Hamburg. „Eine Belohnung für die Mannschaft“: Beim stimmungsvollen Heimerfolg gegen Holstein Kiel treffen Saliakas, Guilavogui und Eggestein.

Manolis Saliakas riss die Arme nach oben, setzte zum Vollsprint an, schickte dann wilde Luftküsse in Richtung der Fans und rutschte schließlich auf den Knien in Richtung Eckfahne. Ekstase pur am Millerntor, auf der Südtribüne und Gegengerade flogen Bier und Konfetti, als der Rechtsverteidiger des FC St. Pauli per Rechtsschuss das erste Heimtor dieser Bundesligasaison erzielte.

Auch nach Ablauf der 90 Minuten war die Erleichterung bei den Kiezkickern spürbar, der 3:1 (1:0)-Erfolg gegen Mitaufsteiger und Abstiegskampfkonkurrent Holstein Kiel war nicht nur tabellarisch, sondern auch für die Stimmung und das eigene Zutrauen von riesigem Wert. Neben Saliakas (25.) trafen auch die Stürmer Morgan Guilavogui (56.) und Johannes Eggestein (85.) für Braun-Weiß, das nun sechs Punkte Vorsprung auf die direkten Abstiegsplätze hat. Das späte Tor von Kiels Phil Harres (90.+1) hatte keine Auswirkung mehr.

„Für die Mannschaft war es heute die Belohnung für die Arbeit in den vergangenen Wochen“, freute sich Eggestein. „Wir waren uns bewusst, dass wir heute einen Dreier brauchen. Es tut sehr gut, dass es so ein souveräner Sieg war und gibt uns ganz viel Aufschwung.“

FC St. Pauli feiert Befreiungsschlag gegen Holstein Kiel

„Wir sind natürlich überglücklich. Und vor allem muss ich mir jetzt nicht mehr die Fragen anhören, wann das erste Heimtor und der erste Heimsieg kommen“, sagte später St. Paulis Trainer Alexander Blessin. „Wir haben aus dem letzten Spiel gelernt und wieder einen Schritt nach vorn gemacht.“

Dabei sah es in den Anfangsmomenten noch aus, als hatten sich die schleswig-holsteinischen Gäste etwas vorgenommen. Bereits nach acht Sekunden rauschte ein Distanzschuss von Nicolai Remberg knapp am St.-Pauli-Tor vorbei, auch in der 6. Minute versuchte es der Kieler erneut aus der Distanz. Und danach? Kam nichts mehr, die KSV Holstein war offensiv völlig abgemeldet.

Die Bedeutung dieses Freitagabend-Flutlicht-Abstiegskrachers war zunächst dennoch in fast jedem Zweikampf spürbar. Erst senste Kiels Lewis Holtby an der Mittellinie Philipp Treu um (23.), dann bepöbelten sich auch Staff und Ersatzspieler beider Teams an der Seitenlinie.

Eggestein legte klug auf Saliakas ab

Mitte der ersten Halbzeit, St. Pauli hatte bereits mehrere gute Torannäherungen, folgte dann die Erlösung: Johannes Eggestein legte klug auf Saliakas ab – und der Grieche jagte den Ball flach an den Innenpfosten und ins Tor. Drei Minuten später hatte Eggestein dann selbst die Chance auf das 2:0, seinen Versuch aus zwei Metern rettete Kiels Patrick Erras auf der Linie und mit der Unterstützung des Pfostens.

Das Spiel blieb aggressiv, in Zweikämpfen checkten sich Spieler beider Teams rücksichtslos über die Seitenlinie, Schiedsrichter Felix Zwayer verteilte fleißig Gelbe Karten. In der 38. Minute flogen in der Saliakas-Jubel-Ecke erneut Bierbecher, diesmal allerdings in Richtung von Kiels Timo Becker, der sich nach einem harten Duell mit Eric Smith schubste.

Vasilj parierte einen Elfmeter kurz vor der Pause

Kurz zuvor hatte Carlo Boukhalfa per Kopf die Chance zum 2:0 vergeben, der Ball flog nur an die Latte. St. Pauli hatte alles im Griff – bis Saliakas den Ball zu Torhüter Nikola Vasilj zurück köpfte, Holtby dazwischen spritzte und wie aus dem Nichts einen Elfmeter herausholte. Ex-HSV-Profi Jann-Fiete Arp, der in der Vergangenheit mal mit einem „Fuck FCSP“-Foto in seinem Instagram-Profil aufgefallen war, tat Vasilj vom Punkt aber einen halbhohen Gefallen – und wieder jubelte St. Pauli.

Nach der Pause, Kiel hatte gerade eine kleine – wenn man sie denn so nennen möchte – Drangphase, legten die Hausherren nach. Oladapo Afolayan setzte sich im Mittelfeld gleich gegen mehrere Kieler durch, legte perfekt in den Lauf zu Eggestein, der klug rüber zu Morgan Guilavogui – und schon wieder dröhnte „Song 2“ durch die Boxen. Das erste Bundesligator des Franzosen nach dieser traumhaften Kombination bedeutete das 2:0, gefühlt war es bereits eine Vorentscheidung.

Kiel hatte bereits in Leverkusen ein 0:2 aufgeholt

Zwar hatte Kiel in dieser Saison bereits einen 0:2-Rückstand bei Meister Bayer Leverkusen aufgeholt, an diesem Freitagabend fehlte einem aber die Fantasie für ein solches Comeback. Zu harm- und ideenlos waren die Störche im Angriff, St. Paulis Defensivverbund verteidigte genauso leidenschaftlich und wach wie gegen die Topteams FC Bayern (0:1) und RB Leipzig (0:0).

Ob es an den Auswechslungen von Holtby und Arp oder nur am klaren Spielstand lag, ließ sich nicht abschließend klären – die Quote der hitzigen Zweikämpfe nahm nun deutlich ab. In der 74. Minute musste dann auch Guilavogui angeschlagen raus, sein rechtes Bein schien ähnlich verkrampft wie das Angriffsspiel der Gäste.

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Für die endgültige Entscheidung sorgte dann der zweifache Vorlagengeber Eggestein, der nach einem starken Steckpass von Treu zum 3:0 vollendete. „Super Hamburg – St. Pauli“ schallte es von den Tribünen – woran auch der späte Anschluss durch Harres nichts mehr ändern konnte. Über diesen Gegentreffer zum 3:1-Endstand aber ärgerte sich Trainer Blessin doch: „Angesichts der Leistung von Niko Vasilj hätte die Mannschaft alles dafür tun müssen, zu null zu spielen. Ich glaube, es wollten zu viele das vierte Tor machen und haben die Restverteidigung vergessen.“ Aber letztlich war dies an diesem stimmungsvollen Abend nur eine Randnotiz.

„Es ist wichtig, dass wir jetzt nicht ausflippen, weil wir gewonnen haben, sondern weiter konsequent arbeiten. Wir wollen in der Liga bleiben und tun dafür alles. Klar ist aber auch, dass uns dieser Sieg jetzt Schwung gibt“, sagte Blessin weiter.

  • FC St. Pauli: Vasilj – Wahl, Smith, Nemeth – Saliakas (71. Ritzka), Boukhalfa, Irvine, Treu – Afolayan (90. Ahlstrand), Johannes Eggestein (89. Albers), Guilavogui (74. Sinani).
  • Holstein Kiel: Weiner – Ivezic, Erras, Geschwill (68. Puchacz) – Becker, Holtby (68. Pichler), Knudsen (77. Gigovic), Remberg, Porath (77. Rosenboom) – Arp (59. Machino), Harres.
  • Tore: 1:0 Saliakas (25.), 2:0 Guilavogui (56.), 3:0 Johannes Eggestein (85.), 3:1 Harres (90.+1)
  • Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin).
  • Besonderes Vorkommnis: Vasilj hält Foulelfmeter von Arp (45.)
  • Gelbe Karten: Smith (2), Afolayan – Machino, Holtby, Ivezic (2), Becker, Erras (2)
  • Zuschauer: 29.546 (ausverkauft)
  • Statistik: Torschüsse: 11:10, Ecken: 4:4, Ballbesitz: 49:51 Prozent, gewonnene Zweikämpfe: 79:81. Laufleistung: 119,71:120,15 km.