. Auf diese Zahlungen werden für die Vereine zudem Sozialversicherungsbeiträge und Beiträge für die Berufsgenossenschaft fällig. Nur fehlt ohne Spiele die Refinanzierung. Reenald Koch prognostiziert das Saisonminus auf „rund 200.000 Euro, davon circa 150.000 Euro an fehlenden Sponsorengeldern“.

Die Eintracht kann das Loch als Hamburger Pokalsieger durch Einnahmen aus der ersten DFB-Pokalrunde (0:7 bei Bundesligist Bayer Leverkusen) stopfen. Aufsteiger FC Teutonia 05 und Altona 93 setzen auf ihre Sponsoren und erarbeiteten Lösungen mit den Spielern bezüglich deren Bezahlung.

Altona schafft wohl Klassenerhalt wegen Corona

Gerade für Altona sind die fehlenden Zuschauereinnahmen bei einem Schnitt von 1220 Fans pro Heimspiel (die viertmeisten in der Saison 2019/20) auf der Adolf-Jäger-Kampfbahn schwer zu verkraften. Dafür rechnet Altonas Präsident Dirk Barthel trotz des letzten Tabellenplatzes bei einem vorzeitigen Saisonende mit dem Klassenerhalt. „Wir haben noch drei Nachholspiele. Müssten wir absteigen, wäre dies Wettbewerbsverzerrung“, sagt Barthel. Er dürfte recht behalten, womit Altona zum zweiten Mal hintereinander wegen eines Saisonabbruchs die Klasse halten würde.

Hamburger Amateurfußball: Durch die Verlängerung des Lockdowns bis zum 14. Februar ist die Saison in Hamburg so gut wie abgebrochen. Der Hamburger Verband hatte eine Saisonfortsetzung von einer Freigabe der Sportplätze bis zum 13. Februar abhängig gemacht. Der Schritt fand viel Zustimmung unter den Vereinen, weil er Planungssicherheit ermöglicht. Die vom Verband angekündigte Nichtwertung aller Staffeln hätte dabei nur in der Oberliga Hamburg problematisch werden können, falls mehrere Vereine gerne in die Regionalliga Nord aufsteigen würden. Doch kein Oberligist hegt derzeit Aufstiegsträume.

Bekommt Hamburg eine Corona-Meisterschaft?

In kleineren Dimensionen als in der Regionalliga Nord kämpfen die Vereine auch in den Hamburger Staffeln von der Oberliga Hamburg bis zur Kreisklasse B um den Erhalt der Sponsorengelder, die Kompensation der Zuschauereinnahmen und die Bezahlung ihrer Spieler. Viele Vereine vergüten anhand der Trainingsbeteiligung. So verfährt beispielsweise seit Jahren Oberligist Niendorfer TSV. Wenn aber wieder trainiert werden darf, jedoch noch monatelang keine Spiele stattfinden, werden die Spieler dann Gelder fürs Training erhalten?

„Wir werden mit unseren Spielern darüber sprechen, wenn es so weit ist“, sagt Niendorfs Manager Carsten Wittiber. „Die Rückmeldung unserer Jungs ist bisher klar. Ist es verantwortbar, wollen alle gerne auf den Platz zurück.“ Damit dies unter Wettbewerbs-Gesichtspunkten stattfinden kann, forderten einige Vereinsvertreter in sozialen Medien eine interne „Corona-Meisterschaft“ von April bis Ende Juni. Eine solche Idee zur sportlichen Motivation der Vereine und Spieler ließe sich realisieren, wenn der Senat nach der Freigabe der Sportplätze Freundschaftsspiele erlauben würde.

Ein weiteres heikles Feld ist der Mitgliederschwund im Jugendfußball. „Das ist ein schlummerndes Risiko für alle Vereine“, sagt Condors Vorstandsvorsitzender Heiko Gevert. So verlor der Landesligist im Corona-Jahr 2020 100 Mitglieder der Fußballabteilung, hauptsächlich im Jugendbereich – und ist damit kein Einzelfall. „Die Identifikation mit dem Club ist bei unseren Mitgliedern sehr hoch, und wir als Vorstand versuchen alles, um sie zu erhalten. Dauerhaft werden Austritte aber nur zu vermeiden sein, wenn die Jungs und Mädchen wieder auf den Platz dürfen“, warnt Gevert.